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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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Schönheit,
Stattlichkeit und Schliff erwerben können, und seine Augen waren denen von
Adas wirklich ähnlich. Anstatt nun Arm in Arm mit Jadzia zu versuchen, Dominika
dieser Affäre zu entreißen, sie herauszuziehen wie eine Rübe aus der Erde,
konzentrierte Haiina sich darauf, die Beziehung zwischen Adas und der Kirche zu
kappen, und als ihre Enkeltochter den Studienplatz bekam, war der Plan fertig.
Dominika und Adas würden nach Warschau fliehen, die vielen Mark unter dem
Zuckersack würden für den Anfang reichen.
    Im Palmenhaus,
auf der Bank am Tümpel, in dem an jenem Tag noch all die Pfennige leuchteten,
die der letzte Rentnertrupp hineingeworfen hatte, erzählte Dominika Adas von
Warschau. Ihre Wohnung war klein, ein Zimmer mit fensterloser Küche in einer
Vorortsiedlung, aber die Hauptsache war doch, dass sie zusammen sein würden.
Und unten im Haus gab es Geschäfte, ein bisschen Grün. Sie würde mit dem Sechzehner
Bus zur Uni fahren, er würde ohne Probleme eine Arbeit finden. In Warschau
warteten sie ja nur auf Adas, der so schön sang, erstarren vor Bewunderung
würden die Leute, wenn sie ihn hörten. Vielleicht könnte er eine Gruppe
gründen? Oder in einer Schule arbeiten? Und in der Freizeit Theater, Parks,
gemeinsames Kuchenbacken. Sonntags natürlich in den Lazienki-Park, Kaffee,
Enten füttern. Warschau war eine wunderbare Stadt. Wirst du es dir auch nicht
anders überlegen, Adas? Seltsamerweise hatte Dominika - möglicherweise unter
dem Einfluss des Weins, den sie mit Mafgosia zur Feier der bestandenen
Aufnahmeprüfung getrunken hatte - Warschau als die Stadt gesehen, die Ignacy
Goldbaum geliebt hatte. Die schrecklichen Straßen, die in kein Zentrum
führten, erschienen ihr voller Verheißung, die erhaltenen alten Mietshäuser in
der Innenstadt mit ihren nach Urin stinkenden Eingängen und dem Gemäuer, das
porös war wie ein alter Bimsstein, kamen ihr romantisch vor - was hatten sie
nicht alles gesehen! Und die Altstadt, die war einfach märchenhaft, Eis in
Kugeln mit Vanille-, Erdbeer-, Schokoladengeschmack, und dieser Schauspieler,
der den Czterdziestolatek gespielt hatte, spazierte dort einfach so herum.
    Während
Dominika immer entschlossener wurde und bei Cepelia Keramikvasen und
Tischdecken für die sonntäglichen Mittagessen in Warschau kaufte, kämpfte Adas
mit seinem Gewissen und begriff allmählich, dass alle, einschließlich seiner
Mutter, längst von dem Geheimnis wussten. Durchs Telefon spürte er ihren Zorn,
er hörte, wie die passend zum Lippenstift lackierten mütterlichen Fingernägel
auf die Tischplatte trommelten, und harte Kügelchen trafen ihn mit der
Heftigkeit von Donnerschlägen. Hätte er nicht mit Gewalt sein Ohr vom Hörer
gerissen, Leokadia hätte ihn eingesogen wie einst in der Cocktailbar Vitaminka
den Eiskaffee durch den Strohhalm, während der kleine Adas in seinem Kuchen
stocherte und zuschaute, wie die mit einer weißen Sahnehaube gekrönte Flüssigkeit
in seiner Mutter verschwand. Adas betete um ein Zeichen und wusste sich keinen
Rat, da er zwei Dinge wollte, und zwar beide gleichermaßen: mit Dominika
zusammen sein und Priester bleiben. Wenn er allein war, betete er und kaute
sich die Fingernägel ab, und einmal unterzog er sich sogar einem nicht besonders
erfolgreichen Versuch der Selbstgeißelung. In Erinnerung an die von seinem Vater,
dem Ingenieur, angefertigte Geißel bastelte er sich ein Imitat, entkleidete
sich bis zur Gürtellinie, holte aus — und erwischte die Gipsmadonna. Es
krachte, und er hatte eine halbe Stunde damit zu tun, die Scherben zu
beseitigen, weil der Kopf der Muttergottes hinters Sofa gerollt war.
    Beim zweiten
Mal klappte es besser, was ihm eine gewisse Erleichterung verschaffte.
    Hochwürden
Postronek kam Adas gegenüber immer öfter auf das Thema des Zölibats zu
sprechen. Nach dem Abendessen saßen sie meistens noch eine Weile im Esszimmer,
wo Adas auf der Gitarre klimperte und Hochwürden über seinen
Märtyrerinnenviten oder einer Gartenzeitschrift döste. Ihre Gespräche
berührten praktische Dinge, das undichte Dach oder die Frage, wie man den
Blumendieben auf dem Friedhof das Handwerk legen könnte. Seit einiger Zeit
jedoch hatte Hochwürden Postronek die Angewohnheit, tief Luft zu holen und
ohne jede Warnung auf Adas einen Wortstrom loszulassen, der wie die Luft aus
dem Gebläse des Staubsaugers roch. Das Zölibat war die Nachahmung Christi, der
keine Ehefrau hatte und sich allgemein von Frauen fernhielt. Die

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