Bator, Joanna
Tratschfetzen gegen
die Ladentheke klatschten wie die erträumten Nacken, Lenden und Koteletts. Die
beiden ersten, die schon um vier Uhr morgens dastanden und ihre Gutscheine für
die Fleischausgabe bereithielten, fingen damit an - diese Lange Dünne vom Babel,
wo der Vater an Krapfen erstickt war, die sollte was mit dem Kaplan haben.
Nein, nicht an Krapfen, nicht an Krapfen, mir hat eine erzählt, dass ihm eine
Pirogge im Hals steckengeblieben ist, versetzte die dritte, die für die vierte
einen Platz in der Schlange freihielt. Also wirklich, mit dem Kaplan? Die muss
ja gewissenlos sein. So eine Sünde! So eine Schande! Wenn hundert vor dem
Eingang zur Fleischausgabe standen, dann war hinten schon ein neues Gerücht
entstanden, bevor das erste bis dorthin vorgedrungen war. Wenn das von vorne
und das von hinten aufeinandertrafen, gab es einen blutigen Zusammenprall, als
wäre der Lieferwagen mit Schweineleber explodiert, die zum Verdruss der
Madonnen von der Fleischausgabe anstelle von Fleisch angeliefert worden war.
Also, immer treibt sie sich mit dem Kaplan in den Ecken rum, ich sag Ihnen,
angeblich ist sie schon schwanger, einen Bauch soll sie schon haben. Ach was,
schwanger, was reden Sie denn da, sie war schwanger, aber sie hat es sich
wegmachen lassen. Abtreibung? Aber ja, beim Lipka. Eine hat sie gesehen, wie
sie rauskam, und hat meiner Schwägerin erzählt, wie sie da ging, also wirklich,
als war sie zusammengewachsen mit dem Lipkamädchen, und ich sag Ihnen, das ist
auch eine Schande. Und wieder eine hatte von einer anderen gehört, aber von
einer, der man wirklich glauben konnte, dass diese schwarze Bohnenstange es
nicht nur mit dem Kaplan trieb, sie machte auch mit der Tochter vom Lipka
herum, wie wenn die ein Mann wäre. Mit dem seiner Tochter? Ja, ist die denn so
ein Homo-dingsbums? Kann eine Frau denn auch so falsch herum sein? Aber wie
ging das denn? Irgendwie wird's schon gehen, hahaha. Zu spät bemerkten sie
Jadzia, die, wie es ihre Gepflogenheit war, still neben der Schlange stand, um
im entsprechenden Moment eine Schwachstelle zu durchbrechen und sich mit einer
solchen Miene zwischen fremde Gesäßbacken und Bäuche zu klemmen, als stünde
sie dort schon seit ewigen Zeiten, Körper an Körper gezwängt. Leberflecke
bedeckten Jadzias Gesicht, und sie hatte keine Ahnung, wie sehr sie inzwischen
ihrer Mutter glich, wenn sie aufgeregt war. Mein Gott, was für eine Schande vor
den Leuten, und am Sonntag wird es kein Fleisch geben!
Jadzia scherte
aus der Schlange aus und rollte durch den Busch in Richtung Szczawienko. Sie
war entschlossen, mit ihrer Schwiegermutter ein Bündnis zu schließen, denn es
gibt Momente, in denen Verwandtschaft mehr zählt als alles andere,
insbesondere zwischen Frauen, die so gut miteinander auskommen. Haiina
wunderte sich über den unverhofften Besuch ihrer Schwiegertochter, in der Regel
sahen sie sich nur beim sonntäglichen Mittagessen abwechselnd bei der einen
und der anderen, das reichte ihnen. Als Jadzia dann auch noch in Tränen
ausbrach und sich ihr weinend an den Hals warf, da war es nun wirklich zu viel.
Mamilein, kannst du nicht auf Dominika ein bisschen Einfluss nehmen? Sie
überzeugen, dass sie sich selbst und ihrer Mutter das Leben versaut? Und dann
auch noch mit einem Kaplan, immer diese Spinnereien, anstatt mit einem normalen
Jungen. Dann muss dieser Adas eben aufhören Kaplan zu sein, wenn er lieber
Liebe will! Damit quittierte Haiina Jadzias Enthüllungen und paffte einen
Cumulus aus Zigarettenrauch. Jadzias Plan, mit Hilfe der Schwiegermutter
Dominikas sündiger Beziehung ein Ende zu setzen, war ein Reinfall.
Haiina ging nur
anlässlich von Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen in die Kirche und hoffte,
sie würde das Nahen ihres eigenen Todes früh genug spüren, um noch rechtzeitig
hingehen zu können und für ein ewiges Leben zu sorgen. Sie verschob diesen
Augenblick immer wieder, weil sie lieber zu Hause saß, Zigaretten rauchte,
Bilder ins Album der Alten aus dem Zug klebte oder lange Briefe an Grazynka
schrieb, zumal ihr vorläufig nichts fehlte, von einem gelegentlichen Kratzen
im Hals einmal abgesehen. Doch jetzt ging sie in die Ostermesse, um sich den
jungen Kaplan anzusehen, und als er sich so vor dem Altar hin und her bewegte,
sich umkleidete, mit den Händen wedelte, da tauchte Wowka, der lang vergessene
Akrobat, aus Haiinas verrauchtem Gedächtnis auf. Wowka, wie er leibte und
lebte, und so gutaussehend - über die Jahre hatte er im Verborgenen
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