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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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warteten wie zwei Netze auf das Mädchen, das
Fischchen. Dominika passte wie Paulina so schön zum rosa Mützchen, an dem alle
direkt erkennen würden, dass es ein Mädchen ist. Sie werden sich über den
Kinderwagen beugen und sagen: Was für ein süßes Mädchen, wie heißt es denn? Im
Fall eines Jungen (mit hellblauem Mützchen, egal wie er hieß) hatte Stefan auf
Wladek bestanden, nach seinem Vater, so tat er plötzlich und unerwartet seine
Sohnesgefühle kund, doch wieder hatte der Schmied und Kellner Chmura kein
Glück, und sein Name fiel aus dem Rennen, er würde in dieser Familie nicht mehr
zum Zuge kommen. Zwei Vornamen also, Dominika und Paulina, und zwei Mädchen,
ein totes und ein lebendes, ein lebendes und ein totes, denen Jadzia jetzt
Dominika und Paulina zuteilen musste. Der eine Name für das lebende, der
andere für das tote Kind, dessen Anwesenheit in Jadzias Gebärmutter alle
überrascht hatte, sie selbst inbegriffen. Das Schlagen zweier Herzchen hatte
der junge Doktor Lipka, genannt Doktor Hühnchen, Gynäkologe in der
Bezirkspraxis auf Piaskowa Gora, nicht gehört. Einer, der jeden Tag zwischen
Dutzende von Schenkeln guckt, um zu diagnostizieren, zu untersuchen und auszuschaben,
der in den Dünsten altpolnisch gesäuerter Fraulichkeit von einer Privatpraxis
träumte, der hatte wohl das Recht, sich auf weibliche Intuition zu verlassen.
Das ist eine Gabe der Natur, Jadzia, wo hast du die gelassen? Vielleicht
schlugen die beiden Herzchen in so einträchtigem Rhythmus, dass man sie nicht
auseinanderhalten konnte, wahrscheinlicher jedoch war es so, dass die zwanzig
zusätzlichen Kilogramm Jadziafett, die sich in der Schwangerschaft angesammelt
hatten und wie ein dicker Filz den Klang des Herzschlags dämpften, in
Verbindung mit dem Heiligabend, der nicht nur in Bethlehem, sondern mit
Sicherheit auch in Walbrzych der denkbar schlechteste Zeitpunkt zum Gebären
war, schuld daran hatten, dass Dominika ein Einzelkind blieb. Der Morgen kam,
und es kam die Familie, von diesem Durcheinander von Leben und Tod aus der weihnachtlichen
Bahn geworfen. Stefan rührselig und angetrunken, mit einem Nelkenstrauß,
Haiina in dicker Fuchspelzmütze mit einer Orange, Onkel Kazik und Tantchen
Basienka, er seufzend, sie zum Summen bereit, mit einer Tüte Bonbons. Die
Familie stand an Jadzias Bett, dampfte in der Wärme nach dem Frost draußen und
wusste nicht, ob man sich freuen oder ob man weinen sollte, die Situation
überstieg sogar den hochgestellten Champignonnier. Also, was ist jetzt,
Dziunia, nennen wir sie jetzt Dominika oder Paulina? fragte Stefan, nachdem er
etwas Mut gefasst hatte. Selbst als Jadzia sich gesagt hatte: Paulina ist für
diese und Dominika für die andere, war sie nicht sicher, ob sie es richtig
gemacht hatte, denn die erhoffte Erleuchtung stellte sich nicht ein, und
keiner der beiden Namen passte ganz zum Tod noch ganz zum Leben, oder
vielleicht passten beide gleichermaßen. Dominika, sagte Jadzia unter dem Druck
der Familie, und sie dachte an die tote Tochter, die sie mit dem letzten Endes
als schöner erachteten Namen für die jenseitige Welt ausstatten wollte, wo es
von stückweise ausgeschabten Seelchen wimmelte, von Engelein mit Löchern im
Herzen, mit offenen Wirbelsäulen und Wasserköpfchen, aber man verstand sie
falsch. Den Namen für die Tote bekam das lebende Mädchen mit seinen zwei Komma
zehn Kilo und nur fünf Punkten auf der Apgarskala, und das andere, einen
Augenblick jüngere, ein wenig leichtere, das keinen einzigen Punkt auf der
Skala irdischer Belange hatte, bekam den Namen für die Lebende, ein Särglein
von der Größe einer Pralinenschachtel und einen aufgrund der Feiertage
überteuerten Platz auf dem Friedhof, zwei Reihen von Opa Wladek entfernt. Das
war ein kleines Glück im Unglück, dass es so nah war, da musste man sich zu Allerheiligen
nicht werweißwie von einem Grab zum anderen mit den Chrysanthemen abschleppen.
Sie hat ja noch eins, sie wird es schnell vergessen, sagten sie, ja, sie wird
das, was ihr geblieben ist, für zwei liebhaben, aber Jadzia war nie gut im
Malnehmen und Teilen, und beim Zusammenzählen kam sie auf Null. Das tote
Mädchen mit dem vertauschten Namen wird demnach all das, was Dominika nie
erreichen wird, und das lebende Mädchen wird nie das, was aus Paulina hätte
werden können. Jadzia bringt die Töchter durcheinander. Die Tote wird der
Mutter als lebendig in Erinnerung bleiben, die Lebende wird ihr dauernd
sterben - mit gebrochener

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