Bator, Joanna
Schlucken von Tabletten, doch Reglosigkeit und Ausharren siegten,
sie war vergiftet vom Sargasso-Meer, von der Pelcznica voller Soldatenleichen.
Unerschütterlich betrachtete sie mit ihren Augen von der Farbe unreifer Stachelbeeren
in der Schlaflosigkeit ihr Werk der Vernichtung, und Schuldgefühle zerrten an
ihr und hinterließen blutende Wunden. Bedeckt mit einem juckenden Ausschlag,
dessen Ursache der Hausarzt aus der Bezirkspraxis nicht identifizieren konnte
und den er wahrscheinlich wie Stefans Schluckauf mit Vitaminen behandelte,
kratzte sie die Bläschen zu einem feuchten Matsch und kaute an ihren weichen
und wie Blätterteig schuppigen Fingernägeln. In weinerlicher Gleichgültigkeit
strich sie, nur mit dem Morgenmantel bekleidet, durch die Wohnung und drückte
sich kauernd in Ecken, aus denen Haiina sie wie einen Lappen zog, damit sie
etwas für ihren Mann kochte, wenn der von der Arbeit nach Hause kam. Konnte sie
sich nicht ein bisschen zusammenreißen? Hatte sie nicht vor, sich anzuziehen?
Zwischendurch unterbrachen Anfälle fieberhafter Aktivität Jadzias Apathie, in
denen sie ganz auf das Kind fixiert war. Alle paar Augenblicke sprang sie aus
der Dunkelheit, schoss wie ein Komet immer schneller durch die Wohnung und prallte
an die Wände, scheuerte plötzlich um vier Uhr morgens Fußboden, Wanne und
Toilette, dass es noch zwei Stockwerke tiefer nach Lysol roch und ihre Arme bis
zum Ellbogen rot waren wie zwei rohe Würste. Unvermittelt beschäftigte sie sich
mit Dominika, als wollte sie sie für Wochen der Nichtbeachtung entschädigen,
riss Haiina die Flasche mit der zu heißen Milch aus der Hand, rückte das
Bettchen an eine Stelle, an der der plötzliche Kindstod unwahrscheinlicher
schien, sang, schwor Mutterliebe bis ans Ende ihrer Tage. Sie roch an Dominika,
und gleich, auf der Stelle, musste Badewasser für die Aluminiumwanne erhitzt
werden. Das Kind ist schmutzig! Der Säugling wurde stocksteif in ihren Armen,
wandte das Köpfchen ab und begann zu weinen, während Jadzia im klebrigen Sumpf
ihrer Panik versank, Beteuerungen, dass alles gut war und Mama sie liebhatte,
steigerten sich zu einer gefährlichen Höhe, jenseits derer nur noch Piepsen und
Zähneknirschen zu hören waren. Der Komet Jadzia stürzte mit blutigem Feuerschweif
aus dem Haus in Szczawienko, um Stunden später zerknittert und vergilbt wie
ein Stück angesengtes Papier zurückzukehren. Das Maß ihrer aushäusigen Anfälle
wurde an dem Tag voll, als sie im Nachthemd aus der Wohnung rannte und Haiina
sie nach mehrstündiger Suche auf dem Dachboden entdeckte, wo sie sich durch die
Dachluke hatte aufs Dach zwängen wollen, doch auf Hüfthöhe steckengeblieben
war. Die Schwiegermutter zog die Schwiegertochter an den behaarten Waden in den
Schoß der Familie zurück, doch man konnte nicht wissen, für wie lange. Irrsinn
kam auch in Walbrzych vor, aber nie in anständigen Familien. Stefan hatte
Angst, seine Frau könnte noch einmal nachts im Hemd ausbüchsen und wie die
Heilige Ameise vom Teczowa, die bei den Feierlichkeiten am Jahrestag der
Oktoberrevolution nackt hinter dem Denkmal der Helden der Sowjetunion
hervorgesprungen war, in die Zwangsjacke gesteckt und eingesperrt werden, um
dann - wenn überhaupt, und in jedem Fall mit Schande bedeckt - wieder laufen
gelassen zu werden. Der Knall, den Jadzia hatte, käme dann auf der Zunge der
Leute wie ein Bumerang immer wieder zurück und würde Stefans berufliche und
gesellschaftliche Karriere zerstören. Selbst wenn er einen Berechtigungsschein
für ein Auto bekäme, könnte er in einer solchen Lebenslage nicht im Traum an
ein Treffen mit Ingenieur Waciak denken, weder auf gesellschaftlicher Ebene
noch im Schöße der Natur. Ja, der irrlaufende Knall Jadzias konnte sogar ein
Loch in die Champignonzucht von Onkel Kazimierz schlagen, der unterdessen noch
in den Besitz eines Betriebs für die Herstellung von Haarschmuck und anderen
Galanteriewaren aus Kunststoff gekommen war.
Ein Rat, bestehend aus: Onkel
Kazimierz (anwesend), Tante Basia (anwesend, längst ihres Stimmrechts verlustig),
Haiina (rauchend, damit rechnend, dass das Kind in ihre alleinige Obhut kommen
würde), Stefan (anwesend, ratlos) und Jadzia (anwesend, unpässlich) kam auf
Appell des Oberbergmanns zusammen und nahm Platz. Es wurde festgestellt, dass
es nicht so schlimm war, wenn Jadzia zu Hause ihren Knall kriegte (stimmt,
Onkel), denn dann hielten die Wände das Element im Zaum, ja, solange sie
putzte, war es sogar ein
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