Bator, Joanna
er erraten, was Jadzia möchte, Spanischen Wind oder
Ungarisches Törtchen. Bevor Jadzia und der Ausländer die Konditorei Orbis
verlassen, klingelt der Wecker, und sie muss aufstehen. Jadzia die Träumerin,
die jetzt wieder die Gestalt von Jadzia Chmura angenommen hat, sitzt auf dem
Sofa und massiert die vom Leben beschädigte Hand, die morgens mehr sticht als
tagsüber, wenn sie sich bei der Arbeit bewegt.
Jadzia arbeitet im Büro der
Stadtverwaltung von Walbrzych in einem Zimmer auf dem zweiten Stock, an der Tür
steht: Sachbearbeitungsstelle II, im Unterschied zur Sachbearbeitungsstelle I
auf dem ersten Stock, die sich ansonsten in nichts von Ersterer unterscheidet.
Hier bekommt Jadzia sechs Wochen nach der Geburt des Kindes eine Stelle, dank
der Beziehungen von Onkel Kazimierz, der zu diesem Zweck auf höhergestellte
Bekanntschaften zurückgreifen musste. Sie teilte das Büro mit vier anderen
Sachbearbeiterinnen und ordnete tagtäglich die Eingänge der Beschwerden,
Anträge und Bitten um in die Ablage der Beschwerden, Anträge und Bitten und
teilte sie ein in dringend, weniger dringend und solche, die am längsten auf
die Bearbeitung warten mussten. Die vier Frauen von der Sachbearbeitungsstelle
II haben je einen Mann und ein Kind, das zweite Kind pro Paar ist im
Sechsjahresplan vorgesehen, und sie wohnen alle auf Piaskowa Göra. Da sie alle
weiblich sind und in ähnlich bescheidenen Besitzverhältnissen leben, könnten
sie sich sogar gernhaben, vorausgesetzt, keine sticht heraus. Deshalb sind
Jadzia drei Frauen sympathisch und eine nicht. Sympathisch sind ihr die
kleineren, ruhigeren und langsameren, wie zum Beispiel Madzia, unsympathisch
ist ihr die größere und lautere. Diese hat den besten Schreibtisch am Fenster
und macht sich als erste Kaffee, weil sie zudem auch schneller ist. Dieser Frau
fehlt wirklich jede Feinheit, sie sagt nie vielleicht, sozusagen, na weißt du,
sondern ja, nein und sehr entschieden: ich wünsche nicht, und außerdem macht
sie ein Fernstudium in Breslau. Die drei kleineren haben sich gegen die größere
zu einer Art Herde zusammengeschlossen, und Jadzia blökt mit ihnen im Chor,
dass es besser ist, unter ähnlich gearteten fraulichen Frauen still,
liebenswert und fraulich zu sein, anstatt sich bei Versammlungen mit einer
eigenen Meinung aus dem Fenster zu lehnen; sie haben natürlich auch eine eigene
Meinung, aber die behalten sie für sich und zeigen außerdem nicht jedem, dass
sie alle dieselbe haben. Die größere lehnt es ab, den Herren zum zweiten
Frühstück Kaffee zu kochen, das gehöre ja wohl nicht zu ihren Pflichten, die
haben auch Hände, sollen sie ihn sich selbst machen, und wenn sie nicht wissen
wie, kann sie es ihnen erklären. Der Meinung der Liebenswerten und Feinen nach,
die alles so machen, dass es jedem passt, ist das Kaffeekochen für die Herren
etwas ganz Natürliches, und für diese geringfügige Mühe bekommen sie
Komplimente, von denen eine Frau ja nie genug kriegen kann. So ein Kompliment
ist besser als eine Nelke und ein paar Nylonstrumpfhosen zum Frauentag, besser,
man kriegt ein Kompliment von einem Fremden als vom eigenen Mann eins aufs
Auge. Es gibt wohl Frauen, die sind etwas wirr im Kopf, am Ende sollen die Herren
wohl noch uns den Kaffee bringen! Das wäre vielleicht was! Man kann sich nur
wundern, dass die Unsympathische, so unfraulich wie sie ist, einen Mann hat.
Das muss so ein Homo-dingsbums sein, befinden die Sympathischen, und das freut
sie. Wenn sie den Kaffee für die Herren zubereiten, ist das eine Gelegenheit
für die Sympathischen und Fraulichen, der Unsympathischen in ihr Glas mit
Wasser und Tauchsieder zu spucken, was sie auch tun, und dann kichern sie und
kneifen sich gegenseitig vor Erregung, wenn der Spuckeflatschen sein Ziel
trifft.
Jadzia mag ihre Arbeit außerhalb
des Königreichs Küche, und Stefan ist froh, dass sie, da sie nun einmal arbeiten
muss, im Büro eine saubere Frauentätigkeit hat. Das ist etwas ganz anderes als
die Grube, wo dem Mann, der im Schweiße seines Angesichts das schwarze Gold
abbaut, die Hand abgerissen werden kann, wie es Jözek Sztygar vom Babel
geschehen ist, oder das Bein oder sogar die schweißbedeckte Stirn zusammen mit
dem Kopf, der wie eine Walnuss zerkracht. In der unterirdischen Grube verrichten
die Frauen leichtere Arbeiten, und keiner nimmt sie ernst, oder höchstens ganz
unverbindlich. Frauen arbeiten auch in den Büros oben, über der Erde, diese
eignen sich für was Längeres, denn sie
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