Bator, Joanna
Magen des Ernährers der Familie ist immer
eifrig bei der Arbeit, und ständig muss im Königreich Küche Nahrung zubereitet
werden, damit er nicht zu lange leer bleibt. Mit leerem Magen hätte der
Ernährer nicht die Kraft, Geld für die Nahrung zu produzieren, und alles, was
so schön funktioniert, ginge kaputt. Wer weiß, dann würde der hungrige
Ernährer am Ende noch zum Kannibalen, der die Königin der Küche verschlänge,
denn aus dem Manne tritt manchmal das Tier, das sich nicht beherrschen lässt.
Das wissen alle Frauen vom Babel; so ein Schwein, ich sag Ihnen, sagen sie
immer wieder. Jadzia, die Nährerin, hat Haiinas Platz an Stefans Seite
eingenommen, und sie mag es nicht, wenn er in Szczawienko vorbeischaut, um
außerhalb ihres Küchenkönigreichs einen kleinen Imbiss zu sich zu nehmen. Das
ist die Ordnung der Dinge, und wie viele Dinge muss eine junge Ehefrau lernen,
auf dass diese Ordnung an die zukünftigen Generationen weitergegeben werde, deren
nächste man schon langsam auf diesen Lauf der Dinge vorbereiten muss. Nach rund
fünf Jahren Mühe kann sie, da sie anstellig ist, schon wie eine Alte schalten
und walten, und alt sieht sie dann auch aus. Jadzias unscharfe Züge
verfestigen sich wie Kirschglasur, durchzogen von Fältchen, die aussehen wie
ein Netz von Rissen. Für die eheliche Liebe arbeitet man jahrelang und legt
jeden Monat etwas zurück, damit im Alter, wenn man weder Kraft noch Lust hat,
noch genug da ist.
Der Gast Stefan erscheint im
Königreich Küche um fünf Uhr fünfzehn und fühlt sich ganz wie zu Hause, denn:
Gast im Haus - Gott im Haus. Helle Härchen klettern an den O-Beinen des Gastes
empor und dunkeln im Schritt, wo sie auch dichter werden. Sie sind zu faul oder
zu schwach, um seinen Brustkorb zu erobern, dieser bleibt unbehaart, bleich wie
eine Scheibe gekochtes Eiweiß. Der Gast gähnt, lässt dabei seinen Goldzahn
funkeln, und setzt sich auf den Küchenschemel, der Hodensack schiebt sich durch
den klaffenden Unterhosenschlitz wie ein bläuliches Kriechtier, das sich
vorgenommen hat, hinunterzukrabbeln und irgendwohin zu verschwinden, wo es interessanter
ist, vielleicht auf ein Korallenriff. Stefan packt den Ausreißer und stopft ihn
zurück in den Unterhosenbeutel, süßt seinen Tee mit drei gehäuften Löffeln
Zucker aus der orangen Zuckerdose und rührt die Flüssigkeit um. Zum Schluss
klopft er den Löffel am Rand des Glases ab, das in einem weißen Plastikkörbchen
steckt. Ding dong, läuten die Glocken zum Angelus, sagt dann Jadzia, denn im
Theater des ehelichen Lebens ist jetzt der Zeitpunkt für ihre Frage gekommen,
und wenn sie sie nicht im rechten Moment stellt, würde das heißen, dass sie
böse ist, und dann würden die Dinge einen anderen Verlauf nehmen. Das Ehepaar
Chmura würde das Steuer herumreißen und nach einer Kehrtwendung zu der
Pantomime namens »Schweigendes Frühstück« übergehen, mit musikalischer
Untermalung in Gestalt von Schlürfen, Schmatzen und Klirren (Stefan, als
Trommel und Bläser) sowie Seufzen aus tiefster Brust (Jadzia als Streicher). In
der Alltagsversion leert Stefan sein Teeglas und verkündet, dass er jetzt nur
schnell noch aufs Klöchen geht, von wo er nach einigem Ächzen, Platschen und
Rascheln zurückkehrt, zufrieden, dass er jetzt Platz fürs Mittagessen hat,
wovon er Jadzia sofort in Kenntnis setzt. Da ihre Aufgabe ja im Füllen des
Ernährermagens besteht, muss sie immer gut informiert sein. Jadzia bleibt in
ihrem Küchenkönigreich so lange, wie Stefan darin zu Besuch ist, und steht mit
dem Hintern an die Kante der Spüle gelehnt, die auch ihr gehört. Nach und nach
wird sie sie der Tochter abtreten, damit diese beim Abwasch nach dem Mittagessen
lernt, wie man als Frau in der Küche schaltet und waltet. Besonders wichtig
ist, am Schluss den aufgeweichten Matsch der Reste aus dem Abflusssieb zu
entfernen, und das Protokoll des Königreichs sieht keinen Abwasch in
Handschuhen vor. Handschuhe, mein Töchterchen, die zieht ein Chirurg an.
Wenn Jadzia dann allein ist,
schließt sie die Schatzkammer Kühlschrank, verlässt die Küche und geht
vielleicht wieder ins Bett, um ein bisschen zu träumen. Lieber pennen als
flennen, meine Romantische, sagt Stefan zu ihr und hält das für einen sehr
gelungenen Scherz, der sich auch zur Anwendung in größerer Gesellschaft eignet,
sogar vor Ingenieur Waciak, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Bevor Jadzia ein
zweites Mal aufsteht, um den Tag zu beginnen, kann sie ein bisschen
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