Bator, Joanna
leid.
Er fuhr einen Motorroller, eine grüne MZ, was ihn auch von den anderen
Priestern unterschied, die sich nach zwei Jahren mindestens einen gebrauchten
Lada anschafften. Der zieht einem nicht die Haut vom Leib, sagte man mit einer
gewissen Ungläubigkeit, als verberge sich hinter der priesterlichen
Anständigkeit eine Falle, und es gab auch solche, die lieber mehr bezahlten,
denn das ausgelegte Geld gab ihnen die Sicherheit, dass die Taufe oder Beerdigung
bei Mensch und Gott Gefallen finden würde. Krysia Sledz packte dem Kaplan für
die Segnung ein Stück Obstkuchen ein, da er kein Geld annehmen wollte, und
fühlte sich jetzt zu Hause. Ein weiteres Stück Rhabarberstreusel brachte ihre
Tochter Iwona den Nachbarn, und bei der Gelegenheit begegnete Dominika zum
ersten Mal dem Mädchen, das aussah, als wäre es ganz aus Zuckerwatte. Sie stand
da mit einem Lächeln, das immer zu spät erschien und zu lange blieb, hatte
schon Brüste und weiblich gerundete Hüften, und Dominika wusste noch nicht,
dass sie erschienen war, um Dimitris Platz einzunehmen.
Als sie gleich
nach der Rückkehr vom Meer durch den Busch hinuntergerannt war, fand sie das
Haus abgeschlossen vor, und Maria Angelopoulos' sonst so säuberliche Rabatten
waren vertrocknet und ungepflegt. Zwischen verschrumpelten Blättern blähten
sich die gelblichen Überreste von Zucchini und Patisson, die außer ihnen in
Walbrzych niemand zog. Als Dominika über den Zaun kletterte, um ins Haus zu
schauen, kam ihr ein Dobermann entgegen, der nichts mit der freundlichen Saba
von Familie Angelopoulos gemein hatte. Die Nachbarn erzählten ihr, die
Griechen seien weggezogen, sie hatten alle Sachen und Tiere mitgenommen, sogar
die Katzen, kaum zu fassen, dass sie sich bei einer Reise freiwillig auch das
aufhalsten. Das Haus hatte der Gynäkologe Doktor Lipka gekauft, offensichtlich
verdiente er mit seiner Privatpraxis nicht schlecht. Als Dominika am Tag vor
Beginn des neuen Schuljahrs sah, wie fremde Leute die Tür aufschlossen und
einen seltsamen Klappstuhl hineintrugen, begriff sie, dass Dimitri tatsächlich
ohne Abschied verschwunden war. Sie sind dahin zurück, wo sie hingehören, sagte
Jadzia mit Genugtuung. Höchste Zeit, dass du deine Marotten aufgibst und
aufhörst, dich mit Jungen herumzutreiben, sonst wirst du dir den Ruf noch ganz
verderben. Du wirst erwachsen, seufzte sie und betrachtete die Veränderungen,
die an Dominikas Körper mit jedem Tag sichtbarer wurden, und hatte das Gefühl
eines unerklärlichen Verlusts. Dominikas Erwachsenwerden ging bisher nur in die
Länge und nicht in die Breite, und sie sah aus wie gewaltsam langgezogen. Ihre
Knochen, dünn und scharf wie bei einem Vogel, drohten die von abgekratztem
Wundschorf rosafleckige Haut zu durchstoßen. Die Nase mit dem Buckelchen, die
keiner der beiden Elternnasen glich, war in ihrer bereits ganz fertigen Gestalt
ein Merkmal von Dominikas Physiognomie, das ihrem Alter voraus war und mit ihrer
Krummheit Dominikas Chancen in Schönheitswettbewerben zunichtemachte. In
keiner der beiden Familien! seufzte Jadzia und beklagte sich bei Krysia Sledz,
dass ihnen da eine Zigeunerin auf Spinnenbeinen heranwuchs, während sie,
Jadzia, schon im Alter von zwölf Jahren eine kleine Frau gewesen war, sie hatte
schon Brüstchen gehabt und runde Hüftchen, alles war an seinem Platz gewesen,
wie bei Iwona. Zottelig wie ein Buschmann! Scherzhaft zauste sie den Kopf der
Tochter, der weghüpfte wie ein Ball von der Wand. Du brauchst
Sommersprossensalbe statt einen Büstenhalter! scherzte sie, wenn sie Dominika
beim unbeholfenen Anprobieren ihres BHs antraf, der kaum etwas zu halten hatte,
aber sie hinderte sie nicht daran, in ihren Schubladen und Kommoden zu wühlen.
Die viel zu weiten und kurzen rosa Blusen der Mutter verschluckten Dominika
wie weiche Mäuler glatter, schlüpfriger Tiere, die tulpenförmigen Röcke
rutschten über ihre jungenhaften Hüften und wanden sich um ihre Knöchel. Die
Schuhe der Mutter waren ihr schon zu klein, sie rochen komisch nach
geräucherter Makrele, taten Dominika an den Füßen weh, und sie konnte nicht
darin laufen. Nichts passte ihr, sogar die in den weichen Falten der Bettbezüge
ertasteten Ringe waren zu groß. Sie riss Plastikbeutelchen mit Salben und
Zäpfchen auf, roch an dem Maiglöckchenparfum, in dem die gerebelten Sprenkel
der Blütenblätter vom Boden der Flasche emporwirbelten, sie spuckte in die
Döschen mit Wimperntusche, und wenn sie sie auftrug, verdrehte sie die
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