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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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ritscheratsche fast durchgeschnitten. Mit Jod vollgeklatscht.
Komm, ich mach dir einen Kogel-Mogel mit Kaukau und Rahmkamellen in der Pfanne.
Und im nächsten Moment verschwindet Dominika zwischen zwei großen Brüsten,
schmilzt in die Mutter hinein, die nachgiebig wird, und sie schnieft nur noch
ein bisschen. Der Körper der Mutter breitet sich aus wie Teig unter dem Druck
der Hand, dann rollen sich seine Ränder auf und umhüllen die Tochter wie eine
Pfannkuchenfüllung. Die gespannte Schnur lockert sich, Dominika ist eine
Zeitlang nicht einsam, weil es sie jetzt gar nicht mehr gibt, aber das kann
nicht lange dauern. Bald ziehst du in die Welt hinaus, und deine alte Mutter
kann hier in diesem Storchennest Löcher in die Luft stieren.
    Als Dominika
nach den Ferien wieder in die Schule ging, stellte sie fest, dass es außer dem
Fernbleiben Dimitris auch noch andere Veränderungen gab. Zwei neue Schülerinnen
waren in ihrer Klasse, Iwona Sledz und Malgorzata Lipka, die Tochter des
Gynäkologen, der jetzt im Haus der Angelopoulos' wohnte. Angeblich hatten die
Eltern sie von der Breslauer Ursulinenschule genommen, um sie auf die
General-Swierczewski-Schule von Piaskowa Göra zu schicken. Es wurde gemunkelt,
sie hätte sich danebenbenommen, aber keiner wusste, was sie gemacht hatte.
Beim Begrüßungsappell sang Dominika mit den anderen die Schulhymne vom General
Walter, der tapfer zog in die Schlacht undsoweiter undsoweiter mit Acht und
Macht und hält die Wacht über dich und mich in der Nacht. Neben ihr standen
Marzenka Grzebieluch und Edytka Kowalik, und Dominika bemerkte, dass in diesem
Sommer etwas mit den Mädchen passiert war. Sie waren eher aufgedunsen als
gewachsen, und auf Kinn und Stirn blühten ihnen Pickel mit gelben Köpfchen.
Ihre Münder waren röter, feucht, sahen aus wie rohes Fleisch. Mit raschen
Bewegungen leckten die Zungenspitzen die vom Lippenglanz rosa gefärbten
Speicheltröpfchen ab. Sie brachen so oft in Kichern aus, dass man kaum wachsam
genug sein konnte, um die nächste Explosion abzupassen. Jeweils zwei, drei
Mädchen schlossen sich gegen andere Zweier- und Dreiergruppen zusammen, und in
jedem Dreier verschworen sich zwei gegen die Dritte. Alles, was sie vorher gemacht
hatten, kam ihnen plötzlich kindisch vor. Erst jetzt wussten sie, wie sie sich
in Bessere und Schlechtere aufzuteilen hatten. Sie verstießen die zu dicken
Bozenkas, die stotternden Beatas, die Aldonas aus dem Kinderheim mit einer
Leichtigkeit, als wischten sie sich den Rotz ab. Die Ausgestoßenen waren nicht
mehr sie selbst, sie hießen jetzt Siff, Bakterien und Kacke. Aber das
allerschlimmste Wort war Schleim. Schleim! kreischten sie und stoben
quietschend auseinander, aber sie rannten nicht weit. Sie bildeten einen fest
geschlossenen Kreis, in den von außen niemand eindrang. Wie sie sich zufächeln
konnten und sich vor Ekel die Nase zuhielten! Schleim! schrie eine, und die
anderen fielen ein und wiederholten, Schleim, Schleim, Schleim. Ihre auf die Anziehung
von Gegensätzen eingestellten Mechanismen kamen in Gang, die geölten
Räderwerkchen der Erfraulichung setzten sich in Bewegung. Diese Besseren, die
ausschlossen, knöpften in den Pausen ihre vorgeschriebenen Schulkittel auf,
zeigten ihre Blusen, unter denen sich die ersten Büstenhalter abzeichneten.
Die Ausgeschlossenen krümmten die Schultern und ließen den Kopf hängen, als
wollten sie sich wie Füchsinnen zu einer Kugel zusammenrollen, um den
empfindlichen Bauch zu schützen. Die anderen sprachen mit hohen Stimmen und
lachten ein Lachen, als würde Styropor über Glas gerieben, wenn Zbyszek Lepki
in der Nähe auftauchte, und ihre Münder verformten sich zu Sauglöchern, wie ein
Staubsaugeraufsatz. In neuen türkischen Jeans mit dem Bild einer Pyramide auf der
Hinterntasche, modischen Jeans mit weißen Bleichflecken und -streifen kam er
daher, extra für sie, in ihre Richtung, ihretwegen, und um die Wette taten sie
schön, bleckten die Zähne, zogen die Luft ein. Die auf Anziehung der Gegensätze
eingestellten Mechanismen beschleunigten, spritzten in alle Richtungen, Dampf
stieg auf. Diese Jeans! Man konnte sie von Leuten kaufen, die zum
Geschäftemachen in die Türkei fuhren, Kristalle gegen Felljacken tauschten,
gegen Hosen, Baumwollblusen mit schönem Rosenmuster und Türkise gegen billige
Parfumimitate, Schminkpaletten, Halva. Zbyszek Lepki oder Adrian Pypec, das
war das Dilemma, in das die Besseren gerieten, die Schlechteren können sich
mit dem Zugucken

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