BattleTech 09: Ein Erbe für den Drachen
eine Schiebetür, so daß Sonnenlicht in das Zimmer fiel. »Ich war sehr unglücklich, als mein Vater Hohiro mich nach Luthien zurückbeordert hat. Alles, wonach ich mich sehnte, war ein Leben im Dienst des Drachen. Ich war ein Krieger, der starke Arm des Drachen, der unsere Feinde bekämpfte. Aber mein Vater wußte, das Kombinat brauchte einen starken Erben. Einen, der mehr war als ein einfacher Samurai. Ist es nicht seltsam, daß unser größter Feind eine ähnliche Vergangenheit hat? Hanse Davion wollte auch nur ein einfacher Soldat sein. Es heißt, der Fuchs sei dazu erzogen worden, andere Dinge vom Leben zu erwarten als die Bürde der Regentschaft. Aber er hatte auch einen älteren Bruder, der sich um die Staatsgeschäfte kümmerte, während ich nur meine blinde Ergebenheit für den Drachen besaß. Als Yorinaga Kurita Davions älteren Bruder Ian auf Mallory's Welt tötete und Hanse Prinz wurde, hatte er keine höfische Ausbildung genossen, auf die er sich verlassen konnte. Aber er hat es trotzdem geschafft. Jedenfalls wollte er die Last der Regierung nicht tragen. Genausowenig wie ich.«
Oder wie ich, wiederholte Theodore in Gedanken.
»Persönliche Begierden sind eine Schwäche«, fuhr Takashi fort. »Das habe ich erfahren, während ich lernte, was der Drache mir abverlangte. Tapferkeit. Verwegenheit. Berharrlichkeit. Mit der Zeit erwarb ich die Weisheit eines Herrschers. Und der oberste Leitsatz dieser grausamen Weisheit ist, daß man für das Gedeihen des Reiches alles tun muß, was erforderlich ist. Es war eine harte Schule.«
Ich bin ebenfalls durch eine harte Schule gegangen, dachte Theodore. Wie seltsam, dich meine Gedanken aussprechen zu hören. Auch ein wenig furchteinflößend. So habe ich nie von dir gedacht.
»Ich werde dir das Amt nicht wegnehmen. Kanrei zu sein, reicht mir.«
»Das Amt«, zischte Takashi. »Du kannst doch nicht mehr so naiv sein und glauben, ich wäre mit einem hohlen Titel zufrieden. Du hast getan, was du konntest, dir meine Macht anzueignen, und erzählst auf der anderen Seite, du willst mir meinen Titel lassen. Macht zählt, Junge! Nicht Titel. Warum du davor zurückgescheut bist, mir auch mein Leben zu nehmen, ist mir schleierhaft. Es sei denn, der Grund ist deine Schwäche.«
Theodore wollte die Stichelei einfach übergehen, erwischte sich aber dabei, wie er seine Position verteidigte, obwohl er die ganze Zeit wußte, daß seine Verteidigung genau die Art von Schwäche war, die sein Vater meinte. »Kanrei zu sein, reicht mir.«
»Ein offenkundiger Vorwand.«
»lie. Es ist eine Frage der Ehre.«
»Welche Ehre kann ein Schwächling schon haben?«
»Ehre liegt nicht in der Stärke, sondern in der Rechtschaffenheit. Die Lehrer, die du mir vor die Nase gesetzt hast, haben mir das immer wieder eingebleut. Der alte Bushido-Codex ist eine Kriegerethik, aber er schöpft auch aus dem Brunnen konfuzianischer Weisheit. Die alten Weisen haben Gesetze niedergeschrieben, Gesetze, die ich zu befolgen versuche. Eines dieser Gesetze, das sogar im Buch der Ehre unserer Familie steht, besagt, daß ein Mann mit dem Mörder seines Vaters nicht unter einem Himmel leben soll. Für mich ist dieses Gesetz mehr als die schlichte Rechtfertigung der Rache für einen Tod. Ich werde nie ... ich kann nie ... ein Vatermörder sein.«
»Du bist schwach.«
Theodore schwieg.
»Aber vielleicht nicht so schwach, wie ich immer gedacht habe«, räumte Takashi ein. »Bis jetzt hast du mich zwar mit einigem Erfolg eingesperrt, aber du hast noch nicht die Kraft, der Drache zu sein.«
»Dann bist du blind. Die Kraft ist da. Du hast deinen Nachfolger besser geformt, als du glaubst.«
Takashi betrachtete ihn nachdenklich. »Ich gebe zu, daß du Erfolge gehabt hast. Ein paar haben sogar mich beeindruckt. Aber das sind alles nur die Siege eines Soldaten. Sie geben dir keinerlei Erfahrung in den höheren Strategien der Herrschaft über ein Reich. Bald wird wieder die Weisheit des Herrschers gefragt sein. Die Kämpfe lassen bereits nach, und wir besinnen uns wieder auf die alten Methoden der Überfälle und Störmanöver. Die Zeit deines Ruhmes ist vorbei. Ich werde Risse in den Mauern finden, die du um mich errichtet hast, und deinen Fallstricken entkommen. Ich werde wieder die Macht ergreifen, die rechtmäßig mir gehört.«
Die Leidenschaft rötete Takashis Gesicht, während er sprach. Theodore wog ab, was er sah. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte er die Drohung gefürchtet, die Andeutung von Wahnsinn, die darin lag.
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