BattleTech 16: Wolfsrudel
daß man mehr herausfinden kann als das, worüber man Bescheid wissen ›muß‹.
Schlomos Verhalten vor der Krankenstation hatte mir zu denken gegeben, und ich hatte mir vorgenommen, ihn aufzusuchen, sobald sich die Lage im Hauptquartier ein wenig beruhigt haben würde. Der Umzug in die Wolf Hall war chaotisch und das Unternehmen, die Dragoner wieder zu vereinigen, sehr zeitraubend. Neue Offiziere mußten ernannt, alte auf ihre Loyalität überprüft werden. Überraschenderweise war Elson eine große Hilfe dabei, jene aus seiner früheren Fraktion herauszupicken, die unfähig waren, die Veränderungen und die neue Ordnung zu akzeptieren. Die Dragoner verloren eine Menge Personal, auch noch, nachdem die Kämpfe vorbei waren. Als ich schließlich etwas Zeit für mich selbst hatte, konnte ich Schlomo nicht finden, also beschloß ich, meinen Rang auszunutzen, um selbst ein wenig Wühlarbeit zu betreiben. Er fand mich über den Computer des Medizinischen Zentrums gebeugt.
»Darin wirst du nichts über sie finden.«
Erschreckt ob seiner lautlosen Annäherung, sah ich auf. Der alte Mann war verhärmt, in seinem Gesicht stand die tiefe Müdigkeit einer lange getragenen Bürde.
Ich hatte eine brilliante Antwort parat: »Wovon redest du?« Er setzte sich neben mich und bedachte mich mit einem matten Lächeln. »Den anderen ist nichts aufgefallen. Sie sahen nur, was sie sehen wollten. Aber ich habe deinen Gesichtsausdruck bemerkt, als Fräser Maeve für Jaime Wolfs Tochter hielt, und ich wußte, früher oder später würdest du nachsehen kommen. Bedeutet sie dir etwas?«
»Sie bedeutet mir alles«, sagte ich. »Das müßtest du eigentlich verstehen. Du gehörst zwar zu den Alten, aber du weißt, was Liebe ist.«
»Ja. Ich gehöre zu den Alten, aber ich war nie ein Krieger. Die anderen Kasten haben die Liebe niemals zugunsten der Ehre aufgegeben. So dumm waren wir nicht.« Er seufzte. »Zumindest nicht, was das betrifft. Sie bedeutet dir alles, sagst du. Ist das der Grund, warum du ihr Leben ruinieren und die Dragoner zugrunde richten willst?«
»Wie kann das Wissen, wer Maeves Eltern sind, die Dragoner zugrunde richten?«
»Stell dich nicht dümmer, als du bist, Brian. Du weißt, was geschehen würde, wenn sie tatsächlich die Eltern hätte, die du bei ihr vermutest.«
Das tat ich, und der Gedanke ließ mich schaudern. Um gewisse Fraktionen zu beschwichtigen, hatte Wolf geschworen, daß alle Dragoneroffiziere getestet und ihren Positionen entsprechend beurteilt würden. Er hatte versprochen, daß es keine Günstlingswirtschaft geben würde. Als Geste des guten Willens hatte er verfügt, daß keines seiner Kinder und Enkelkinder ein bedeutendes Kommando bei den Dragonern erhalten dürfe. Maeve hatte sich nicht für das Kommando des Bataillons beworben, in dem sie Dienst tat. Jetzt, wo sich GentleGentleman Johnny Clavell wieder erholt hatte, wollte sie ihm dieses Kommando nicht abnehmen. Statt dessen war sie in den Wettstreit um den neuen Dragonerrang des Generals eingetreten. Manche sagten, sie sei zu jung, aber ein Großteil der Alten wies darauf hin, daß sie im gleichen Alter war wie Jaime und Joshua Wolf, als diese die Dragoner in die Innere Sphäre geführt hatten. Commander Wolf hatte sie unterstützt und gesagt, ein junger Anführer sei genau das, was die kämpfende Truppe brauche. Die Clanner erhoben keine Einwände, denn sie waren an junge Kommandeure gewöhnt, solange sie bei den Tests gut genug abschnitten. Und das hatte sie. Nach der alters- und erfahrungsbedingten Korrektur der Testergebnisse würde ihr Ergebnis das beste und sie damit der erste General in den Reihen der Dragoner sein.
Doch wer würde General Maeve unterstützen, wenn bekannt wurde, daß sie Jaime Wolfs Geschko-Tochter war? Wer würde glauben, daß Wolf nicht gelogen hatte und die Testergebnisse nicht gefälscht worden waren? Der Fraktionalismus, der jetzt eingeschlafen war, würde wieder aufflackern und möglicherweise in einen neuen Bürgerkrieg führen. Die Dragoner würden keine weitere Auseinandersetzung dieser Art überleben.
»Dann ist sie also tatsächlich Jaime Wolfs Geschko-Tochter«, sagte ich mit trockener Kehle.
»Nein.«
»Wie bitte?«
»Aber die Gefahr, vor der du dich fürchtest, besteht trotz alledem. Die Krieger würden die Wahrheit noch viel weniger bekömmlich und glaubhaft finden als die Annahme, sie sei Wolfs wahrgeborenes Kind.«
Obwohl ich mich vor der Antwort fürchtete, fragte ich: »Und was ist die
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