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BattleTech 16: Wolfsrudel

BattleTech 16: Wolfsrudel

Titel: BattleTech 16: Wolfsrudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert N Charrette
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Familie waren. Ohne die eigene genetische Abstammung zu kennen, konnte man jeden Dragoner aus einer höheren Altersklasse Vater oder Mutter und jeden aus derselben oder einer niedrigeren Altersklasse Bruder oder Schwester nennen. Als Kind hatte ich das wirklich geglaubt, und durch diesen Glauben war das Leben in der Geschko leichter zu ertragen gewesen. Und warum auch nicht? Wenn jeder Dragoner entweder ein Elternteil oder ein Geschwister war, konnte man Anteilnahme und Mitgefühl überall in unseren Reihen finden. Ich lernte, daß das Leben bei den Dragonern, wie vermutlich das Leben überall, nicht so einfach war. Wenn wir eine Familie waren, kamen wir nicht besonders gut miteinander aus.
    Ich betrachtete den Angriff auf Maeve mittlerweile als Symptom einer die ganzen Dragoner betreffenden Malaise und nicht als isolierten Zwischenfall. Einst hatte ich derartige Differenzen lediglich für das unvermeidliche Beiwerk gutmütiger Spötteleien gehalten. Jetzt sah ich eine tiefergehende Ursache, einen regelrechten Haß. Ich sah, daß es bei den Dragonern tatsächlich Familien gab, Familien innerhalb der Familie. Ein paar davon schienen am Rande einer Fehde zu stehen.
    Sphäroiden mißtrauten den Alten, und die Geschkos betrachteten erstere deshalb mit Verachtung. Jene mit natürlichen Eltern sahen auf diejenigen von uns herab, die aus den Brutkästen kamen. Und Leibeigene aus den Clans ließen an niemandem ein gutes Haar. Ich will damit nicht sagen, daß jedermann mit einem bestimmten Hintergrund dasselbe empfand. Das war nämlich nicht der Fall. Doch es gab Gruppen, die andere, welche ihre Empfindungen teilten, umschmeichelten. Manche gingen offener vor als andere, doch niemand war sich zu schade, mehr vom eigenen Schlag um sich zu scharen. Jeden Tag schien es, als wachse die Zahl der in dieser oder jener Ecke zusammengesteckten Köpfe.
    Ich versuchte mir einzureden, daß meine Angst vor einer Spaltung der Dragoner in zahllose Fraktionen paranoid war. Wir waren alle Dragoner und dem Wolf treu ergeben. Dieser Ausbruch gegenseitigen Grolls war lediglich eine Auswirkung der hohen Belastung, unter der wir alle standen. Die Sorge um Jaime Wolfs Gesundheit hatte alle reizbar und nervös gemacht. Wenn er wieder auf den Beinen war, würde alles wieder gut sein.
    Ich hoffte, daß ich mich nicht selbst zum Narren hielt.
    In den Wochen von Colonel Wolfs erzwungenem Aufenthalt im medizinischen Zentrum war ich praktisch ständig bei ihm. Das war auch der Grund, warum ich immer zugegen war, wenn seine Familie, seine Blutfamilie, zu Besuch kam.
    Selbstverständlich kannte ich Marisha Dandridge. Sie koordinierte die Sozialisation der Geschkos, und ich hatte sie in meiner Kindheit sehr oft gesehen. Sie war immer sehr warmherzig gewesen, und als ich noch klein war, hatte ich geglaubt, daß sie mich besonders gut leiden konnte. Zu Beginn meiner dritten Ausbildungsklasse hatte ich davon geträumt, daß wir ein Liebespaar waren. Dann hatte ich erfahren, daß sie die Frau des Wolfs war, und fortan war ich von jenem namenlosen Entsetzen erfüllt, das nur ein Zwölfjähriger beschwören kann. Unsere Beziehung änderte sich über Nacht. Ich glaube nicht, daß sie es jemals merkte.
    Marisha war Jaime Wolfs zweite Frau. Obwohl sie einer jüngeren Altersklasse entstammte, waren ihre leidenschaftlichen Gefühle für ihn offensichtlich. Manchmal sogar unbehaglich offensichtlich – das heißt, für mich. Jaime Wolf hatte gewiß nichts dagegen. Eine ganz andere Art von Gefühl spiegelte sich in den beiden Kindern, die sie ihm geboren hatte. Zwischen den Eltern und den Kindern herrschte eine unbeschwerte Vertraulichkeit, die ich außerhalb einer Geschko selten gesehen hatte. Selbst in einer Geschko hatte ich niemals eine derartige Tiefe in der gegenseitigen Anteilnahme beobachtet. Ich redete mir ein, meine nervöse Verlegenheit sei auf meine längst vergangene Schwärmerei für Marisha oder mein offensichtliches Eindringen in ihre Privatsphäre zurückzuführen, doch ich wußte es viel besser.
    Sie waren eine Blutfamilie. Ich fühlte mich fehl am Platz.
    Doch ich hatte die Pflicht, an Wolfs Seite zu sein, von kurzen Perioden abgesehen, wenn er oder Marisha allein sein wollten. In jenen Wochen an der Seite des Colonels sah ich, wer ihn besuchte und wer nicht. Ich sah, wer sich in seiner Gegenwart wohl fühlte und zufrieden mit seiner Genesung war – die Alten – und wer unsicher wirkte. Ich war sicher, daß er all das und noch mehr bemerkte, aber er

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