BattleTech 17: Natürliche Auslese
Streithähne. »Phelan, ich nehme an, du hattest mehr als ein Familientreffen im Sinn, als du um diese Besprechung gebeten hast.«
Der Wolfskhan nickte. »Neben handfesten Daten über die Mechs der Roten Korsarin hat uns Yeguas zweierlei geliefert. Erstens scheinen die Banditen keine Luft/Raumjäger zu besitzen. Sie haben weder Jäger benutzt, um ihre Landungsschiffe beim Abholen des Tributs abzuschirmen, noch haben sie Maschinen gegen die 31. eingesetzt. Das macht sie äußerst verwundbar, besonders wenn es uns gelingt, einen Hinterhalt für sie zu legen.«
Chris nickte, aber seine Miene verdüsterte sich. »Wir könnten Luft/Raumjäger in einem Landungsschiff, in einem Asteroidenfeld oder hinter einem Mond verstecken, aber dazu müßten wir vorher wissen, wo die Korsaren angreifen, und wo sie auftauchen.«
Phelan grinste triumphierend. »Und das ist der zweite Punkt. Anhand der Daten, die wir über ihre Ankunftspunkte gesammelt haben, konnten wir durch Abgleichung mit Systemdaten und einem Katalog von Piratenpunkten, den Janos Vandermeer für uns zusammengestellt hat, den wahrscheinlichen Auswahlmodus für ihre Navigationspunkte ermitteln. Indem wir ein darauf basierendes Programm benutzt und Ziele nach den wahrscheinlichsten Parametern durchgespielt haben, schrumpfte die Liste ihrer potentiellen Zielwelten gehörig.«
Dan lehnte sich vor. »Wie gehörig?«
Phelan stieß mit dem Zeigefinger auf einen Punkt der Sternenkarte. »Ihr nächstes Ziel heißt Zanderij. Und diesmal werden wir sie bereits erwarten, wenn sie eintreffen.«
30
Solaris
Vereinigtes Commonwealth
17. August 3055
Der Attentäter erwog kurz die Notwendigkeit, Judith Calley zu töten. Sie kannte ihn nur als Chuck Grayson und hegte allem Anschein nach keinerlei Verdacht, daß irgend etwas mit ihm nicht stimmte, aber unbewußt mochte sie etwas aufgeschnappt haben, das ihm später Ärger bereiten konnte. Nach der Zeit als Karl Kole, in der er extrem zurückgezogen gelebt hatte, war die Intimität ihrer Beziehung ein willkommener Kontrast. Die ganze Leidenschaft, die sich in Kole aufgestaut hatte, entlud sich in dieser Affäre.
Sicher war es gefährlich, noch mehr Zeit mit Jude zu verbringen, aber er verdrängte seine Sorgen und schloß sie irgendwo tief in den Verliesen seines Geistes ein. Er arbeitete zur Zeit an keinem Auftrag, also brauchte er sich nicht so vorzusehen wie gewöhnlich. Er konnte sich ganz darauf konzentrieren, Chuck Grayson zu werden. Er zog Freude und ein nie gekanntes Gefühl der Gemeinschaft aus seiner Annäherung an Kai Allard- Liaos Manager und deren Ablehnung. Die Art und Weise, wie sie Chuck behandelten, ließ Ronda allmählich an Allard-Liao zweifeln, und nach seinem Fehlschlag akzeptierte ihn auch John. Jetzt stellte er keine Bedrohung mehr dar.
Er fühlte sich normal, ja, noch mehr als nur einfach normal. Er konnte natürlich nicht vergessen, wer und was er war, aber es fiel ihm leichter, sich davon zu distanzieren. Er nahm willig an hitzigen Debatten darüber teil, wer wirklich hinter dem Tod des Archons gesteckt hatte, und ob Prinz Victor seinen Vater umgebracht hatte oder nicht. Nachdem er das erste einer Serie von Interviews mit Victor gesehen hatte, begann er den Prinz sogar zu verteidigen. Das machte ihn bei einigen Leuten aus dem lyranischen Teil des Vereinigten Commonwealth unbeliebt, aber Besucher aus dem Gebiet der Vereinigten Sonnen spendierten ihm häufig Drinks und luden ihn ein, sie besuchen zu kommen, falls er je auf ihre Heimatwelt kam.
Beinahe einen Monat lang dachte er kaum an seine Arbeit. Das Attentat auf den Archon hatte ihm genug Geld eingebracht, um nie wieder einen Auftrag annehmen zu müssen. Genau das war auch der Grund für ihn gewesen, die Sache anzunehmen, aber mit der Zeit fühlte er das Bedürfnis, wieder zu arbeiten. Er genoß seine Zeit als Chuck Grayson, aber er war nicht Chuck Grayson. Er brauchte eine Aufgabe.
Derselbe Teil seiner Persönlichkeit, der ihn davor gewarnt hatte, zu tief in die Grayson-Rolle einzutauchen, warnte ihn jetzt vor einem neuen Auftrag. Ein Teil seines Bedürfnisses speiste sich aus all den Theorien über Melissas Tod, die überall kursierten. So ziemlich jeder wurde von irgendwem dieses Mordes beschuldigt, von einem durchgedrehten Floristen über das organisierte Verbrechen und Kurita-Attentäter bis zu Recom-Terroristen – jeder außer ihm! Das schmeichelte ihm nicht gerade, aber schließlich konnte er sich nicht offenbaren, nur um sein
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