BattleTech 18: Das Antlitz des Krieges
Und ich denke, dein Plan, eine Eliteklasse von MechKriegern aufzustellen, wird uns dabei helfen.«
Masters erstarrte, die Gabel Zentimeter vor dem offenen Mund. Er hatte den Plan vor einem Jahr vorgeschlagen, ohne je auf eine Annahme zu hoffen. Die Liga Freier Welten hatte eine Tradition als parlamentarische Demokratie, der die Einführung einer militärischen Herrscherklasse klar zuwiderlief.
»Ist das dein Ernst?«
»Ich habe es noch nie ernster gemeint. Ich sehe keinen anderen Ausweg. Wir sind dabei, nach dem Zusammenbruch des Sternenbundes verlorene Technologien wiederzuentdecken. Die Menschen wollen die plötzlich verfügbaren neuen Waffen ihren Feinden in den Rachen stopfen. ›Sieg um jeden Preis‹ und dergleichen. Und selbst ohne diese Entwicklung nehmen Tempo und Intensität der Kämpfe stetig zu. Du hast völlig recht. Dieser Prozeß ist seit Jahrzehnten im Gange. Die Freigabe der Technologiedateien durch ComStar und die Entdeckung der Sternenbundinfothek durch die Gray-Death-Legion können das nur noch beschleunigen. Wenn wir uns nicht vorsehen, haben wir in kürzester Zeit gewaltige Schwierigkeiten. Die Ares-Konvention interessiert nur noch Juristen. Der Ehrenkodex der MechKrieger zerbröckelt. Wir müssen sogar mit dem Einsatz taktischer Nuklearwaffen rechnen.« Der Gedanke an Atomwaffen ließ Thomas abrupt verstummen. Als er weitersprach, war seine Stimme gedrückt. »Die Freigabe der Technodateien werde ich ComStar nie verzeihen. Das war ein klarer Eidbruch. Diese Dateien hätten auf ewig unter Verschluß bleiben müssen.«
»Also, es ist ja nicht so, als ob es die Waffen nicht vorher schon gegeben hätte. Es geht nicht nur um den Zugang zu den Dateien.«
Thomas schien ihn nicht zu hören. »Ketzerei. Pure Ketzerei.«
Masters wußte nicht, was er sagen sollte. Wie alle, die in den mystischen Reihen ComStars ausgebildet worden waren, sprach Thomas nur selten mit Ungläubigen über diese Religion. »Thomas? Was erwartest du von mir?«
»Ich habe heute eine Nachricht aus New Avalen erhalten…«
Masters’ rechte Hand spannte sich. »Joshua?«
»Er lebt«, sagte Thomas leise. »Sie sagen, seine Leukämie bildet sich zurück.« Er lachte. »Wir reisen zwischen den Sternen umher, und mein Sohn stirbt an einer Krankheit, die unsere Spezies seit mehr als tausend Jahren zu besiegen versucht. Tausend Jahre.« Er stockte, sammelte seine Gedanken. »Ich habe heute an ihn gedacht, bevor du gekommen bist. Ich habe mich daran erinnert, wie ich Joshua zum erstenmal in den Armen hielt, vor acht Jahren, kurz nach seiner Geburt. Seitdem habe ich so wenig von ihm gesehen.« Thomas sog den Atem ein. »Er schien so vollkommen in diesem Augenblick. Makellos. Seine Seele war ohne Sünde, sein Geist ohne böse Absichten. Niemand hatte ihm Schaden zugefügt, nichts ihn in Versuchung geführt. Ich dachte, wenn ich ein guter Vater bin, kann ich ihn vor allem Bösen beschützen. Ich dachte: ›Dieser Junge wird geschützt aufwachsen. Ich werde ihn lehren. Ich werde ihn lehren zu lieben, für das Wohl der Menschheit zu kämpfen, sich zu beschützen. Er wird etwas Besonderes sein. Ich werde ihn vor all dem Schmerz und der Krankheit und den Narben schützen, die mich geplagt haben.‹ Aber dann… Wir alle träumen von einer glücklichen Zukunft, aber so wenig davon wird je Realität.«
Er schob seinen Teller von sich und lehnte sich auf den Tisch. Seine Stimme wurde verschwörerisch. »Ich habe einen guten Grund für das, was ich dir vorschlagen will, Paul. Es ist äußerst gefährlich. Noch vor zehn Jahren hätte ich mich vehement gegen eine militärische Herrscherklasse zur Wehr gesetzt. Kannst du mir versprechen, daß sie nicht korrumpiert wird? Daß unsere guten Absichten nicht pervertiert werden und uns in der Zukunft Leid und Tränen bringen?«
»Das kann ich nicht versprechen. Du weißt selbst, daß die Liga Freier Welten schon immer einen Balanceakt zwischen parlamentarischer Demokratie und militärischem Feudalismus vollführt hat.« Masters wählte die nächsten Worte mit Bedacht. »Aber ich bin überzeugt davon, daß wir eine Eskalation der Kriegstechnologie nur verhindern können, wenn wir die Macht allein in die Hände der MechKrieger legen. Nicht in die der Soldaten, und auf keinen Fall in die der Technokraten. Nur MechKrieger. Denn MechKrieger haben ein greifbares Interesse daran, eine Verselbständigung der Kriegstechnologie zu verhindern: Sie würde uns Krieger unnötig machen. Atomwaffen wären mit Sicherheit das
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