BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
zurückzuerobern. Ryan ist nicht dumm. Er weiß, daß man nur erkennen muß, in welche Richtung der Mob stürmt, und sich an seine Spitze setzen, um den Anschein eines Führers zu erwecken. In dieser Lage wird Schein zur Realität.«
Er stieß einen lauten Seufzer aus und legte die verschränkten Finger in den Nacken. »Indem er nach Solaris fliegt, tritt Ryan in die Öffentlichkeit. Er verschafft sich Gehör und ein Alibi. Er hofft darauf, daß ich denselben Fehler begehe wie mein Vater und schnell mit Truppen zur Hand bin. Blutvergießen in den Straßen käme ihm gerade recht, aber ich kann mir das nicht leisten. Zumindest brauche ich mir nach den Neuigkeiten, die Sie gebracht haben, keine Sorgen mehr zu machen, daß Peter Amok laufen könnte.«
»Die Proteste auf Lyons sind friedlich, und die örtliche Polizei hat sie im Griff.«
»Gut. Der Geheimdienst dürfte kaum irgendwelche Erkenntnisse haben, die Ryan mit den Aufständen in Verbindung bringen?«
Curaitis schüttelte den Kopf. »Ryan ist ungemein vorsichtig. Die Lauschgeräte in seinem Büro auf Porrima haben nur begrenzte Daten geliefert. Er hat seine Räume von Experten säubern lassen, und elektronische Lauschgeräte sind nicht sonderlich flexibel. Falls Ryan ein ausgeklügeltes Signalsystem zur Verständigung mit seinen Untergebenen benutzt – etwa eine Zeichensprache, die darauf beruht, wo er die Tastatur seines Computers abstellt, oder welche Position die Jalousie am Fenster hat -, können unsere Geräte nichts davon bemerken.«
»Haben wir niemanden, der ihm nahesteht?«
Curaitis sah den Prinz mit der besten Annäherung eines Lächelns an, die Victor je auf seinem Gesicht gesehen hatte. »Wir waren nahe daran, aber Ryan hat Sven Newmark als Adjutanten eingestellt, bevor wir ihm jemanden unterschieben konnten. Das Sekretariat infiltriert derzeit die Rasalhaager Kolonie mit mehreren Leuten, um etwas über Newmark herauszufinden und eine Deckidentität für einen unserer Agenten zu finden, die ihn für Ryan ebenso attraktiv machen würde, wie es Newmark war.«
»Löblich.«
»Ryans Flug nach Solaris schafft eine Öffnung für uns.« Curaitis verschränkte die Hände im Rücken. »Der Name des Mannes, der unsere Geräte bisher aus Ryans Büro entfernt hat, heißt Quentin Clark. Er hat eine Weile in unseren Diensten gestanden und kennt sich dadurch mit unseren Tricks aus. Als sich Ryan auf den Flug nach Solaris vorbereitete, hat Clark mehrere Bankkonten aufgelöst. Er besitzt genug Geld, um sich auf Solaris ein luxuriöses Leben zu finanzieren. Die Summen, die er abgehoben hat, stehen in krassem Widerspruch zu dem, was er als Einkommen angegeben hat. Als wir ihn darauf ansprachen, entwickelte er ein plötzliches Interesse daran, in Ryans Büro auf Solaris Lauschgeräte zu plazieren, statt sie zu entfernen.«
»Sehr schön. Wirklich sehr schön.« Victor grinste erfreut. »Ich wäre schon damit zufrieden, daß sich Ryan als Drahtzieher der wachsenden Unruhen in der Mark Skye verrät, aber noch besser würde es mir gefallen, wenn er mit dem Mord an meiner Mutter prahlte.«
»Ich bezweifle, daß er das tun wird. Ich hätte ihn nicht für dumm genug gehalten, einen Fehler dieser Art zu begehen.«
Victor runzelte die Stirn. »Fehler?«
Curaitis nickte einmal knapp. »Den Fehler, sich nach Solaris zu begeben. Auf Solaris kann einem Menschen vieles zustoßen, was sich leicht als Unfall oder unglücklicher Zufall hinstellen läßt.«
»Ich verstehe.« Der Geschäftston in Curaitis’ Stimme stand im Widerspruch zum Gewicht seiner Worte. Victor erinnerte sich, wie sie den Mörder seiner Mutter auf Solaris aufgespürt und gefangen hatten, indem Fuh Teng einen Kontrakt gegen Kais Mutter angeboten hatte. Fuh Teng hatte vorgegeben, bei Zenotaph eine größere Geldsumme unterschlagen zu haben. Angeblich hatte er den Tod Candace Liaos gewünscht, damit Kai gezwungen war, die Regierung über den St. Ives-Pakt zu übernehmen. Der Mann, der Melissa ermordet hatte, war bereit gewesen, einen weiteren Auftrag derselben Schwierigkeit anzunehmen, und das Geheimdienstsekretariat hatte ihn aufgegriffen.
Victor hätte Candace Allard-Liao niemals Böses zugefügt, aber er wünschte sich, Kai säße tatsächlich auf ihrem Thron. Das Jahr, das er zusammen mit Kai an der Militärakademie New Avalen verbracht hatte, und die Zeit, in der sie gemeinsam gegen die Clans gekämpft hatten, hatte ihm klargemacht, was in Kai steckte – nicht nur als Mechpilot, sondern auch als Taktiker und
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