BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
hatten genügend Beweise in Form von Fingerabdrücken sowie Haar- und Hautproben aus der Wohnung, die er auf Tharkad benutzt hatte, um zu beweisen, daß er dort gewesen war, als die Bombe hochging. Sie hatten die Telefondaten, mit denen sie beweisen konnten, daß sein Computer den Anruf vom Raumhafen an die Funktelefonbomben weitergeleitet hatte. Und falls selbst das nicht ausreichen sollte, hatten sie die Protokolle der verschiedenen Drogenverhöre, die sie mit ihm durchgeführt hatten. Vor Gericht waren die möglicherweise nichts wert, aber sie ließen keinen Zweifel an seiner Schuld zu.
Er gab sich keinen Illusionen über die Regierung und deren Haltung zur Todesstrafe hin. Sie war zwar gesetzlich erlaubt und für Meuchelmord und Hochverrat sogar vorgeschrieben, aber in Wirklichkeit wurde sie nur selten vollstreckt. Die Gerichte hatten Todesurteile wiederholt in lebenslang plus hundert Jahre umgewandelt. Trotzdem, es gab genug Wege, jemanden wie ihn zum ›Selbstmord‹ in der Zelle zu bringen.
All das ließ nur einen Schluß zu: Die Regierung hatte ein Interesse daran, ihn am Leben zu halten. Und ›die Regierung‹ bedeutete in diesem Fall Victor Steiner-Davion. Schon, als er noch auf der Flucht von Tharkad nach Solaris gewesen war, hatte der Attentäter gewußt, daß Victor eine direkte und sehr persönliche Rolle bei den Ermittlungen zum Tode seiner Mutter spielte. Viele Beobachter hielten das für einen Versuch Victors, seine Spuren zu verwischen, aber der Attentäter sah es als Indiz für den Wunsch eines Sohnes, den Tod seiner geliebten Mutter zu rächen.
Nur dieser Wunsch nach Rache konnte der Grund dafür sein, daß er noch lebte. Er betrachtete es keineswegs als Arroganz, wenn er sich an den Gipfel der Hierarchie aller Attentäter in der Inneren Sphäre stellte. Sicher, das Draconis-Kombinat hatte seine Nekekami und die Capellaner ihre Thugee-Kultisten, aber er arbeitete allein, ohne die Unterstützung von Regierungen oder anderen Institutionen. Das Attentat auf Melissa Steiner-Davion hätte ihm so leicht niemand nachgemacht. Er war in seinem Beruf unerreicht, und er wußte es.
Genau wie Victor Davion. Er lebte noch. Das war der Beweis. Und die neuen Disketten, die er erhalten hatte, waren die Bestätigung. Die Disketten enthielten Informationen über Solaris – eine Welt, die er bereits sehr gut kannte -, und er glaubte, auf ihnen auch Hinweise darauf zu entdecken, wen er umbringen sollte.
Die aktuellsten Meldungen auf den Disketten stammten vom siebten Februar. Der größte Teil der ›Nachrichten‹ bestand aus detaillierten Kampfbeschreibungen, aber sie erregten kaum das Interesse des Attentäters. Wenn Victor Davion den Tod eines Kämpfers wollte, brauchte er nur eines der örtlichen Verbrecherkartelle zu beauftragen. Das Absprechen von Kämpfen und die Bestrafung unliebsam aufgefallener Kämpfer war deren tägliches Brot und weitaus einfacherer als die Aufgabe, für die Victor ihn aufsparte.
Viel interessanter waren die Informationen im Feuilleton. Der Klatschreporter, ein widerlicher kleiner Kerl, den der Attentäter für den Gegenwert einer Tasse Kaffee kaltgemacht hätte, erwähnte einen bevorstehenden Empfang, den Tormano Liao für seinen Neffen Kai Allard-Liao plante. Die Gästeliste, auf der sich auch eine Reihe lokaler Größen befand, enthielt eine Reihe wahrhaft interstellarer VIPs. Neben dem Gastgeber und dem Ehrengast wurden Katrina SteinerDavion, Herzog Ryan Steiner und Omi Kurita erwartet. Katrina würde in Begleitung von Galen Cox erscheinen, eines engen Freundes ihres Bruders Victor.
Jeder von ihnen, oder sogar alle zusammen, konnte das Ziel des Attentäters sein. Er war versucht, sowohl Cox als auch Allard-Liao auszuklammern, da sie beide nur relativ unbedeutende Rollen in der Politik der Inneren Sphäre spielten, aber er widerstand der Versuchung. Er hatte keinerlei Hinweis auf wachsende Spannungen zwischen dem St. Ives-Pakt und dem Vereinigten Commonwealth gefunden, aber er wußte auch, daß Regierungen Konflikte häufig im geheimen aufbauten, ausfochten und beendeten. Trotzdem, Kai Allard-Liao hatte Victor Davion regelmäßig seine Siege gewidmet, was auf eine enge und herzliche Freundschaft zwischen ihnen schließen ließ. Außerdem brachte Kais Tod Victor keinerlei Vorteil – zumindest nicht, soweit es der Attentäter feststellen konnte.
Galen Cox war ein ebenso unwahrscheinliches Ziel. Falls Galen bei Victor in Ungnade gefallen sein sollte, hätte ihn der Prinz
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