BattleTech 22: Fernes Land
Laderaum des Landungsschiffes heulten die Warnsirenen auf. Das gellende Heulen drang den um den zerborstenen Rumpf Versammelten bis ins Mark. Nicht einmal die versiegelten Kanzeln der Mechcockpits boten Schutz vor ihrem Lärm. Mit auf die Ohren gepreßten Händen trat Parker Davud durch die Eingangsluke des Laderaums und stolperte auf den Riß im Rumpf zu. Er schrie irgend etwas, aber das Kreischen verschluckte seine Worte. Als die Sirenen abrupt verstummten, gellte seine Stimme durch die plötzliche Stille, »…in unmittelbarer Nähe! Die Mechs sind in unmittelbarer Nähe! Die Sensoren haben sie erfaßt!«
Während die anderen mit dem Versuch gerungen hatten, den respektiven Status der Menschen, des Heuschreck und der Tetaetae zu klären, war Davud auf das Brückendeck des Landungsschiffes gegangen. Dort hatte er alles, was nach der Bruchlandung noch von den Sensoren übrig war, in Betrieb genommen und die Umgegend abgesucht. Als die unverkennbaren Hitzeblips auf dem IR-Schirm aufgetaucht waren, hatte er versucht, mit dem DEST und den Mechs Kontakt aufzunehmen, aber die Sendeanlage hatte gestreikt. Die Sirenen waren seine letzte Rettung gewesen. Sie hatten eine bemerkenswerte Fähigkeit, Aufmerksamkeit zu erregen.
»Wie nahe?« fragte Takuda, dessen Kopf noch immer unter dem Lärm erbebte.
»Ich bekomme keine genauen Angaben«, erwiderte Davud, »aber sie sind nahe genug um solide zu zeichnen.«
»Hier draußen sind wir geliefert«, stellte Goodall von der Schulter des Heuschreck fest. Sie war während der Diskussion aus dem Cockpit geklettert. Wenn das Auftauchen des Heuschreck schon eine ungeheure Wirkung auf die Tetaetae gezeitigt hatte, war das Erscheinen eines Menschen, der aus dem Kopf der Gottheit stieg, ein echter Schock. Auch Arsenault und Jacobs hatten ihr Cockpit verlassen.
Takuda sah sich um. Ihre Verteidigungsstellungen, ausgelegt für Langstreckenverteidigung gegen Angriffe aus dem Wald, erwiesen sich plötzlich als verwundbar. Jetzt wirkte das Landungsschiff wie der Mittelkreis einer Dartscheibe, ein absoluter Magnet für einen Angriff. Goodall hatte recht. Wenn sie hier im offenen Gelände auf den Angriff von drei BattleMechs warteten, würden sie alle sterben, einschließlich der Tetaetae.
Und jetzt mußte er bei seiner Planung auch mit den Tetaetae rechnen. Takuda hätte gerne allen befohlen, ihre Position bis zum Tod zu verteidigen, aber die Tetaetae hätten diesen Befehl wortwörtlich befolgt, und der DEST-Kommandeur fühlte das zusätzliche Gewicht seiner Verantwortung für die hilflosen bepelzten Einheimischen. Dieses Gott-Sein war mehr als eine philosophische Diskussion beim Nachmittagstee. Das hier war echt. Und absolute Macht brachte auch absolute Verantwortung mit sich.
Takuda war ein qualifizierter Mechpilot, aber er haßte diese Stahlmonster. Sie boten zwar jede Menge Waffen und Panzerung, aber im Gegenzug raubten sie ihrem Piloten die individuelle Flexibilität. Nicht nur das, sie zogen das Feuer des Gegners geradezu magnetisch an. Er zog die Verletzbarkeit seines eigenen Körpers dem Verlust an Kontrolle weit vor, der sich mit Panzerfahrzeugen verband. Deshalb hatte er sich dafür entschieden, Infanterist zu bleiben, und den Befehl über eine Mechlanze abgelehnt, als man ihm vor Jahren diese Möglichkeit angeboten hatte. Er sah zu Goodall hoch. »Wir werden die Mechs zurücklassen müssen. Sie sind eine zu große Belastung. Wir können zu Fuß in den Wald ausweichen.«
Goodall sah sich auf der Lichtung um. Mechs aufzugeben, war eine Handlungsweise, zu der sie nur in höchster Verzweiflung bereit war, und bis jetzt sah sie dazu keine Veranlassung. Ihr Mech war außerhalb des Landungsschiffes, und sie kalkulierte im Geiste, wieviel Zeit noch nötig war, um den zweiten Heuschreck herauszuholen. Es gab eine Chance, aber jemand mußte den anderen Mech übernehmen.
»Parker«, wandte sie sich an den Landungsschiffskapitän, »haben Sie noch Energie für die Zielerfassung der Bordgeschütze?«
Davud dachte einen Moment nach, bevor er Antwort gab. »Ja, hab ich, aber das wird nichts nützen. Vost weiß so gut wie Sie, daß die Geschütze selbst ausgefallen sind.«
»Vost kann nicht wissen, ob wir sie nicht inzwischen repariert haben. Rufen Sie die Zielerfassungssequenz ab. Vost wird die Aktivität bemerken und möglicherweise ins Grübeln kommen. Und zögern. Wir müssen jede Möglichkeit nutzen, ihn zu bremsen.« Sie sah hinunter zu Takuda. »Ich denke, wir können die Mechs retten. Wenn
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