BattleTech 24: Auge um Auge
seinen Vater weiterzugeben.
Gabby war ein guter Junge, zumindest innerhalb seiner Grenzen. Aber selbst sein stolzer Vater Don Carlos konnte sehen, daß seine Reife zu wünschen übrig ließ.
Gaviläns Ernennung zum Bataillonskommandanten hatte für eine gewisse Aufregung in den Rängen gesorgt. Die anderen Bataillone wurden von einem Rabbi und einem Sänger befehligt. Die protestantischen Kaplane, die Reverends Odegaard und Poteet, und die katholischen Padres fragten sich manchmal gleichermaßen laut, warum keinem guten christlichen Geistlichen ein Bataillon übertragen worden war.
Die Frage war nicht leicht zu beantworten – zumindest nicht direkt den Männern gegenüber, die sie stellten. Poteet war ein prahlerischer Narr. Odegaard hatte nicht das Zeug zum Kommandanten. Vater Elfuego Goldstein, dessen Familienangehörige seit der Ära, in der politisch enttäuschte Juden zur Römischen Kirche konvertiert waren, fromme Katholiken gewesen waren, auch nicht. Don Carlos' eigener Beichtvater, Vater Montoya, nahm nicht einmal an den Kämpfen teil. Was Vater Doktor Robert Garcia anging – er würde glücklicherweise eine solche Aufgabe nie übernehmen. Er war auch nicht unbedingt eine Führungspersönlichkeit. Und der Kolonel konnte Vater Montoya schon sagen hören: Aber wir wünschten, du hättest einen Katholiken zum Bataillonskommandanten gemacht, mein Sohn. Statt dessen gibst du uns einen Jesuiten.
Ah, gut. Gabby war ein guter MechKrieger, das erkannte jeder an. Er hatte sogar einen Abschluß vom Nagelring, der EliteMilitärakademie des Hauses Steiner, während seine Schwester Davions Militärakademie New Avalon absolviert hatte. Er hatte sich im Kampf bewiesen.
Und dennoch ist er als MechKrieger nicht mehr als ein Schatten seiner Schwester, sagte Don Carlos zu sich selbst. Das konntest du noch nie einem von beiden verzeihen. Und deshalb hat sich Patsy umgebracht, und Gavilän verbringt sein Leben mit der endlosen Jagd nach einem Geist.
Er bemerkte ein Licht, das auf der Konsole seines Schreibtischkommunikators blinkte. »Gavilän«, sagte er, »ich habe noch einen anderen Anruf.«
Sein Sohn runzelte klagend die Stirn. »Aber Vater…«
»Er kommt auf der Direktleitung unseres Arbeitgebers. Ich werde später mit dir reden.« Nicht ohne Erleichterung unterbrach er die Verbindung.
Gaviläns Gesicht wurde durch das des Sicherheitschefs von HTE ersetzt. »Kolonel Camacho«, sagte der Mirza, »ich hoffe, es geht Ihnen gut.«
»Den Erwartungen entsprechend, der Jungfrau sei Dank. Und Ihnen?«
»Ich bin bei ausgezeichneter Gesundheit, Kolonel, danke. Aber ich gebe zu, daß es mir schon besser gegangen ist.«
»Was kann ich für Sie tun, Mirza?«
»Haben Sie die Abendnachrichten gesehen?«
Der Kolonel lächelte und schüttelte den Kopf. »Meine Pflichten lassen mir wenig Zeit, HV zu sehen.«
»Erlauben Sie mir, Ihnen einen Ausschnitt aus der Sendung von heute abend vorzuspielen.«
Als Don Carlos das Stück über den entscheidenden ›Durchbruch‹ bei HTE gesehen hatte, seufzte er schwer.
»Wir dürfen bald mit einem Besuch von los ateos rechnen, nicht?« fragte er.
»Bitte? Dieser Name ist mir nicht geläufig.«
»Die Atheisten. Die Anhänger von Blakes Wort.« Für die frommen Caballeros waren die durchschnittlichen ComStar-Fanatiker nicht weniger atheistisch, aber der Kolonel sah keine Notwendigkeit, das zu erklären.
»Ja.« Das asketische Gesicht betrachtete ihn einen Augenblick lang prüfend. »Kolonel, die Pflicht zwingt mich, eine Frage zu stellen, die ich persönlich geschmacklos finde.«
Don Carlos lächelte. »Ich halte einem Mann nie vor, daß er seine Pflicht tut.«
»Nun gut. Sie und die meisten Ihrer Leute stammen aus der Liga Freier Welten. Viele Ihrer MechKrieger hatten früher einen Rang beim Marik-Militär inne. Sie selbst blicken auf eine Geschichte hervorragender Dienste im Haus Marik zurück, ehe Sie Söldner wurden.«
Die dünnen Lippen preßten sich kurz zusammen, ehe der Mirza fortfuhr. »Generalhauptmann Thomas Marik ist praktisch das Oberhaupt von Blakes Wort«, sagte er. »Kolonel, besteht hier irgendeine Möglichkeit eines Interessenkonflikts?«
Würde mein Sohn zuhören, er würde aufheulen, weil meine Ehre als Ritter von Galisteo beschmutzt wurde. Der Gedanke drängte sich ihm geradezu auf. Don Carlos hatte sich während der Jahrzehnte, in denen er aus dem merkwürdigen, archaischen und vollkommen isolierten Dreibund weg war, weit mehr Kultur angeeignet, als ihm eigentlich lieb war.
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