BattleTech 24: Auge um Auge
leicht ergrautes Haar zu einem traditionellen galisteischen Knoten auf dem Kopf zusammengefaßt. Sie trug ein Plastiktablett, auf dem eine weiße Teekanne aus schwerer Galisteo-Keramik mit zwei passenden Tassen stand. Alle waren blau mit Szenen langhörniger Ranger-Bullen bemalt, die mit vaqueros in AgroMechs kämpften. Das Service war von Handwerkern auf Don Carlos' eigener Hazienda Vado Ancho hergestellt worden und hatte ihn und das Regiment auf ihren vielen Abenteuern in der ganzen Inneren Sphäre begleitet.
Sie stellte das Tablett vor ihn. Er lächelte beim Minzegeruch des Dampfs.
»Yerba buena«, sagte sie. »Es wird dir helfen, dich zu entspannen.«
»Du weißt eben immer, was ich brauche, Marisol«, sagte er. »Was täte ich nur ohne dich?«
»Laß mich deinen Nacken massieren«, sagte sie und trat hinter Don Carlos, damit er nicht ihr erfreutes Lächeln bei seinen Worten sehen konnte. Er nickte und ächzte dann zufrieden, als ihre kleinen, starken Finger die Knoten der Verspannung aus Nacken und Schultern zu massieren begannen.
Er schloß die Augen, und dieses Mal erhob sich hinter den Lidern nicht der Märtyrertod seiner Tochter. »Ich werde zu alt hierfür«, sagte er träumerisch. »Ich sollte mich auf Vado Ancho zur Ruhe setzen. Meine Schwester Marta altert vorzeitig, so strengt es sie an, dort alles im Griff zu behalten, aber für mich wäre es eine segensreiche Erholung.«
Und ich wäre bereit, es darauf ankommen zu lassen, daß Thomas Marik nicht mehr weiß, auf wessen Seite sich ein früherer Kommandant der Legionäre Freier Welten in der Erbfolgeauseinandersetzung schlug. Und daß man uns zumindest ein paar unserer alten Freiheiten zugesteht, bis ich in Frieden bei Patsy und der Himmelskönigin ruhe. Er bekreuzigte sich.
»Worauf wartest du, Carlos?« flüsterte sie ihm ins Ohr. »Warum übergibst du das Kommando nicht jetzt? Du hast gewiß so lange gekämpft, wie ein Mann muß. Nicht einmal der Heilige James, der Mohrentöter, hat mehr getan.«
Und das Siebzehnte Gavilän übergeben. Er erschauderte fast. Es gab ein paar junge Rauhbeine, besonders in seinem Ersten Bataillon, denen das gefallen würde. Aber die älteren Mitarbeiter – und klügeren Köpfe – würden vielleicht nicht so bereitwillig die Führung des jüngeren Camacho akzeptieren, ehe er bewiesen hatte, daß er die Last der Befehlsgewalt wirklich zu tragen vermochte.
Don Carlos seufzte. Mein Sohn, mein Sohn, was habe ich dir angetan? Er kannte die Antwort nur allzugut.
»Ich kann nicht«, sagte er. »Zumindest nicht jetzt. Hast du die Nachrichten gehört?«
»Es gab irgend etwas über eine wissenschaftliche Entdeckung hier«, sagte sie.
»Es war eine Lüge. Eine Lüge, die Ärger bereiten sollte – und anderen Ärger vertuschen. Uns steht hier bald ein Angriff bevor. Ich habe eine Verpflichtung unserem Arbeitgeber und meinen Leuten gegenüber. Ich kann ganz gewiß erst ruhen, wenn die Gefahr vorbei ist und ich meine Pflicht Chandrasekhar Kurita gegenüber erfüllt habe.«
Nun war es an Cabrera zu seufzen, auch wenn sie es unhörbar tat. »Du wirst ein Bataillon aus dem Biwak außerhalb der Stadt zurückrufen wollen.«
Er nickte. »Das Erste, denke ich.«
»Por que? Sie sind hier schon an der Reihe gewesen. Das Dritte Bataillon hat die Rotation in den Komplex noch nicht mitgemacht.«
»Das Dritte ist das grünste. Das Erste ist unser bestes Bataillon.«
»Du mußt so stolz auf deinen Jungen sein, bei dem, was er aus ihnen gemacht hat.«
Oder was sie ihm zum Trotz aus sich selbst gemacht haben. Dennoch würde es eine gute Erfahrung für den Burschen sein. »Ja«, sagte Don Carlos.
»Ich werde alle Vorkehrungen treffen«, sagte Cabrera zu ihm und ließ kurz beide Hände auf seinen Schultern ruhen.
Er griff nach oben und tätschelte ihre Hand. »Liebe Marisol. Immer der perfekte ausführende Offizier. Du bist ein Schatz.«
Wieder war sie froh, daß er ihr Gesicht nicht sehen konnte, nicht die Freude in ihren dunklen Augen und auch nicht den Schmerz.
23
Masamori, Hachiman
Distrikt Galedon, Draconis-Kombinat
15. Oktober 3056
Zwischen 23.30 Uhr und Mitternacht verstopften Arbeiter, die zur Friedhofsschicht kamen, die U-Bahn-Station unter dem Zentrum des Hachiman-Taro-Komplexes. Diese Arbeiter, die sich in den beiden ersten Wagen des Ostregen-Zugs, der in die unteren Mittelklasse- und besseren Arbeiterviertel Shin Kobe, Hangan und Kim nördlich des Komplexes fuhr, drängten, waren sich der Gegenwart von rund zwei Dutzend Gaijin in den
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