BattleTech 24: Auge um Auge
nachschauen, was die Jungs und Mädels alles angestellt haben, als sie mit ihren Mechs in die Stadt gewackelt sind. Locker bleiben, Cassie. War nett, Sie zu treffen, Mr. Westin.«
Lady K streckte die Hand aus und berührte Zuma am Arm. Sie lächelten einander herzlich an, und Zuma ging in die Nacht hinaus.
Die MechKriegerin sah Cassie an, die in den Kragen ihrer weit ausgeschnittenen Bluse versunken zu sein schien. »Ich bin ein wenig überrascht, dich hier zu finden, Cassie«, sagte sie in freundlichem Tonfall. »Du tollst und heulst doch sonst nicht mit den anderen Kojoten.« Cassie hob ihre Flasche und deutete damit in der Bar herum. »Dieser Ort ist jetzt Teil des Geländes. Ich bin Späherin. Ich überprüfe ihn.«
MacDougall verzog das Gesicht. »Deshalb bist du also nicht unten im Komplex, um auf den Zinnen herumzumarschieren. Du spähst das Gelände hier aus.« Sie schüttelte den Kopf. »Du mußt lernen, Freizeit zu genießen, Mädchen, dich um dich selbst zu kümmern.«
»Der Kapitän muß seine Zeit wirklich nicht damit verschwenden, sich um mich Sorgen zu machen.« Cassie stand auf. »Ich gehe besser zurück.«
Sie ging fort und ließ ihre noch fast volle Flasche auf dem Tisch stehen. Archie erhob sich halb, um ihr zu folgen.
»Lassen Sie sie gehen, Mr. Westin«, sagte Lady K. »Sie wird nicht besonders gerne bedrängt.«
Archie setzte sich langsam wieder. Er sah MacDougall an. Irgendein Teufelchen ließ ihn sagen: »Warum tun Sie es dann?«
Ein langsames Lächeln begann in einem ihrer Mundwinkel und breitete sich gemächlich aus, wobei sie strahlend weiße Zähne enthüllte. »Ich habe meine Gründe«, sagte sie. »Aber warum gönnen Sie sich nicht mal einen Augenblick Ruhe und erzählen mir, warum ein Vollzeit-VerKom-Holojournalist einem Haufen dahergelaufener Söldner wie uns die Ehre gibt?«
Cassie ging über den Taisho-Dalton-Weg zurück, die Hände in den Taschen ihrer ausgebeulten Khakihosen vergraben und mit gesenktem Kopf. Im Bürgersteigbereich war die Straße hell erleuchtet. Über ihrem Kopf reckten sich die Bürotürme des Distrikts in den Himmel, Schattengebilde, die die Sterne verhüllten. Die Straßen waren voller Fußgänger, Fahrradtaxis mit klingelnden Glöckchen, hupenden Autos. Im Gegensatz zu vielen Draco-Welten – und zu Larsha, wo sie aufgewachsen war – machte sich die Polizei auf Hachiman mit Ausnahme von Zeiten mit Bürgerunruhen nicht die Mühe, eine Sperrstunde durchzusetzen. Und wie die noch größere Tanadi-Computerfabrik am Stadtrand fuhr HTE Wechselschichten, vierundzwanzig Stunden am Tag. Was bedeutete, daß die Arbeiter und Mittelklasse-Bürohengste dazu neigten, rund um die Uhr Geld auszugeben. Ein paar Bullen, die an einer Kreuzung standen, nahmen sie genau in Augenschein, als sie vorbeiging, und spielten dabei mit den Sicherungen ihrer AntiAufruhr-Schrotflinten. Cassie ignorierte sie. Selbst unter Koordinator Theodore waren Gaijin auf den Straßen so tief im Kombinat kein weitverbreiteter Anblick; sie mußten sie für eine Söldnerin halten. Und wenn der Chef des Regiments, der große Buddhabauch Kurita persönlich, nicht schlau genug war, um die örtliche Polizei anständig zu schmieren… Sie verwarf den Gedanken. Kurita oder nicht, wenn Chandrasekhar so dumm wäre, dann hätte er nie das nötige Kleingeld zusammenkratzen können, um ein MechRegiment anzuheuern, das mit ihm Händchen hielt. Nicht einmal ein so chaotisches wie die Caballeros.
Warum machte sie sich überhaupt Gedanken über diesen Bimbo? MacDougall war schon bei der Einheit gewesen, ehe Cassie für das Landungsschiff ›rekrutiert‹ worden war, das von Larsha abhob. Sie hatte Bronco übernommen, als der frühere Kommandant nach New Horizons beschloß, sich zur Ruhe zu setzen. Natürlich hatte Cassie nie besonders viel mit Lady K anzufangen gewußt, obwohl sie zugeben mußte, daß das Cowgirl seine Sache gut machte. Aber erst vor kurzem, erst nachdem Kapitän Silva nach Hause nach Cerillos gegangen war, hatte die blonde MechKriegerin begonnen, die Späherin nicht mehr in Ruhe zu lassen.
Vielleicht wurde es Zeit, sie sich vom Hals zu schaffen. Normalerweise unterschied Cassie nicht zwischen Männern und Frauen. Frauen wurden in den dominierenden Kulturen der Dreibund-Welten zwar manchmal wie Bürger zweiter Klasse behandelt, aber in der Praxis bedeutete das, daß jede Frau, die es zur MechKriegerin brachte, mindestens so hart sein mußte wie ihre männlichen Gegenstücke – in aller Regel gemeiner.
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