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BattleTech 24: Auge um Auge

BattleTech 24: Auge um Auge

Titel: BattleTech 24: Auge um Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Milan
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genug.
Der Mirza hob den langen, schmalen Kopf und starrte sie an, während er Preetam mit einem Wink seiner Spinnenfinger entließ. Etwas in seinem Verhalten und in Preetams Abschiedsverbeugung ließ in Cassies Schädel kleine Glöckchen klingeln und ihr Hirn sich fragen, ob der Fremdenführer wirklich der komische Tölpel war, der er zu sein schien. Denn Abdulsattah war wirklich ein Meisterspion reinsten Wassers, und diese ach so passenden Spinnenfinger waren wie dafür geschaffen, am unerwartetsten Ort Marionetten tanzen zu lassen – oder trogen sie ihre Instinkte?
Wenn sie sie trogen, war ihr Leben kernen Pfifferling mehr wert. Diesen Mirza mußte sie im Auge behalten. Den kleinen Preetam auch.
Abdulsattah erhob sich hinter seinem Schreibtisch – und wurde immer größer. Er mußte fast zwei Meter groß sein. Er war dürr wie ein Skelett, seine olivenfarbene Haut spannte sich fast straff genug, um an den zarten asketischen Knochen seines Gesichts einzureißen. Er trug eine Kappe und hatte einen hübschen, ergrauenden Bart.
»Sie sind die junge Frau, die draußen vor der Treppe dieses Kunststück auf ihrem Fahrrad vorgeführt hat«, sagte er mit überraschend tiefer Stimme.
»Die bin ich«, sagte Cassie, die sich weder durch Rang noch durch Körpergröße einschüchtern ließ.
»Preetam sagte, Sie müßten mit mir Sicherheitsfragen besprechen.«
»Ich bin überrascht, daß Sie mich überhaupt empfangen haben«, sagte sie. »Frauen zählen im Kombinat nicht allzuviel.«
»Ihr Kolonel spricht lobend von Ihnen«, sagte der Mirza. »Bitte setzen Sie sich, wenn Sie wollen.«
Das tat sie. Noch dazu, wo es den Sicherheitschef von HTE dazu veranlaßte, seine immense Körpergröße wieder in den lederbespannten Stuhl hinter seinem bescheidenen Hartholzschreibtisch zu falten.
»Sie sprechen kenntnisreich über die Kultur des Kombinats«, sagte er. »Sicher war Ihre Zeit im Kombinat zu kurz, als daß Sie viel hätten lernen können. Ich nehme an, die Exilgemeinschaft auf Larsha sorgte für Ihre Bildung?«
»Peter-sama, bei allem Respekt: Sie nehmen nicht an, Sie wissen.«
Die Lider senkten sich über Abdulsattahs schwarze Augen wie geschoßabweisende Leichentücher. Er sah Cassie einen Augenblick lang an, während seine Finger auf der Tischplatte tanzten wie eine Spinne bei einer Gigue.
Sie hielt seinem Blick stand.
»Sie sind eine bemerkenswerte junge Frau«, sagte er schließlich. »Ihre Personalakte beweist Ihren Mut. Aber ein Wort der Warnung an Ihre Kameraden ebenso wie an Sie selbst: Sie sind weit weg von daheim.«
»Ist das eine Drohung?« fragte Cassie.
Der Mirza schüttelte das schmale, edle Haupt. »Nur die Feststellung einer Tatsache, Leutenient. Ich bin kein ganz gewöhnlicher Kombinatsbeamter…«
Erzähl mir doch mal etwas, was ich noch nicht weiß, dachte Cassie. Aber sie behielt den Gedanken für sich. Sie war eine Späherin – großspurig, aber nicht dumm.
»…und Chandrasekhar-sama ist ein noch ungewöhnlicherer Kurita. Aber er ist dennoch ein Kurita, und Sie und Ihre Leute werden hier viele treffen, die wesentlich weniger nachsichtig sind als wir beide.«
Cassie sah ihm noch einen Augenblick länger in die Augen. Dann nickte sie. »Ich verneige mich vor Ihrer Weisheit, Peter-sama.«
»Irgendwie bezweifle ich das«, sagte er mit einem winzigen Anflug eines Lächelns. »Aber wie bei so vielem im Leben werden Sie es entweder lernen oder sterben.«
Cassie legte einen Arm über die Rückenlehne des Stuhls und lehnte sich zurück. Sie empfand seine Worte nicht als Bedrohung. Lern oder stirb waren die Bedingungen, unter denen sie lebte, seit sie drei war.
Der Mirza erhob sich und trat vor etwas, das wie ein Panoramafenster aussah und sich auf eine üppige, sonnendurchflutete Oase inmitten von Gipsdünen öffnete, die so weiß waren, daß sie von innen zu leuchten schienen, als seien sie in einem Schmelzofen erhitzt worden. Es war natürlich eine Illusion. Abdulsattahs Büro lag tief in der Zitadelle, HTEs festungsartigem Hauptverwaltungszentrum. Hätte es Fenster gehabt, hätten sie sich auf den stets geschäftigen Komplex geöffnet.
Natürlich böten Fenster Feinden auch einen bequemen Weg, an den Mirza heranzukommen. Cassie fragte sich, ob die Vorsichtsmaßnahme nur aus Klugheit geschah – das Leben im Draconis-Kombinat war in aller Regel wesentlich turbulenter, als Außenstehende annahmen, besonders in den höheren Bereichen der Wirtschaft und des Staats – oder ob hier ein komplizierteres Spiel

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