BattleTech 25: Die Kriegerkaste
Halbschatten. »Bitte, Sun-Tzu, machen Sie es sich bequem.«
Der jüngere Mann erstarrte und nahm bewußt Haltung an, bevor er eine entspanntere Haltung mit hinter dem Rücken gehaltenen Händen einnahm. Die militärische Präzision seiner Bewegungen ließ Thomas sich versteifen, wie in Vorbereitung auf eine Konfrontation. Genau das hatte Sun-Tzu beabsichtigt. Sein Gesicht verriet keinerlei Emotion, aber er ließ seine leise Stimme Mitgefühl ausdrücken. »Ich bin betrübt über die Verschlechterung des Zustands Ihrer Gattin. Sosehr ich ein Ende des Wartens und einen Termin für meine Hochzeit mit Ihrer Tochter herbeisehne, wäre es unmenschlich von mir, Ihre Trauer zu stören. Wenn ich oder meine Nation irgend etwas tun können…«
Thomas schüttelte den Kopf, und das Licht des Kaminfeuers ließ die Narben, die sich kreuz und quer über seine rechte Gesichtshälfte zogen, weiß aufblitzen. »Sie erhält die bestmögliche Versorgung. Selbst wenn wir sie nach New Avalon fliegen würden, könnte das ihr Leben höchstens um wenige Jahre verlängern. Hier hätte sie vielleicht noch drei, aber der Schaden an ihren Lungen ist irreparabel. Angesichts ihrer Lage hat sie den Zeitpunkt ihres Ablebens selbst festgelegt.«
Sun-Tzu kniff die jadegrünen Augen zusammen. »Dann habe ich Ihre Botschaft falsch verstanden. Ich war mir nicht bewußt, daß Sie sich entschlossen hat, ihrem Leben selbst ein Ende zu machen.«
»Sophina war die Herzogin von Oceana, bevor ich sie vor neun Jahren heiratete. Möglicherweise liegt es daran, daß Oceana nie ein sonderlich reicher Planet war, jedenfalls hat seine Bevölkerung eine Tradition entwickelt, in der Sterbenskranke keinen Versuch unternehmen, ihr Leben zu verlängern. Sie vertreten die Ansicht, daß Geld und Ressourcen besser zum Wohl der Gemeinschaft eingesetzt werden können.« Thomas verstummte und verzog schmerzlich das Gesicht. »Ich würde sie festhalten, so lange es nur geht, aber ich liebe sie zu sehr, um sie gegen ihren Wunsch am Leben zu erhalten.«
Sun-Tzu registrierte Thomas' Schmerz und machte sich in Gedanken eine Notiz zur späteren Verwendung.
Wenn ich jemand so sehr lieben würde, würde ich sie zwingen, sich behandeln zu lassen. Du bist ein schwacher, passiver Narr, Thomas Marik.
Laut sagte er: »Sie erweisen sich als tapferer Mann, indem Sie ihre Entscheidung akzeptieren. Wäre ich bereits mit Isis verheiratet, weiß ich nicht, ob ich in der Lage wäre, sie so leicht loszulassen.«
Thomas' rechtes Auge funkelte aus dem Dunkel in Sun-Tzus Richtung. »Jeder Vater wünscht sich für seine Tochter eine Liebesehe, aber ich weiß, daß Liebe keine Rolle bei Ihrem Wunsch spielt, sich mit Isis zu verbinden. Sie lieben nur die Macht, die sie mit ins Ehebett bringen wird – die Chance, die Liga Freier Welten zu regieren.«
»Nein, Thomas, was Isis mir bringt, sind engere Beziehungen zwischen meiner Konföderation Capella und Ihrem Reich.«
Thomas lachte kalt. »Ach, wirklich, Sun-Tzu? Und das halten Sie für eine gute Sache?«
Sun-Tzu zögerte, konnte Thomas' plötzlichen Stimmungsumschwung nicht erklären.
»Allerdings, genau wie Sie.«
»Da könnten Sie sogar recht haben.« Thomas klopfte sich mit einem Finger ans Kinn. »Vielleicht werde ich Ihrer Tante Candace den Hof machen und den St. Ives-Pakt enger an die Liga Freier Welten binden, und anschließend könnte ich Isis mit Ihrem Vetter Kai verheiraten. Wir setzen Sie ab und verschmelzen alle drei Reiche miteinander.«
In den Eingeweiden des Capellaners machten sich eisige Tentakel breit.
»Wenn man den Skandalvids aus dem Vereinigten Commonwealth glauben darf, ist mein Vetter Kai mit einer Frau zusammen, die ihm bereits einen Sohn geboren haben soll. Er hat sie nach St. Ives gebracht und seiner Mutter vorgestellt. Kai wird sie heiraten, obwohl sie eine Bürgerliche aus dem Vereinigten Commonwealth ist. Dessen bin ich mir sicher. Ich erwarte in Kürze die Ankündigung.«
»Und Sie möchten einen Termin für die Hochzeit mit meiner Tochter festsetzen, bevor Kai seine Verlobung bekanntgeben kann?«
Sun-Tzu schüttelte den Kopf. Seine nächsten Worte waren gut überlegt, und die Lautstärke seiner Antwort stieg allmählich an, während er sprach.
»Wie so viele andere interpretieren Sie alle meine Handlungen als Reaktionen auf die Maßnahmen meines Vetters. Es stimmt zwar, daß meine Mutter sich entschloß, mich zu bekommen, nachdem sie erfahren hatte, daß ihre Schwester schwanger war, aber diese innerfamiliäre
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