BattleTech 26: Robert Thurston - Ich bin Jadefalke
übertrieben.«
»Tut mir leid, Sterncaptain.«
Hengst strich sich mit dem Handrücken übers Kinn, als suche er nach dem Bart, den er sich vor kurzem abrasiert hatte. In den Wochen seit seiner Rasur hatte Joanna ihm schon mindestens hundertmal gesagt, daß er um Jahre gealtert schien. Die meisten Krieger hätten diese Sticheleien gehaßt, denn bei den Clans waren Bemerkungen über das Altern beleidigend, aber Hengst lachte nur darüber.
Bei ihnen war MechKriegerin Diana, ein weiteres Mitglied von Joannas Stern. Die drei Jadefalken-Veteranen saßen auf einem Berghang und genossen einen der seltenen angenehmen Tage in diesen Breitengraden des Planeten. Die meisten Tage auf Sudeten waren winterlich und ausgesprochen windig, aber heute ging nur eine milde Brise, und die Temperaturen waren zwar kühl, aber nicht so kalt, daß man eine Wintermontur benötigt hätte. Die drei Krieger trugen zerknitterte Gefechtskluft ohne Rangabzeichen. In den Waffenstillstandszonen wurde der Rang nicht betont.
Auf die Ellbogen gestützt, lagen Joanna und Hengst im kurzen Stoppelgras des Hangs. Diana saß an einen Baum gelehnt. Die Baumrinde war hart und rauh, aber sie bemerkte es kaum.
Etwa einen halben Kilometer vom Fuß des Berges entfernt lagen die Überreste eines in einen Schrottplatz verwandelten BattleMechwerks und Nachschubdepots. Gebäude und Lager waren durch Mechgefechte zerstört worden. Die Fabrikmauern standen noch, aber sie waren rußgeschwärzt und verschrammt. Der größte Teil des Daches war auch noch vorhanden, aber übersät mit unregelmäßigen Einschlagslöchern. Selbst aus dieser Entfernung war zu erkennen, daß die Fabrik nur noch eine Ruine war. Die Fenster waren zerbrochen, und Trümmer ragten durch die zerborstenen Scheiben.
Die Szene erinnerte an einen Friedhof voller geschändeter Grabstätten, deren Inhalt blindlings über das Gelände verstreut worden war. Die Leichen waren in diesem Fall natürlich aus Metall. BattleMechbauteile lagen übereinander wie Knochen auf einem Schlachtfeld. Nicht ein Rumpf hatte noch intakte Gliedmaßen. Stählerne Arme und Beine lagen unnatürlich verheddert und verschlungen umher. Zwischen den Torsohaufen oder auch einzeln auf dem Boden lagen Mechköpfe herum, umgedreht, auf der Seite oder auch richtig herum, als wäre der Rest der Maschine unter ihnen eingegraben – ein archäologisches Fragment eines gewaltigen Standbildes. Hengst hatte kurz zuvor ein uraltes Gedicht über das Monument eines Königs aus grauer Vorzeit gelesen, einen riesigen Kopf inmitten einer öden Wüste, und hatte den Vergleich den anderen vorgeschlagen, die jedoch keinen Schimmer hatten, wovon er sprach. Auch zermalmte Fahrzeugüberreste fanden sich zuhauf in den Halden des Mechfriedhofs.
Der Wind rüttelte an den Mechfragmenten. An manchen Tagen, wenn er stärker war als jetzt, trieb er leichtere Bruchstücke vor sich her, warf sie gegen die Mechgliedmaßen und die Fabrikmauern.
Joanna schien es, als ob die Ruinen zu ihnen heraufbrüllten, daß ihre Leben diesem Schutt glichen, verstreut über eine trostlose Einöde. Es hatte eine Zeit gegeben, als sie Krieger gewesen waren, ganz und gar dem Krieg verschrieben, der Clan-Invasion und ihren zahllosen Schlachten. Jadefalken-Krieger, mutig und stark. Nun aber, im ungeliebten fünfzehnjährigen Waffenstillstand zwischen den Clans und der Inneren Sphäre, blieben sie untätig, nichts als Garnisonstruppen mit uninteressanten Aufgaben auf unbedeutenden Welten. Wie die meisten anderen Clan-Krieger auch, waren sie unruhig, lechzten nach Aufgaben, die ihrer harten Militärausbildung gerecht wurden.
Joanna starrte Hengst an und atmete tief durch, um ruhiger zu werden. »Noch einmal, haben sie gesagt, warum sie nicht, nicht mit uns dienen wollen?« Mit der Wiederholung versuchte sie ihre exakte Aussprache zu betonen.
»Sie haben mehr Gründe als du schlechte Angewohnheiten hast, Sterncaptain.«
Joanna fand keine Worte. Momentan machte sie alles wütend, was jemand sagte. Als Verzögerungstaktik strich sie sich mit der Hand durch das lange Haar. Es war struppig und zerzaust, ein Opfer der Stürme Sudetens. Die Berührung erinnerte sie an die grauen Strähnen, die sich inzwischen durch die schwarzen Haare zogen. Vor der Invasion und dem Waffenstillstand hatten sie ihre grauen Haare nicht gekümmert. Jetzt wünschte sie sich, das Grau mit schwarzer Tönung überdecken zu können wie irgendein Kastenweib. Obwohl Joanna der Ansicht war, kosmetische
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