BattleTech 30: Abgefeimte Pläne
Luft rotierte, schien sich sein langes weißes Haar aufzustellen, so daß er grotesk überrascht wirkte. Aber der drollige, desinteressierte Tonfall seiner Stimme strafte diesen Eindruck Lügen und nahm der Situation die Spannung. »Hoheit, Eure Überlegungen erscheinen mir durchaus korrekt. Auf dieser Reise sind wir wohl nirgendwo sicher, also können wir uns auch dorthin begeben, wo unsere Gastgeber den größten Vorteil davon haben, sich mit uns zu beschäftigen.«
Katrina fühlte einen Anklang von Furcht. Baron Erhardt Wichmanns Analyse traf das Problem exakt. Wenn sie in den Kurita-Raum sprangen, würde man sie ohne Zweifel nach Luthien schaffen und sich bezüglich ihrer weit eren Behandlung mit Victor in Verbindung setzen. Die Wölfe hatten Interessen in der Lyranischen Allianz, und Katrinas Gefangennahme in diesem Raumsektor würde ihnen einen gewaltigen Vorteil verschaffen. Nur die Nebelparder, die keine Möglichkeit hatten, ohne größere Schwierigkeiten gegen die Lyraner vorzugehen, konnten von einer Beziehung mit ihr profitieren, also mußten sie alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um die Reise zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen. »Ich sehe, was Sie meinen, Baron Wichmann.« Katrina schenkte ihm ein Lächeln, das bei jemandem ohne die homosexuellen Neigungen des Barons Wallungen hätte auslösen können. Hinter ihrem Botschafter sah sie Kapitän Church sich aufplustern. »Die Entscheidung ist also gefallen?«
Church nickte ernst. »Steuermann, Kurs setzen nach Option IKG023.«
Jotto zitterte. »IKG – im Kampf gefallen.«
Wichmann warf ihr ein süßliches Lächeln zu. »Bist du etwa abergläubisch, meine kleine Hodari?«
Jottos Miene versteinerte. »Für Sie mag das eine Vergnügungsreise sein, Baron, und für den Kapitän die letzte große Reise ins Unbekannte, aber für mich ist es ein Alptraum. Dieses Schiff ist unbewaffnet und hat zu wenig Sicherheitspersonal an Bord, um Leben und Gesundheit der Archontin zu beschützen.« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist kaum zu glauben, daß ich Curaitis einen Narren genannt habe, weil er bereit war, den Schutz Prinz Victors zu übernehmen.«
Er war ein Narr, Agentin Jotto. »Wann springen wir, Kapitän?«
»Auf mein Zeichen, Hoheit.«
Zwei warnende Glockenschläge hallten durch das Schiff. Die drei um den Tisch Schwebenden hielten sich an dessen Platte fest, und Katrina stützte sich in der Lukenöffnung ab.
»Jetzt.«
Die durch die Spulen des Kearny-Fuchida-Antriebs fließende Energie riß ein Loch in das Raum-Zeit-Kontinuum und gestattete der Boadicea im Bruchteil einer Sekunde durch diese Bresche in der Realität an einen Punkt zu schlüpfen, der fast dreißig Lichtjahre von dem entfernt lag, an dem sie sich eben noch befunden hatte. Katrina beobachtete, wie das Sprungschiff um sie herum zu schrumpfen schien, oder möglicherweise war sie es auch, die ins Unermeßliche wuchs und durch den Rumpf ins All brach. Sie fühlte, wie sie größer und größer wurde. Sie wurde nicht aufgeblasen wie irgendeine von einer schrecklichen Krankheit befallene Kreatur, sondern dehnte sich gleichmäßig aus, bis sie das gesamte Universum vereinnahmte. Sonnensysteme schienen zu nicht mehr als eine Aminosäure in einem Gen eines Chromosoms der Zellen ihres Körpers geworden zu sein, und alles, was jemals jemand über diese Dinge wissen konnte, überschwemmte ihr Gehirn mit einer grenzenlosen Datenflut.
Gerade als sie sich wieder neuzuformen begann, folgte der zweite Sprung. Ihr Bewußtsein wuchs noch über das hinaus, was es soeben geworden war, und ließ die Blase des Erkannten und Erkennbaren zerplatzen. Auf der anderen Seite jener Barriere sah sie ihre Mutter schweben, eine Gigantin, neben der sie zwergenhaft klein war, mit weit ausgebreiteten Armen, die sie willkommen hießen. Aber diese Arme verwandelten sich in Schlangen, die sie umklammerten und zerquetschten, während das Gesicht ihrer Mutter explodierte und einen mit scharfen Fangzähnen bewehrten Totenschädel mit lodernden Augen freigab. Als die Schlangen ihren zermalmten Körper in das schwarze Maul schleuderten, bohrten sich nadelscharfe Zähne in jede Zelle ihres Leibes und erfüllten sie mit Schmerz.
Katrina hatte nicht den Eindruck, daß sie geschrien hatte, aber als sie die Augen öffnete, war ihre Kehle wund. Hodari Jotto hatte sie an Schulter und Oberschenkel gefaßt und hielt sie fest. Die Agentin zog sie zurück an die Gangwand außerhalb der Brücke und drückte sie fest dagegen. »Hoheit, wie
Weitere Kostenlose Bücher