BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
Ausweichmanövern für derartige Situationen, die vom Dummstellen bis zum plötzlichen Tod sorgfältig abgestuft waren, und hatte sie im Laufe der Zeit alle angewandt. Zum Glück hatte Gabby in seiner Zeit auf der Militärakademie Neu Avalon des Hauses Davion ausreichend Sinn für die Verantwortung eines Befehlshabers mitbekommen, um das Thema nie so weit zu vertiefen, daß Cassie etwas zerstören mußte.
»Buenas, Gabby«, antwortete sie in neutralem Tonfall. Es schien ihr im Regelfall am besten zu bekommen, ihn als nicht allzu lieben Verwandten zu behandeln.
»Guten Tag, Kapitän… Leutenient«, sagte Baird herzlich. Die Frauen antworteten höflich.
»Sie scheinen geistesabwesend, Leutenient«, sagte er und sah Cassie scharf an.
Sie starrte zurück und gab sich alle Mühe, keine weitere Reaktion zu zeigen. Eine solche Auffassungsgabe hätte sie ihm gar nicht zugetraut.
»Ich denke über die Mission nach, Kolonel.«
»Das spricht für Sie«, sagte Baird. »Besorgt?«
»Immer.«
Er stieß ein nachsichtiges Kichern hervor. »Mir ist schon klar, warum. Aber Sie können sich ruhig erst einmal entspannen. Wir sind auf dem Weg, Towne eine Hilfestellung zu leisten, die dringend gebraucht wird.«
Er lächelte. »Zur Abwechslung werden wir mal auf einem Planeten sein, wo uns die Bevölkerung mit offenen Armen empfängt.«
Teil ZWEI
EINE WELT AUS LÜGEN
Die Welt ist ein gewaltiger, der Zwietracht geweihter Tempel.
- VOLTAIRE
7
Komplex der Turanischen Transportgesellschaft, Port Howard Provinz Aquilonien, Towne
Mark Draconis, Vereinigtes Commonwealth
12. Dezember 3057
Es überraschte Cassie nicht, daß Gordo Bairds Vorhersage sich als
völlig falsch erwies.
» TOD DEN DRACOS !« plärrte der Lautsprecher, und die Worte
schienen von der tiefhängenden Wolkendecke über Port Howard wi
derzuhallen. » TOD IHREM SÖLDNERABSCHAUM !«
Die Hände tief in die Taschen ihres Parkas geschoben, befand sich Cassie im hinteren Bereich des Mobs, der sich vor den Haupttoren des ausgedehnten Komplexes der Turanischen Transportgesellschaft am Nordufer des Donnerflusses, wo er in die Kreisbucht floß, versammelt hatte. Die Menge bestand hauptsächlich aus Männern, von jungen Leuten bis zu Männern mittleren Alters, deren Kleidung eher dem Diktat des Geldbeutels als dem der Mode folgte. Die Caballeros waren gerade erst auf Towne angekommen, und Cassie war draußen auf der Straße und tat das, was sie am besten konnte. Als sie sich die Hände der Leute um sie herum ansah, während sie durch den Mob glitt, kam sie zu der Auffassung, daß diese Leute irgendwann tatsächlich ein Handwerk im eigentlichen Wortsinn ausgeübt haben mußten.
In den Stadtgebieten Townes erlebten das Baugewerbe und die Beschäftigung im allgemeinen eine Flaute, und zwar seit die meisten außerweltlichen Investitionen und ein Großteil des heimischen Kapitals der Fünften Lyranischen Garde gefolgt war, die zu Katrina Steiner nach Hause zurückgekehrt war, statt sich in den Krieg ihres Bruders mit Thomas Marik einzumischen. Der siebzigjährige Marquis von Towne hatte auch den Abgang gemacht und sich zu einem offenbar dauerhaften Aufenthalt in eine Villa zurückgezogen, die er auf Neu Avalon besaß. Das erklärte weitgehend, warum so viele Arbeiter genügend Verärgerung und Freizeit besaßen, um sich an möglicherweise gewalttätigen Demonstrationen zu beteiligen. Es erklärte nicht unbedingt, warum sich beides so wütend gegen Onkel Chandy richtete. Die Ankunft der Stellvertreter des Kuritamagnaten hatte jede Menge frisches Kapital gebracht und außerdem nicht nur neue Arbeitsplätze versprochen, sondern sie auch tatsächlich geschaffen.
Trotz der Handbreit Schnee, die in der letzten Nacht gefallen war – und sich mittlerweile unter mehreren tausend protestierender Stiefel in Matsch verwandelt hatte –, war der Wind, der die Straße der Weisheit der Sterne heraufwehte und vom Valusischen Strom erwärmt wurde, keineswegs eisig genug, um die Eiseskälte zu erklären, die Cassie bis ins Mark drang.
»THOMAS MARIK UND SEIN LIAOLAKAI HABEN DAS VEREINIGTE COMMONWEATH GESCHÄNDET«, erklärte die verstärkte Stimme. »JETZT WILL AUCH EIN KURITA MAL RAN. ER IST EINE SCHLANGE, DIE IM GRAS LAUERT. ZUERST KOMMT ER UND NIMMT UNS UNSERE ARBEITSPLÄTZE WEG. BALD WIRD ER UNS AUCH DAS LEBEN NEHMEN WOLLEN…« Der Sprecher, der auf einem vom Mob umgebenen L IEFERWAGEN auf der Straße gegenüber der Tore des Komplexes stand, war ein Mann in den Dreißigern mit dickem Hals und
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