BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
Hinterkopf zusammengebunden.
In weißem T-Shirt und kanariengelben Shorts trottete Kali MacDougall grimmig neben ihr her, den Anflug eines ungewohnten Stirnrunzelns auf dem Gesicht. Lady K haßte Training ebensosehr, wie Cassie es genoß. Der Stolz – auf ihre langbeinige Schönheit und ihre Vorstellung von der Form, die sich eine Top-MechKriegerin erhalten sollte – brachte sie dennoch dazu. Cowboy Payson, der grundlegend andere Ansichten von den Anforderungen des Handwerks eines MechReiters hatte, hatte sich geweigert, sich ihnen anzuschließen. Was, wie Kali erklärt hatte, ein weiterer wichtiger Antrieb für das Training gewesen war.
Eher das hundertste als das dutzendste Mal hatte Cassie die Vorbesprechung vor ihrem geistigen Auge noch einmal ablaufen lassen. Hier lagen die Wurzeln ihrer Launenhaftigkeit und ihres unguten Gefühls: La familia war unterwegs in eine Situation, die sie als völlig unmöglich erachtete, als zumindest so hoffnungslos wie das Rückzugsgefecht gegen die Clans auf Jeronimo.
»Zumindest marschieren wir dieses Mal mit weit offenen Augen hinein, Schatz«, sagte Kali. Cassie runzelte die Stirn. Sie haßte es, wenn ihre Freundin sie so durchschaute. »Letztes Mal warst du so ziemlich die einzige, die die Dornen sah, die in unserem Bett aus Rosen lauerten.«
»Was nützt es, eine Falle zu entdecken, wenn man trotzdem direkt hineintappt?«
»Dafür kriegen wir die großen C-Scheine«, sagte Lady K, die wesentlich leichter atmete, als ihre eingefleischte Abneigung gegen Training hätte vermuten lassen. »Es ist unser Beruf. Wenn wir wirklich dächten, wir wären als Kassiererinnen in einem Tante-EmmaLaden glücklicher, täten wir das, oder?«
Cassie grunzte. Sie konnte sich die große blonde MechKriegerin nicht vorstellen, wie sie Dosenschinken oder Papierwindeln an einem Lesegerät vorbeiführte, genausowenig wie sich selbst.
»Es ist das Leben«, sagte Kali. »Man verfängt sich darin, will es nicht wieder loslassen. Früher oder später erwischt es dich. Aber, zum Foxtrott nochmal –, das Leben endete bisher in allen bekannten Fällen tödlich.«
Ein lautes Keuchen und das Geräusch von Schritten bei einem halben G warnte die beiden Frauen davor, daß sie von hinten überholt wurden, dem Klang nach wahrscheinlich von Männern. Cassie sah flüchtig nach hinten und erkannte die schlaksige Gestalt Gordo Bairds. Sie empfand für ihn keine Zuneigung und noch weniger Respekt, aber er hielt sich recht gut in Form, auch wenn er jetzt ein wenig keuchte. Neben ihm trottete Gabby Camacho.
Trotz der Tatsache, daß der jüngere Camacho ein Liebling der ungebärdigen Norteno-Rauhbeine war, die sich in letzter Zeit so sehr über ihre Gegenstücke, die Cowboys, aufgeregt und sie angefaucht hatten, schienen er und der andere OL miteinander auszukommen. Baird hatte schon lange mit dem Camacho-Clan zu tun; er hatte dem Kolonel vor langer Zeit das Leben gerettet, als beide noch für das Haus Marik kämpften, damals, ehe Carlos in den Nachfolgerennen der Mariks auf das falsche Pferd gesetzt hatte und bedrängt wurde, aus Gründen seiner eigenen Gesundheit besser abzureisen. Deshalb gelang es Baird, trotz dem, was Cassie als unübersehbaren Mangel an Leistung einschätzte, seinen Job zu behalten: El Coronel hatte normalerweise ein scharfes Auge für Befähigung und traf entsprechende Personalentscheidungen, aber er war auch hacendado und Ritter von Galisteo – ein echter Caballero. Ehre ging über alles, und das Herz der Ehre war die Loyalität. Er gab seinen Leuten zurück, was er von ihnen verlangte, unerschütterliche Loyalität, und dafür liebten sie ihn. Aber manchmal hatte diese Loyalität ihren Preis.
In letzter Zeit verbrachte Kolonel Baird ungewöhnlich viel Zeit mit Gabby Camacho. Cassie hielt sich zwar so weit wie möglich aus der Regimentspolitik heraus, doch ihr Späherinnenauge konnte diese Tatsache nicht ignorieren. Allerdings versuchte sie, nicht zu analysieren, was das bedeutete. Die Analyse dessen, was Leute motivierte, war für Ziele vorbehalten. Cassies Welt zerfiel in Ziele und la familia, und wenn die beiden je zusammenfallen sollten, so fürchtete sie unterbewußt, würde ihre Welt zusammenbrechen.
»Buenas tardes, Cass«, grüßte Gavilan Camacho, als die beiden Männer aufschlossen. Sein Blick war eindeutig: Cassies Stupsnase und ihr vollkommener Hintern verursachten unzweifelhaft einen Kurzschluß seiner Kühlsysteme. Das war KGS; sie verfügte über ein ganzes Sortiment von
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