BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
neuerliche Aggression der Clans zu errichten versucht. Und es mehren sich die Beweise, daß die Militanten in den Clans an Einfluß gewinnen und jederzeit stark genug sein könnten, den Waffenstillstand von Tukayyid für nichtig zu erklären.«
Cassie drückte sich tiefer in ihren Stuhl, schlug die Beine übereinander und warf Lady K einen Seitenblick zu. Deren fein ziselierte Nasenflügel bebten, und sie rollte mit den Augen. Cassie konnte diese Zeichen nur zu gut deuten und mochte nicht, worauf sie hinwiesen.
»Was ist mit der ISA?« fragte Bar-Kochba. Er hatte einen sonnenverbrannten, kugelförmigen Kopf, eine herrische Nase und einen Bart, der aus lockigem, schwarzem und weißem Draht zu bestehen schien, den jemand in sein vorstehendes Kinn implantiert hatte. Trotz seines Alters eilte ihm der Ruf voraus, die beste linke Gerade im Regiment zu schlagen. »Wird sie nicht etwas dazu zu sagen haben, wenn dieser hübsche Junge Kusunoki völlig aus der Spur gerät?«
Der Mirza sah seinen Chef an. In Cassies Kopf gingen sofort alle möglichen roten Warnlampen an. Es war Abdulsattahs Stil, auf scheinbar jede Frage sofort eine Antwort parat zu haben, und sei es nur ein geschickt getarntes Ausweichmanöver.
Der Boß persönlich kaute eine Traube zu Ende und spülte seinen Gaumen mit einem Schluck Wein. »Der Lächelnde hat zwar in letzter Zeit – wenn Sie das Wortspiel verzeihen – zunehmend drakonischere Maßnahmen gegen die Kokuryu-kai unternommen«, sagte er dann, »doch er und sein designierter Erbe Ninyu Kerai« – hier sah er Cassie an, die voller Zorn gegen sich selbst spürte, wie sie errötete – »spielen die Bedrohung herunter, die sie darstellt. Warum sie das so entschlossen tun, vermag ich nicht zu sagen, und nicht einmal mein unbezahlbarer Mirza ist in alles eingeweiht, was zwischen den beiden vorgeht.
Praktisch gesehen ist die ISA auch sehr stark damit beschäftigt, die Clans zu beobachten und die Aktivität der Maskirovka im Kombinat im Auge zu behalten, die im letzten Jahr auffällig zugenommen hat. Unter anderem hat Sun-Tzu Liao versucht, Begeisterung für eine Art quasi-panasiatischer Allianz gegen das Vereinigte Commonwealth zu erzeugen – eine Idee, die die Schwarzen Drachen übrigens begeistert unterstützen, auch wenn sie im Grunde ihres Herzens die Liaos genausowenig brauchen können, wie der schlimme, traurige, wahnsinnige Sun-Tzu im Grunde uns braucht. Abdulsattah-fom weist mich darauf hin, daß, wenn der Atem des Drachen die Kerze von Tai-sho Kusunokis Ehrgeiz bisher nicht ausgeblasen hat, er es wohl auch in Zukunft nicht tun wird.«
»Und was hat das alles mit uns zu tun, Don Chandrasekhar?« fragte Kolonel Camacho, der noch trauriger dreinblickte als gewöhnlich. Traditionsbewußte Mexikaner konnten jedem Draco beim Herumreden um den heißen Brei problemlos das Wasser reichen. Nortenos – Terraner oder ihre Abkömmlinge auf den Südwestlichen Welten – hatten nie viel auf diese Traditionen gegeben.
Ein Stern am äußersten Rand der Chaosmark, direkt an der Kombinatsgrenze, wurde rot. »Ich habe in letzter Zeit ausgedehnten Grundbesitz auf der Welt Towne erworben«, sagte Onkel Chandy. »Ich will, daß Ihr Regiment dort hingeht und ihn beschützt.«
»Towne ist nicht zufällig der Planet, auf den dieser Bursche, dieser Kusunoki, momentan ein Auge geworfen hat, oder?« fragte Cassies Vorgesetzter, Kapitän James ›Ödland‹ Powell vom Spähtrupp. Sein Rufzeichen war dank der Chemotherapie, die er als Schlacht unter schlechten Vorzeichen gegen seinen Magenkrebs erhielt und die ihn sein Haar einschließlich des einst legendären roten Schnurrbarts in Form eines Motorradlenkers gekostet hatte, zutreffender denn je.
Onkel Chandy strahlte begeistert. »Aber natürlich«, sagte er. »Was für ein Zufall.« Seine kleinen schwarzen Äuglein funkelten wie Obsidiansterne.
»Was ist unsere wirkliche Aufgabe dort, patron?« fragte der Kolonel direkt.
»Sie verbünden sich mit Townes Streitkräften, stärken ihnen das Rückgrat, dienen ihnen als Kader und schlagen alles zurück, was Tai-sho Kusunoki und seine verräterischen Handlanger ihnen entgegenschleudern«, sagte Onkel Chandy. »Was sonst?«
Und das haben wir jetzt davon, dachte Cassie, als sie um das Schwerkraftdeck joggte, das sich unablässig um die Längsachse der Finnegaris Wake drehte. Sie trug ein ärmelloses weißes Rippenshirt über Jogginghosen und passenden Sportschuhen. Ihr langes dunkles Haar war straff zurückgekämmt und am
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