BattleTech 33: Der schwarze Drache
sagte der Mönch. »Ich bin ein Illuminatus des Ordens der Fünf Säulen. Nichts bleibt mir verborgen.«
Er trat vor und stellte sich vor Subhash. Der Direktor sah zu ihm auf. Ihre Blicke trafen sich.
Nach einem kurzen Moment wandte sich der Mönch ab. »Da ist... nichts. Er kann nichts tun.«
Ohta lächelte höhnisch; Toyama sah noch finsterer drein. »Nun, dann ist das ja erledigt«, sagte Tomita im Tonfall eines Zeremonienmeisters. Er schnippte in Richtung Angus. »Tritt vor, Bursche. Tu dem Alten den Gefallen.«
Angus trat vor wie ein Mann, der sich einem Erschießungskommando stellen muß. Subhash gestikulierte in seine Richtung. »Beuge dich vor, damit ich dich anschauen kann, junger Mann. Komm. Ich beiße nicht.«
Zögernd gehorchte Angus. Subhash streckte die Hand aus, prüfte die Knochenstruktur des Gesichts des jungen Mannes wie jemand, der sich überlegt, ein Pferd zu kaufen, drückte kurz einen Bizeps.
»Du bist ein starker, gesunder junger Mann, und dein Geist ist klar«, sagte der Lächler. »Warum hast du dann einer Teilnahme an diesem verräterischen Plan zugestimmt? Hältst du dich wirklich für würdig, Theodore zu ersetzen?«
Angus nahm Haltung an. »Ich begehre den Drachenthron nicht«, sagte er zu einer Stelle über dem weitgehend haarlosen Schädel des Direktors. »Aber meine Lehrer haben mir gezeigt, daß das selbstsüchtig ist. Ich bin ein Kurita; ich bin dem Drachen verpflichtet. Mein Vetter ermordete seinen Vater und schwächte das Kombinat mit seinen Reformen. Trotz Ninjo ist es meine Pflicht, ihn zu ersetzen.«
»Das haben sie dir erzählt, Junge?« fragte Subhash mit scheinbar echtem Schmerz. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, als sei er völlig erschöpft.
»Du hättest dem Drachen gut dienen können«, fuhr er fort. »Die anderen hier haben länger gelebt, als es dem Kombinat und dem Haus Kurita nutzt. Aber dein Tod wird ein tragischer Verlust sein.«
Ninyu Kerai Indrahar mochte keine Gefühle.
In seiner Jugend, in seinen ersten ruhmreichen Tagen als Spitzenmitarbeiter der ISA und Kamerad Theodore Kuritas war er leidenschaftlich gewesen. Und was hatte es ihm eingebracht? Entfremdung von dem Mann, der dann Koordinator wurde, weil ihm das Wohlergehen Theodores oft mehr am Herzen gelegen hatte als diesem selbst. Gefühle führten zu Fehlern, zu Flüchtigkeit etwa zu dem Flüchtigkeitsfehler, daß er seine gegenwärtige Beute am Leben gelassen hatte.
Die Hingabe an die Pflicht war wesentlich befriedigender.
Die Straßen des Vergnügungsviertels Yoshiwara schienen seltsam verlassen. Für gewöhnlich war die Stunde vor der Dämmerung im Ukiyo recht betriebsam, weil sich die letzten Kunden beeilten, vor Sonnenaufgang daheim zu sein und die weniger glücklichen Bewohner der Schwebenden Welt, die auf der Straße arbeiten mußten, sich von der Arbeit nach Hause schleppten. Heute aber hatte die Schwelgerei früh geendet, damit Kunden und Anbieter gleichermaßen sich unter die gewaltigen Menschenmengen mischen konnten, die sich am Imperial Way und auf dem Einheitsplatz versammelt hatten, um atemlos auf die Parade zu warten.
Rings um ihn schwärmte ein handverlesener Trupp der Söhne des Drachen und Metsuke in Zivilkleidung in und aus den Hostessenbars, Teesalons und Absteigen an der Straße der Vervollkommnung der Freude. Franklin Sakamoto war als Mann von eher frugalem Geschmack bekannt. Er zog es vor, seine Laster im Privaten auszuleben und hatte ausreichend vom Aussehen, dem Selbstvertrauen und Charisma seines Vaters geerbt, daß er weibliche Begleitung nicht bezahlen mußte, wenn ihm danach war. Er hatte sich auch in seiner Zeit mit den Sturmtruppen auf Somerset als recht schlau erwiesen und später eine Art Einmannkrieg gegen die Clans geführt. Ninyu Kerai setzte darauf, daß Sakamoto einfach deshalb beschlossen haben könnte, im Ukiyo unterzutauchen, weil niemand damit rechnete.
Sein Geist vermied es sorgfältig, sich an irgendwelche Strohhalme zu klammern. Er hörte im Geist ständig die Stimme seines Adoptivvaters, die ihn drängte, sich stets der Wahrheit zu stellen, egal wie schwer sie zu verkraften war. Alle Bemühungen, die er und eine kleine Armee von Ermittlern unternommen hatten, hatten keinerlei Hinweise auf Sakamotos Aufenthaltsort ergeben. Tief in Ninyu wuchs die Überzeugung seines Scheiterns wie Krebs im Endstadium.
Mein Vater glaubt, ich sei zur Nachfolge bereit, dachte er und hielt inne, um die Straße abzusuchen, auf der noch immer Nebel vom nahen Kado-guchi hing.
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