BattleTech 34: Der Vater der Dinge
und die weißgoldenen Insignien der 244. Division. Tukayyid. Er war dabei gewesen, und das war seine Verbindung mit jener Schlacht. Er sah den faltigen Aufnäher an, an einer Seite rußgeschwärzt, und er erinnerte sich - hörte wieder das Dröhnen der Autokanonen und die Schreie des Schlachtgetümmels.
Santin sah von den Venirs auf. Seine Gedanken waren noch immer auf Wanderschaft in den Korridoren der Erinnerung. Die Eidmeisterin stand neben ihm. Sie streute ein weißes Pulver in die Flammen und legte mehrere Hartholzscheite nach. Die Pulverkörner zuckten im Feuer leuchtend grün, blau und blutrot auf. Eidmeisterin Biccon Winters warf auch einige Kapseln in das hoch auflodernde Feuer. Sie enthielten Weihrauch, und ihr starker Duft packte Santin Wests Sinne und ließ sie nicht mehr los. Die teilweise noch feuchten Holzscheite krachten un d schleuderten Funken in die Nacht.
Seine Augen senkten sich zum Ursprung des wild tanzenden Feuers, und er fixierte die orangerot glühenden Kohlen im Zentrum des Infernos. Die mit schwarzen Flecken bedeckten Kohlen schienen in der Hitze zu flimmern. Er starrte sie an und erlebte ein Schwindelgefühl, konnte nicht sagen, ob er ins Herz der Flammen fiel oder gezogen wurde.
In der Glut sah er eine dunkle Silhouette. Er hielt sie in seinem Blick, un d sie schien Gestalt anzunehmen, wurde zu einer zuschlagenden Katze. Santin Wests Augen weiteten sich vor Erregung, als er sie anstarrte. Sie folgten den Umrissen der Katze, und eine zweite, gelborangefarbene Gestalt erschien zwischen den Kohlen. Wieder sah er eine jagende Katze, diesmal wie im Sprung eingefroren. Und aus der untersten Schicht der Kohlen stieg eine weitere Silhouette auf - jetzt nur der Kopf einer Katze - und wurde immer deutlicher. Die drei Bilder schimmerten in der vom Feuer aufsteigenden Hitze, aber alle drei wirkten so real, als wären sie lebendig.
Plötzlich rutschten die Scheite, un d stürzten hinab auf die Kohlen. Die Bewegung und das Krachen zerstörten seine Konzentration für einen Augenblick, un d als seine Augen sich nach dem Blinzeln wieder öffneten, stellte er fest, daß eine der Gestalten von den fallenden Scheiten ausgelöscht worden war. Die erste dunkle Gestalt war noch zu sehen, aber sie schien nicht mehr zu kämpfen, sondern stand nur reglos in den Flammen. Die andere, der Katzenkopf, war unbeschädigt, aber nu n schien sie sich vor seinen Augen zu verändern. Santins Atem ging stoßweise, sein Puls hämmerte wie der eines Pferdes in einem Rennen, aber er war unfähig, sich zu bewegen, hing in Raum un d Zeit gefangen über dem Feuer.
Der Kopf der Katze schien dunkler zu werden un d sich in einen grinsenden Totenschädel zu verwandeln. Er neigte sich vor ihm, wie in einem Zugeständnis. Santin West griff nach ihm, aber die Scheite verlagerten sich erneut und löschten den Katzenschädel aus, der ihn so teuflisch angegrinst hatte. Er ließ die Hand wieder aufs Knie fallen und schüttelte leise den Kopf.
»Du hattest eine Vision, Santin West, pos?« fragte eine Stimme von außerhalb seines Sichtfelds. Er wußte, daß sie Biccon Winters gehören mußte, der Eidmeisterin der Novakatzen und Bewahrerin des Ritus. In ihrem Tonfall lag eine Spur von Neid.
»Pos«, bestätigte er kaum hörbar, die Augen immer noch glasig und auf die Flammen gerichtet - in der Hoffnung, die Vision werde zurückkehren.
»Ausgezeichnet. Dies war dein vierter Versuch, Sterncolonel. Ich gratuliere dir. Viele, die den Ritus durchführen, erreichen ihr Ziel niemals ganz. Wir Novakatzen verstehen den Wert solcher Visionen. Seit unser Gründer Nicholas Kerensky die Vision hatte, die zur Gründung unserer Kultur führte, sind die Novakatzen-Krieger die einzigen, die solche Questen noch unternehmen. Es ist eine Verbindung zu unserer Vergangenheit und eine Brücke in unsere Zukunft.«
Santin West schwindelte. Sein Magen schmerzte und seine Muskeln protestierten. »Meine Vision - es war ...« Seine Stimme erstarb, als sein Verstand zu erklären versuchte, was er gesehen hatte.
Die Hand der Eidmeisterin sank auf seine Schulter. »Ich bin die Hüterin des Eids für unser Volk und die Bewahrerin dieses Ritus. Eine Vision ist heilig, und oft offenbart sie ihre Bedeutung erst mit dem Zug der Zeit.«
Santin verlagerte das Gewicht und streckte die Beine aus. Zu m ersten Mal in dieser Nacht stach die Kälte der Luft in seine Haut, als er sich bewegte. »Ihr versteht nicht. Ich muß begreifen, was ich gesehen habe.« Seine Gedanken
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