BattleTech 42: Feuer und Schwert
Vereinigten Commonwealth. Aber Victor Davion hatte zwei Brüder, ganz abgesehen von seinen zwei Schwestern, von denen eine sich von ihm losgesagt zu haben schien. Morgan stand auf der Thronfolgerliste, aber es hatte nie eine realistische Chance für ihn bestanden, es jemals ins Prinzenpalais zu schaffen.
Vielleicht war das in sich bereits ein Motiv für ein Attentat. Morgans Vater, Herzog Michael HasekDavion, war ein Anwärter auf den Thron gewesen, als das Davion-Reich noch auf die Vereinigten Sonnen beschränkt gewesen war. Sehr zum Mißfallen seines Erzeugers hatte Morgan in seiner Treue Hanse Davion und später dessen Sohn Victor gegenüber nie gewankt. Morgan hatte seinen Kindern sogar den Namen Hasek gegeben - und den Namen Davion abgelegt, den sein Vater als Ausdruck seiner Ambitionen angenommen hatte. War es denkbar, daß irgendein Anhänger Herzog Michaels immer noch verbittert genug über Morgans vermeintlichen Verrat an dessen Familie war, daß er seine Ermordung veranlaßt hatte?
Was war mit den Clans? Es gab Berichte, denen zufolge sie endlich einen eigenen Geheimdienst gegründet hatten, die sogenannte ›Wache‹. Konnten die Clans einen Agenten mit dem Auftrag in die Einsatzgruppe geschleust haben, deren Führungspersonal zu eliminieren? Dieser Gedanke erschien so absurd, daß Winston die Vorstellung verwarf, kaum daß sie aufgekommen war. Dazu hätten die Clans von der Existenz und dem Auftrag der Einsatzgruppe Schlange erfahren haben müssen, noch bevor deren Einheiten sich auf Defiance versammelt hatten. Und wenn das der Fall gewesen wäre, warum hätten sie so lange warten sollen, bevor sie zuschlugen? Wozu hätten sie überhaupt einen Attentäter einsetzen müssen? Warum hätten sie nicht einfach eine Kriegsflotte zusammengezogen und die Einsatzgruppe abgefangen, kaum daß sie die Waffenstillstandslinie überschritten hatte? Außerdem schien Meuchelmord den Ehrbegriffen der Clanner zuwiderzulaufen.
Winston löste sich aus dem Sessel und schob das Holobild ihres Vaters vorsichtig in die Schreibtischhalterung zurück. Sie durchquerte die Kabine und trat an den in der Schottwand montierten Kaffeeautomaten, um sich eine Trinkblase des bitteren, auf Sojabasis hergestellten Ersatzgebräus zu holen, auf das sie durch die lange Flugzeit inzwischen angewiesen waren. Als die heiße Flüssigkeit ihr Inneres wärmte, dachte sie weiter über das Rätsel nach, vor dem sie stand.
Konnte der Mord persönliche Gründe gehabt haben? Wer haßte Morgan genug, um seinen Tod zu wollen? Wer es auch war, es mußte ein Mitglied der Einsatzgruppe mit einem Zugang zum Quartier des Marshals sein.
Mehrere Minuten saß Winston so da und starrte mit leeren Augen auf den Papierstoß im Aktenkäfig des Schreibtischs, trank geistesabwesend von ihrem Kaffee-Ersatz, überdachte sämtliche Implikationen von Morgans Tod. Ihr wurde klar, daß sie bald eine formelle Erklärung für die anderen Kommandeure würde abgeben müssen, in denen sie diese davon in Kenntnis setzte, daß Morgan Opfer eines Mordanschlags geworden war.
Nein, das muß warten, bis wir handfestere Beweise als allein Andrews Verdacht haben, oder zumindest die vermutliche Todesursache kennen.
* * *
Drei Stunden später kannte Ariana Winston die vermutliche Todesursache.
Das schrille Schnarren des Interkoms fraß sich in ihre Nerven wie eine Feile. Sie schlug mit der flachen Hand auf den schwarzen Plastikkasten und bellte eine Bestätigung.
Am anderen Ende der Leitung war Captain Joel Donati, der Bordarzt der Unsichtbare Wahrheit. Der Sprecher des Interkoms verlieh seiner Stimme einen seltsam blechernen Klang. »Generalin, ich habe meine vorläufigen Untersuchungen gerade abgeschlossen. Ich warte noch auf ein paar Ergebnisse, aber ich kann bereits eine Aussage über die vermutliche Todesursache machen. Es sieht nach ...«
»Nicht, Doktor«, unterbrach Winston ihn. »Ich möchte das nicht über eine ungesicherte Leitung erfahren. Melden Sie sich in meinem Büro. Wir werden uns hier darüber unterhalten.«
Ein paar Minuten später erklang ein scharfes Klopfen an der Luke. Als sie aufglitt, trat Dr. Donati in die Kabine und setzte sich auf einen der Stühle vor Winstons Schreibtisch, ohne auf ihre Einladung zu warten.
Winston war es egal. Sie schien ebenso begierig darauf zu hören, was er ihr zu sagen hatte, wie er, es loszuwerden. Sie beugte sich vor, die Ellbogen auf den Schreibtisch gelegt. »Ich bin ganz Ohr, Dr. Donati. Sie kennen die Todesursache?«
»Ja,
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