BattleTech 58: Drohendes Verhängnis
Kampfhandlungen hatten sich anderthalb Jahre hingezogen. Inzwischen war das System wieder sicher in die Reihen der Mark Capella zurückgekehrt, doch vorher hatten Tausende in den brutalen Kämpfen das Leben gelassen.
»Es schmerzt immer noch?«, bemerkte Chad. Das war keine Frage.
»Wie könnte es nicht schmerzen? Mit elf haben wir uns mit Schneebällen beworfen. Wir haben dieselben Schulen besucht. Waren beide in Warrior's Hall, sind beide in die Füsiliere eingetreten. Wir haben einander geliebt wie die Geschwister, die wir beide nicht hatten. Sie war eine Panzerfahrerin. Na und? Ohne Andrea würde ich mich vermutlich wie die meisten MechKrieger verhalten: zu arrogant, zuzugeben, wie wichtig Panzereinheiten sein können. Und jetzt, neun Monate später, wünschte ich immer noch, ich hätte um ihre Hand angehalten, als ich die Chance dazu hatte.«
Chad sagte ein paar Sekunden nichts. »Viel gemeinsame Zeit hättet ihr nicht gehabt. Immerhin war sie bei den Sechsten.«
»Besser als gar nichts«, stellte er fest und strich sich mit der Hand über den rasierten Schädel. »Das haben wir jetzt.« Andrea Jacobsen und ihre Einheit waren bei dem Versuch getötet worden, die 5. Davion Guards aus einer Falle zu befreien, in der auch die Guards umgekommen waren.
»Es hätte nur noch schlimmer geschmerzt«, meinte Chad leise.
»Wie wäre das möglich? Ich kann mir keine schlimmeren Schmerzen vorstellen, als ich sie ...«
Chad blieb einen Moment stumm. »Und trotzdem hasst du nicht?«, fragte er.
Grayson schüttelte den Kopf. »Das wäre, als würde ich ihr Andenken verhöhnen. Sie war Soldatin und tat ihre Pflicht, aber keiner von uns beiden war je davon überzeugt, dass ein Bürgerkrieg irgendetwas lösen kann.«
»Ich verstehe einfach nicht, wie du dein Mädchen an die Lyraner verlieren kannst, ohne es persönlich zu nehmen. Glaubst du etwa, die Light Guards nehmen es nicht persönlich, dass die Schlappschwertbrigade letzten Monat bei der Eroberung Kathils untergegangen ist?«
»O ja, ich bin überrascht, dass wir General Quarles noch nicht haben schreien hören«, erwiderte er. »Sie lässt normalerweise keinen Zweifel daran, wenn ihr was nicht gefällt.«
Sie schwiegen beide, jeder in der Erwartung, der Andere würde lachen. Aber ihnen war beiden nicht danach zumute. Am Untergang einer so großen und angesehenen Einheit war nichts Komisches.
»Wie viele Einheiten macht das jetzt?«, fragte Chad nach einer Weile.
Wie alle Soldaten in der Mark Capella, wenn nicht im ganzen Bürgerkrieg, hatte Grayson den schier endlosen Kampf um Kathil genau verfolgt. Das möglicherweise zweitbedeutendste System des ganzen CrucisRaums war Standort einer der größten Sprungschiffwerften der Inneren Sphäre und ohne Sprungschiffe war kein interstellarer Raumflug möglich. Beide Seiten hatten eine Einheit nach der anderen in den Fleischwolf der Schlacht geworfen, um die Oberhand zu gewinnen und sich Welt und Werft zu sichern.
Er zählte die verlorenen Einheiten an den Fingern ab. »Der 2. NAIW-Ausbildungskader wurde bei den Anfangsgefechten aufgerieben. Die MCM Kathil in der ersten Welle. Die 8. V-C Regimentskampfgruppe wurde in der zweiten Welle vernichtet, die 1. Capella-Dragoner und 8. Donegal Guards RKG in der dritten. Den Berichten zufolge, die ich gesehen habe, wurden die 2. Chisholm's Raiders und die 5. Davion Guards RKG in den jüngsten Kämpfen ausgelöscht.«
Chad schüttelte traurig den Kopf. »Und die 6. Füsiliere sind so nahe daran, zerschlagen zu werden, wie man nur sein kann, ohne jeden Zusammenhalt zu verlieren. Wäre im Januar nicht die 1. FS Armored Cavalry eingetroffen, um die 6. zu entsetzen, würden heute die Raiders das System kontrollieren und nicht wir.«
»Es ist eine Farce«, erklärte Grayson.
Chad hob ironisch die Augenbrauen. »Das klingt fast wie Verrat.«
Grayson lachte bitter. »Erstaunliche Worte aus dem Mund eines Söldners.« Er und Chad hatten schon endlos über den Bürgerkrieg debattiert. Die Vanguard Legion war berühmt für ihre Feindseligkeit der Lyranischen Allianz gegenüber, und Chad hatte keine Mühe, in diesem Konflikt Position zu beziehen.
»Ich wiederhole nur, was du mir so lange erzählt hast.«
»Es ist kein Verrat, dieses Abschlachten zu hassen«, stellte Grayson fest. »Wann hast du zuletzt so viele Einheiten bis zum Untergang kämpfen sehen? Selbst während der Clan-Invasion haben die meisten Einheiten ihr Bestes gegeben und sich dann zurückgezogen, um später weiterkämpfen zu können.
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