BattleTech 58: Drohendes Verhängnis
widerliches Gebräu zu schlucken, aber er sprach trotzdem. »Hoheit, Victor ist vielleicht abgetaucht, aber ich würde ihn noch nicht auszählen. Wie Euer Hoheit selbst oftmals bemerkt haben: Er mag nicht über Euer politisches Geschick verfügen, aber er ist ein Soldat. Bis Ihr seinen frischen Leichnam zu Euren Füßen seht, halte ich es für unklug, ihn besiegt zu wähnen.«
Katrina hob eine Augenbraue, und Gallagher reagierte mit hörbarem Schlucken. Sie fragte sich, woher er den plötzlichen Mut nahm. So hatte er noch nie mit ihr gesprochen.
»Ich sagte nicht: Der Krieg ist vorbei. Ich sagte: Er nähert sich dem Ende.« Sie legte die Handfläche auf die glatte Mahagoniplatte des Schreibtischs. »Sie haben Recht, mein Bruder ist ein ausgezeichneter Soldat. Möglicherweise einer der Besten seit den Tagen Aleksandr Kerenskys. Aber was hat ihm das bis jetzt gebracht?« Sie machte eine rhetorische Pause, in der sie Gallagher weiter fixierte. »Er hat einen närrischen Versuch unternommen, sich in meiner Welt, der Politik, durchzusetzen, und ich habe ihm seinen Irrtum aufgezeigt. Auf eine Weise aufgezeigt, von der ich überzeugt bin, dass sie ihn zerstört hat. Ja, er ist ein guter Soldat, aber er ist zu offenherzig, und das ist seine Schwachstelle. Er wird diesen Rückschlag nicht verwinden, Marschall. Dazu kenne ich meinen Bruder zu gut. Und was den frischen Leichnam betrifft, wenn er hier auftaucht, werde ich ihm liebend gerne einen Pflock ins Herz stoßen. Er ist einmal zu oft aus dem Grab aufgestanden. Aber ich bin nicht seinetwegen hier. Ich halte es für an der Zeit, einem meiner Adligen deutlich zu machen, dass ich über die Vereinigten Sonnen herrsche und dass Gehorsam und Loyalität seine Pflicht sind, nicht nur eine Geste.«
Gallagher nickte ernst. »Sie sprechen von Tancred Sandoval?«
Katrina schnaubte abfällig und schlug leise auf den Schreibtisch. »Von diesem Emporkömmling? Kaum. Das ist ein Kampf zwischen Vater und Sohn, und man hat mir versichert, dass es dabei bleibt. Nein, ich rede von einem weit schmerzhafteren Stachel in meinem Fleisch.«
Langsam trat ein kränklicher Ausdruck auf Gallaghers Züge, und mehrere Pulsschläge lang hing Schweigen im Raum. Er hatte offensichtlich einen Widerspruch vorzubringen, und Katrina fragte sich, ob er das Rückgrat besaß, ihn auszusprechen. Zu ihrer Überraschung räusperte er sich und sprach, wenn es sich auch anhörte, als versuche er, mit bloßen Händen einen BattleMech zu heben.
»Hoheit, ist das klug? Bisher waren in diesem Krieg alle Kämpfe zwischen Euren Einheiten und den Truppen, die Duke Hasek Gefolgschaft schwören, spontan. Ich gestehe ein, er ist aufmüpfig und muss gestoppt werden. Aber in den Augen vieler Soldaten wandelt er auf einem schmalen Grat, der es ihm ermöglicht hat, nicht offen zum Rebellen zu werden. Direkt gegen ihn vorzugehen, könnte einen Teil der Regimenter, die Euch unterstützen, in sein Lager treiben. Oder schlimmer, in das Eures Bruders.«
Katrina musterte Gallagher mit stechendem Blick. Plötzlich und unerwartet hatte er Rückgrat entwickelt. Irgendwie hatte in den letzten Monaten seine Nützlichkeit ein Ende gefunden. Sie besaß reichlich andere Generäle, nicht zuletzt den Marshal of the Armies Jackson Davion, um sie vor den militärischen Konsequenzen ihrer Pläne zu warnen. Simons Aufgabe bestand darin, ihre Befehle zu bestätigen und einen Weg zu finden, die normale Befehlskette über Jackson zu umgehen. Irgendeine andere Verwendung besaß er nicht, und da er sich allmählich einzubilden schien, tatsächlich Bedeutung zu haben, wurde es Zeit, einen neuen Fußabtreter zu finden. Vielleicht war es überhaupt nur soweit gekommen, weil sie sich zu sehr von anderen Belangen hatte ablenken lassen. Sie schüttelte leicht den Kopf und antwortete ihm mit leiser Stimme, aber eiserner Entschlossenheit.
»Marschall, falls es Regimenter gibt, die sich einbilden, sich gegen mein Recht stellen zu können, das Gesetz durchzusetzen, wird es Zeit, sie aus ihren Löchern zu scheuchen. Sie sind nicht loyal genug. Aber um George Hasek brauchen Sie sich nicht zu sorgen. Wenn es an der Zeit ist, werde ich Beweise für seinen Verrat haben. Von Ihnen erwarte ich nur, dass Sie den entsprechenden Regimentern die Befehle erteilen.«
»Ja, Hoheit.« Er klang müde und ergeben.
Ohne auf einen Compblock oder in eine Akte zu schauen, rasselte er Namen und Listen von Regimentern herunter, die in Reichweite von New Syrtis standen und verfügbar
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