BattleTech 59: Stuerme des Schicksals
rechtzeitig zur letzten Ratssitzung zurück in den Ballsaal zu kommen. Als sie Victor schon auf der Galerie sitzen sah, hatte sie sich einen Augenblick Zeit genommen, ihm zuzunicken. Sein verwirrtes Stirnrunzeln hatte ihr gefallen. Nondi Steiner wirkte nicht minder entgeistert über ihre Begrüßung Victors, doch Katrina ignorierte ihre fragenden Blicke.
Gavin Dow erhob sich und bat mit leichten Handbewegungen um ein Ende des Beifalls. »Im Namen Prima Sharilar Moris, des Ersten Bereichs und ganz ComStars nehmen wir diese großzügige Geste an. Wir bedanken uns bei Archon-Prinzessin Katrina Steiner-Davion dafür, dass sie im Rat das Wort zu unseren Gunsten ergriffen hat.«
»Ja, ja«, warf Sun-Tzu von seinem Platz aus ein, ohne das Wort erhalten zu haben. Heute teilte er den Tisch nur mit Naomi Centrella, und er schien sich in Abwesenheit seiner Tante von jeder Verpflichtung befreit zu fühlen, die Verfahrensregeln der Konferenz einzuhalten. Oder die Grundregeln der Höflichkeit. »Wir wären sicher alle beglückt, Näheres über Ihre Schuld bei der Archon-Prinzessin zu erfahren. Vielleicht könnten Sie uns diesbezüglich einen formellen Bericht zukommen lassen.«
Dow wirkte angesichts dieses Anschuldigung einen Moment lang sprachlos. Thomas Marik kam ihm zu Hilfe und erhob sich auf Theodores Nicken von seinem Platz. »Kanzler Liao, Ihre Bemerkungen sind unerbeten und ungerechtfertigt. Falls Sie Einwände haben, hätten Sie die vor der Abstimmung vorbringen müssen.«
Katrina stand auf, als Thomas sich wieder setzte, und machte sich in Gedanken Vorwürfe, weil sie dem älteren Fürsten die Gelegenheit überlassen hatte, auf Sun-Tzus Verfahrensbruch zu reagieren. Sie hätte ihm zuvorkommen müssen. Aber jetzt war es besser, ein Stocken der Debatte zu verhindern.
»Was das Thema Abstimmung betrifft, Erster Lord Kurita, möchte ich vor unserem letzten Tagesordnungspunkt noch etwas feststellen.«
Sun-Tzu erhob sich ebenfalls. Er trug eine rote Robe aus schwerem Brokatstoff, auf deren Vorderseite goldene Drachen aufgestickt waren. Auf dem Rücken prangte der chinesische Tierkreis. Mit seinen grünen Augen und dem grausam schmallippigen Mund wirkte er wie das Urbild eines Liao. »Sie haben noch einen Antrag?«, spottete er. »Vielleicht sollten wir die Konferenz um einen Tag verlängern.«
»Ich bezog mich auf unsere letzte Aufgabe, die Wahl eines neuen Ersten Lords«, gab Katrina auf halbem Wege zum Rednerpult in eisigem Ton zurück. »Falls Sie Ihre Ungeduld im Zaume halten können, Sun-Tzu, werden wir Sie nicht länger aufhalten als nötig.«
»Nur sind wir bereits über Gebühr aufgehalten worden, und nichts von dem, was hier heute noch verhandelt wird, betrifft mich oder mein Volk. Falls Sie mich also entschuldigen, Katrina, würde ich jetzt gerne in mein Reich zurückkehren.« Sun-Tzu schob mit den Oberschenkeln den Sessel zurück, trat einen Schritt zur Seite und bot Naomi Centrella den Arm.
»Kanzler Liao, unsere offiziellen Geschäfte sind noch nicht abgeschlossen«, mischte Theodore sich in seiner Funktion als Erster Lord ein. »Sie sind verpflichtet, an allen öffentlichen Abstimmungen teilzunehmen.«
Naomi Centrella legte eine Hand auf den Arm des Capellaners. Ob sie versuchte, ihn aufzuhalten, oder sich darauf vorbereitete, ebenfalls aufzustehen, ließ sich nicht erkennen.
»Ich bin nur verpflichtet, meine Stimme abzugeben«, antwortete Sun-Tzu. »Also werde ich es uns allen einfach machen. Bezüglich der Wahl des Ersten Lords und ungeachtet aller Nominierungen oder Argumente ...« Sein undurchschaubarer Blick glitt langsam über die anderen Tische. »... enthält sich die Konföderation Capella restlos und ohne Vorbehalt der Stimme.«
In der Stille, die auf diese Ankündigung folgte, verneigte er sich knapp und halb spöttisch hinüber zu Theodore Kurita. »Damit ist die capellanische Beteiligung an der diesjährigen Konferenz wohl abgeschlossen.«
Hinterhältige, heimtückische Schlange!, wollte Katrina schreien. Stattdessen ging sie äußerlich gelassen weiter, vorbei an den Tischen Capellas und ComStars, während sie sich ausmalte, was sie mit Sun-Tzu alles anstellen würde, wenn ihre Truppen ihn erst von Sian in ihre Kerker geholt hatten. Dann, als sie am Rednerpult ankam, musste sie sich eingestehen, dass er sich exakt an die Buchstaben seiner Versprechungen gehalten hatte. Er hatte sich ihr in keinster Weise in den Weg gestellt, und durch die Enthaltung seine Unabhängigkeit
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