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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Erfreuliches und Vergnügliches schicken willst, auf dass sich Unsere Mildtätigkeit daran ergötze. Insofern ich Mensch bin, nehme ich die Gabe gern an und schicke Dir durch einen Unserer Apokrisiare ein Zeichen von Uns, begleitet vom Wunsche zu wissen, ob Du mit Uns dem rechten Glauben folgst und ob Du in allem an Unseren Herrn Jesus Christus glaubst. Während ich nämlich sehr wohl weiß, dass ich Mensch bin, halten Deine Graeculi Dich für einen Gott, Wir aber wissen sehr wohl, dass Du sterblich bist und der menschlichen Hinfälligkeit unterliegst. In Anbetracht der Größe Unserer Freigebigkeit: Wenn Dir etwas dienlich ist, was Dir Vergnügen bereiten könnte, lass es Uns wissen, sei es durch einen Wink gegenüber Unserem Apokrisiar oder durch ein Zeugnis Deiner Liebe .
     
    »Hier sind der Merkwürdigkeiten ein bisschen viele«, fand Rabbi Solomon. »Einerseits behandelt er den Basileus und seine ›Graeculi‹ mit einer Herablassung und Verachtung, die an Beleidigung grenzt, andererseits benutzt er ein Wort wie Apokrisiar , das mir griechisch vorkommt.«
    »Es heißt genau Botschafter, Emissär, wie wir geschrieben haben«, sagte Baudolino. »Aber hört weiter zu. Wo es bei uns hieß, an der Tafel des Priesters säßen der Metropolit von Samarkand und der Erzpriester von Susa, ist hier die Rede vom Protopapaten Sarmagantinum und vom Archiprotopapaten de Susis . Und hier, unter den Wundern des Reiches wird ein Kraut namens Assidios genannt, das die bösen Geister austreibt. Drei weitere griechische Wörter.«
    »Also«, sagte der Poet, »ist der Brief von einem Griechen geschrieben worden, der jedoch die Griechen sehr schlecht behandelt. Das verstehe ich nicht.«
    Unterdessen hatte Abdul das Pergament in die Hand genommen. »Da ist noch mehr«, sagte er. »Wo wir die Pfefferernte erwähnt haben, werden noch weitere Einzelheiten genannt. Hier ist hinzugefügt worden, dass es im Reich des Johannes nur wenige Pferde gibt. Und hier, wo wir nur die Salamander genannt haben, heißt es, dass sie eine Art von Würmern sind, die sich mit einem Häutchen umgeben wie die Würmer, welche die Seide hervorbringen, und dass diese Häutchen von den Frauen des Palastes bearbeitet werden, um daraus königliche Kleider und Tücher zu machen, die sich nur in lodernden Flammen waschen lassen.«
    »Was, was?« fragte Baudolino alarmiert.
    »Und schließlich«, fuhr Abdul fort, »stehen hier in der Liste der Wesen, die das Reich bewohnen, zwischen denMenschen mit Hörnern, Faunen, Satyrn, Pygmäen und Kynozephalen auch Methagallinarii, Cametheterni und Thinsiretae, lauter Kreaturen, die wir nicht genannt haben.«
    »Bei der gottgebärenden Jungfrau!« rief Baudolino aus. »Die Geschichte mit den Würmern hat mir Zosimos erzählt! Und es war Zosimos, der mir gesagt hat, dass es laut Kosmas Indikopleustes in Indien keine Pferde gibt! Und es war auch Zosimos, der mir die Methagallinarii und diese anderen Viecher hier genannt hat! O dieser Hurensohn, dieser verfluchte Dreckskerl, dieser Dieb, Betrüger, Fälscher, Verräter, Heuchler, Lügner, Lüstling, Wüstling, Halunke, Strolch, Straßenräuber, Verbrecher, Ketzer, Gotteslästerer, Wucherer, Sodomit, Simonist, Zwietrachtstifter und Tückebold!«
    »Was hat er dir denn getan?«
    »Versteht ihr noch immer nicht? An dem Abend, als ich ihm den Brief gezeigt hatte, da hat er mich betrunken gemacht und sich eine Abschrift angefertigt! Dann ist er zu seinem verdammten Basileus zurück, hat ihm eingeblasen, dass Friedrich dabei sei, sich als Freund und Erbe des Priesters Johannes zu offenbaren, und da haben sie gemeinsam einen anderen Brief aufgesetzt, der an Manuel gerichtet ist, und sind uns zuvorgekommen, bevor wir unseren in Umlauf gebracht haben. Deswegen gibt er sich hier so hochnäsig gegenüber dem Basileus, damit einem nicht der Verdacht kommt, dass er von seiner eigenen Kanzlei produziert worden ist! Deswegen enthält er so viele griechische Wörter, damit der Eindruck entsteht, dies sei die lateinische Übersetzung eines griechischen Originals von Johannes. Aber er ist auf Lateinisch abgefasst worden, denn er soll ja nicht den byzantinischen Basileus überzeugen, sondern die Kanzleien der lateinischen Herrscher und den Papst!«
    »Hier ist noch etwas, das wir übersehen haben«, sagte Kyot. »Erinnert euch an die Sache mit dem Gradal, den der Priester dem Kaiser schicken wollte: Wir hatten uns sehr zurückhaltend ausgedrückt und nur eine echte Lade, veram arcam , erwähnt ...

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