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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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er verblüfft zu Baudolino: »Der Heiltrank eines Juden wird zum Blute des falschen Messias ... Möge der Heilige, der gesegnet immerdar sei, mir verzeihen. Aber schließlich, diese Geschichte vom Messias habt ihr Gojim erfunden, nicht Jeschua von Nazareth, der war ein Gerechter, unsere Rabbiner erzählen, er habe den Talmud bei Rabbi Josua ben Pera'hia studiert. Im übrigen gefällt mir dein Kaiser, und ich denke, man muss den Regungen des Herzens gehorchen.«
    Friedrich hatte den Gradal aus dem Schrein genommen und wollte ihn gerade wieder zurückstellen, da unterbrach ihn Kyot. An jenem Abend fühlten sich alle berechtigt, das Wort an den Kaiser zu richten, ohne aufgefordert zu sein; es hatte sich ein Klima der Vertrautheit zwischen jenen wenigen Getreuen und ihrem Herrn gebildet, die da gleichsam verschanzt waren an einem Ort, von dem sie noch nicht wussten, ob er gastlich oder feindlich sein würde. So sagte nun also Kyot: »Herr, denk nicht, dass ich Zweifel an Rabbi Solomon hätte, aber auch er könnte getäuscht worden sein. Erlaube mir, von dieser Flüssigkeit zu kosten.«
    »Herr, auch ich bitte dich, lass Kyot trinken«, sagte Rabbi Solomon.
    Friedrich nickte. Kyot hob die Schale feierlich mit beiden Händen und führte sie an seinen Mund, als vollziehe er die heilige Kommunion. In diesem Augenblick schien auch Baudolino, als verbreite sich ein intensives Licht durch den Raum, aber vielleicht war es eine der Fackeln, diegerade besser zu brennen begann, weil die Flamme auf einen größeren Batzen Harz gestoßen war. Kyot verharrte ein Weilchen so und bewegte nur leicht den Mund, um den kleinen Schluck, den er genommen hatte, besser aufzusaugen. Dann drehte er sich um, die Schale dicht vor der Brust, und stellte sie vorsichtig in ihren Schrein zurück. Danach verschloss er jenes Tabernakel sehr langsam, um nicht das kleinste Geräusch zu machen.
    »Ich rieche den Weiheduft«, murmelte Boron.
    »Seht ihr diesen Lichtschein?« fragte Abdul.
    »Alle Engel des Himmels steigen zu uns hernieder«, sagte Zosimos überzeugt und bekreuzigte sich verkehrt herum.
    »Dieser Hundesohn«, flüsterte der Poet Baudolino ins Ohr. »Unter diesem Vorwand hat er seine heilige Messe mit dem Gradal zelebriert, und wenn er in seine Heimat zurückkehrt, wird er sich überall damit brüsten, von der Champagne bis zur Bretagne.« Baudolino flüsterte zurück, er solle nicht so giften, Kyot agiere wirklich wie einer, der in den höchsten Himmel entrückt ist.
    »Niemand wird uns mehr beugen können«, sagte Friedrich, von einer tiefen mystischen Rührung ergriffen. »Bald wird Jerusalem befreit sein. Und dann machen wir uns alle zusammen auf, um diese hochheilige Reliquie dem Priester Johannes zurückzubringen. Baudolino, ich danke dir sehr für das, was du mir gegeben hast. Jetzt bin ich wirklich Rex et Sacerdos ...«
    Er lächelte, und gleichzeitig zitterte er. Die kurze Zeremonie schien ihn heftig erregt zu haben. »Ich bin müde«, sagte er. »Baudolino, ich verschließe das Zimmer jetzt mit diesem Riegel. Haltet gut Wache, und habt Dank für eure Ergebenheit. Weckt mich erst, wenn die Sonne hoch am Himmel steht. Dann werde ich schwimmen gehen.« Sprach's und fügte noch hinzu: »Ich bin furchtbar müde, ich würde am liebsten jahrhunderte- und aberjahrhundertelang schlafen.«
    »Eine lange ruhige Nacht wird dir reichen, mein Vater«, sagte Baudolino liebevoll. »Du musst nicht frühmorgens schwimmen gehen. Wenn die Sonne hoch steht, ist das Wasser nicht mehr so kalt. Schlaf gut.«
    Sie gingen hinaus. Friedrich schloss die Tür, und sie hörten das Scharren des Riegels. Dann verteilten sie sich auf die Bänke rings an den Wänden.
    »Uns steht hier kein kaiserlicher Abort zur Verfügung«, sagte Baudolino. »Gehen wir rasch unsere Bedürfnisse im Hof verrichten. Immer nur einer, damit der Saal hier nie unbewacht bleibt. Dieser Ardzrouni mag ja ein braver Mann sein, aber wir dürfen uns nur auf uns selbst verlassen.« Nach einer Weile waren alle wieder da. Baudolino löschte das Licht, sagte allen gute Nacht und versuchte einzuschlafen.
     
    »Ich hatte irgendwie ein dummes Gefühl, Kyrios Niketas, ohne zu wissen, warum. Ich schlief unruhig und wachte nach kurzen wirren Träumen wieder auf, als hätte ich einen Albtraum gehabt. Im Halbschlaf erschien mir meine arme Colandrina, sie trank aus einem Gradal, der aus schwarzem Stein war, und sank tot zu Boden. Eine Stunde später hörte ich ein Geräusch. Auch der Waffensaal hatte ein

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