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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Tisch zu Pinkus. »Feiner Vertreter, was? Sind Sie stolz drauf, wie?«
    Und der, ganz erstaunt: »Auf den blöden Bluff von Padberg fallen Sie rein? Sie können einem ja leid tun.«
    Der Kommissar sagt weiter aus. Jetzt erfährt man, daß er derjenige Zeuge ist, der den Dentisten Czibulla mit einem Schirm oder Stock gesehen hat, mit was von beiden, das kann er nicht genau sagen. Irrtum ausgeschlossen.
    Czibulla fährt hoch. »Herr Präsident, ich habe nun beinahe das biblische Alter. Sehe ich aus, als wenn ich große Polizeibeamte mit Stöcken stieße?«
    Der Vorsitzende wiegt lächelnd den Kopf hin und her. Dann verweist er dem Czibulla den Eingriff in die Verhandlung.
    Der Kommissar ist weiter voll von Sonderbeobachtungen. Gewichtig sagt er aus, gegen Henning, gegen Padberg, gegen Czibulla, gegen Feinbube, gegen Benthin, gegen Banz, er sagt aus. Er sagt aus.
    Schließlich atmet alles auf, als er den Mund zumacht. Selbst Pinkus hat die letzte halbe Stunde nicht mehr mitgeschrieben.
    Der Kommissar steht da, der Zeuge par excellence, der Sachverständige, den nichts erschüttert.
    Der Vorsitzende fragt gelangweilt, ob an den Zeugen noch Fragen zu stellen sind oder ob er entlassen werden könne.
    Da erhebt sich – und alles ist überrascht – der Verteidiger und bittet, den Zeugen noch nicht zu entlassen, da eine wichtige Zeugenaussage bevorstehe, zu deren Bestätigung er notwendig sei. Der Zeuge wird nicht entlassen, darf aber im Zuhörerraum Platz nehmen. In der ersten Reihe. Da sitzt er nun, er sieht wichtig und zufrieden aus, und hört zu.

    |614| 3

    Als nächste Zeugin betritt Fräulein Herbert den Saal, Tochter des verstorbenen Volksschullehrers Paul Herbert. Sie ist siebenundfünfzig Jahre alt, eine energische Dame, die sich nicht geniert. Sie leistet den Eid in der religiösen Form.
    »Zeugin«, sagt der Vorsitzende, »Sie haben sich sowohl an den Herrn Verteidiger wie an mich schriftlich gewandt, Sie hätten wichtige Bekundungen zu machen. Wollen Sie uns mal erzählen, was Sie beobachtet haben? Sie wohnen ja wohl in dem Eckhaus Stolper Torplatz und Burstah?«
    Die Zeugin ist ungeduldig hin und her getreten, jetzt ruft sie: »Herr Präsident, ich bin ja so empört! Ich bin ja so empört! Ich habe die Zeitungen gelesen über Ihre Verhandlungen hier. Das ist ja alles nichts, Herr Präsident. Das ist ja nicht das.«
    Sie holt Atem. Der Vorsitzende betrachtet sie mit schiefgelegtem Kopf, unentschlossen, von unten, der Herr Staatsanwalt beginnt sich wieder zu entrüsten, das Publikum stößt sich gegenseitig an und macht sich nachdrucksvoll auf das aufmerksam, was jeder vor Augen hat.
    »Olle Schreckschraube«, murrt Stuff.
    Aber die olle Schreckschraube läßt sich nicht im geringsten verwirren, sie weiß, was sie will.
    »Herr Präsident, ich habe auf meinem Balkon gesessen, ich habe meine Handarbeit gemacht. An nichts Böses habe ich gedacht. Und plötzlich war es doch … nein, Herr Präsident, und wenn ich in fünfzig Jahren sterbe, ich werde es noch vor Augen sehen …
    Ich habe gelesen, hier wird verhandelt, wie die Polizei vorgegangen ist, und ob sie erst eine Aufforderung an den Fahnenträger gerichtet haben oder gleich zugeschlagen und ob sie die Gummiknüttel oder Säbel benutzt haben. Ich habe gelesen, daß der Herr Frerksen hier gestanden und gesagt hat, er hat es richtig gemacht und er kennt die Gesetze und die Verordnungen. Ich kenne den Herrn Frerksen, seit er ein Junge ist.«
    |615| Sie dreht sich um, sie sieht suchend in den Zuschauerraum. In der ersten Reihe entdeckt sie Frerksen, und sie spricht ihn an.
    »Herr Frerksen, ich kenne Sie ja als einen ruhigen Mann, ich kenne Sie als einen höflichen Mann. Aber was Sie den Nachmittag gemacht haben, das ist eine Schande, da hilft kein Drumreden, da müssen Sie sich schämen. Ewig müssen Sie sich schämen …«
    Frerksen hat sich erhoben, er sagt, rot begossen, flehend zu dem Vorsitzenden: »Herr Landgerichtsdirektor …«
    Und dieser: »Fräulein Herbert, Sie müssen zum Gerichtshof reden. Sie dürfen nicht zu Zeugen und Zuschauern sprechen. Können Sie uns jetzt vielleicht ruhig erzählen, was Sie beobachtet haben?«
    »Ja, natürlich. Ich fange sofort an. Ich mußte es ihm nur einmal sagen, grade weil er sonst ein netter Mensch ist, wie schlecht er den Nachmittag gewesen ist. Ins Gesicht muß man ihm das sagen, Herr Vorsitzender, nicht immer hinter dem Rücken …«
    »Es ist ja gut. Es ist ja gut«, beruhigt der.
    »Famoses Frauenzimmer«,

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