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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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erklärt Stuff. »Zehn solche, und nicht die Bauern, die Polizei säße auf der Anklagebank«
    »Was das für ein Vorsitzender ist«, meint Pinkus, »möchte ich auch wissen. Bei dem tut jeder, was er will.«
    Die Herbert beginnt neu: »Ich saß auf dem Balkon, und da sah ich den Frerksen angelaufen kommen. Ich sah gleich, da war was nicht in Ordnung. Er ist doch sonst so geschniegelt, und wie sah der Mann aus. Und er lief so rücksichtslos, wer ihm nicht auf zehn Schritte aus dem Wege ging, den rannte er einfach an, da gab es gar nichts.
    Dann stellte er sich auf die Verkehrsinsel und schickte den Schutzmann weg. Unterdes sah ich die Bauern kommen. Und von der andern Seite kam plötzlich Polizei, ein Riesentrupp, mindestens vierzig Mann.«
    »Etwa zwanzig, ist festgestellt.«
    »Ausgeschlossen. Ganz ausgeschlossen. Mindestens vierzig, |616| vielleicht fünfzig. Und auf die beginnt er einzureden, mit den Händen fuchtelt er in der Luft herum, und plötzlich fangen sie alle an, gegen die Bauern vorzulaufen, Herr Frerksen an der Spitze. Und manche hatten die Gummiknüttel in der Hand und manche Säbel, und manche zogen erst während des Laufens den Säbel aus der Scheide.«
    »Hat Herr Frerksen auch einen Säbel in der Hand gehabt?«
    »I wo, Herr Präsident, das müßten Sie doch wissen. Das stand doch schon x-mal in jeder Zeitung, daß der hinter dem Denkmal steckte. Herr Frerksen hat nur mit den Händen gefuchtelt.
    Und nun passen Sie auf, Herr Präsident. Ich habe doch alles gelesen in den Zeitungen von der Verhandlung, aber davon habe ich nichts gelesen. Wo ist der Herr Frerksen geblieben, als der Angriff losging? Seine Leute sind immer schneller gelaufen, je näher es an die Bauern heranging, und Herr Frerksen ist immer langsamer gelaufen. Und als die Mannschaften anfingen und hieben mit dem Säbel auf die Bauern ein, da war Herr Frerksen zehn Schritte hinter seinen Leuten. Und näher ist er die ganze Zeit nicht an den Kampf herangegangen.«
    »Sie haben selbst gesagt, Zeugin, daß er keine Waffe hatte.«
    »Dann hätt er sich von seinen Leuten einen Säbel geben lassen sollen«, erklärt energisch Fräulein Herbert. »Wenn man so was anrichtet, dann darf man doch nicht zehn Schritte davon ab stehenbleiben, dann muß man doch mindestens mitmachen. Ich hätte es wenigstens so gemacht, Herr Präsident, ich bestimmt.«
    Der Vorsitzende betrachtet sie, sein Gesicht strahlt von einer sanften Ironie. »Und was geschah dann, Fräulein Herbert?«
    »Dann? Dann ging die Schlägerei los. Das haben Sie ja mindestens schon zwanzigmal gehört. Aber das sage ich Ihnen, Herr Präsident, wie die mit dem jungen Mann da«, sie dreht sich um, sucht auf der Bank der Angeklagten, entdeckt |617| Henning und sagt erfreut: »Da ist er ja. Das ist der Herr Henning … Wie die mit dem umgesprungen sind, das war einfach grausam. Der lag doch auf der Erde und hatte seine Fahne festgehalten, und die haben auf ihn eingeschlagen. Ich habe gedacht: Altholmsche sind das? Das sind ja Wilde. Das sind ja Seeräuber.«
    Sie holt Atem. Dann, auf den zusammengesunkenen Czibulla weisend: »Mit dem war es das schlimmste. Ich habe ihn ganz gut gesehen, er lief ewig rum, genauso wie ein Huhn vorm Auto. Der war doch ganz kopflos von dem Gedräng.
    Und daß er einen Stock gehabt haben soll oder einen Schirm, wie Sie ihn am ersten Tag gefragt haben, das ist einfach nicht wahr. Der hatte genug mit seiner Reisetasche zu tun. Sehen Sie sich den doch an, Herr Präsident, der würde doch jeden Schirm überall stehenlassen. Da kann doch seine Frau froh sein, wenn er sich und seine Tasche dahin bringt, wo sie hin sollen.«
    Der Vorsitzende sagt mühsam: »Sie sind also der Ansicht, daß Herr Czibulla den Wachtmeister nicht geschlagen hat?«
    Die Zeugin ist ganz Verachtung. »Der Ansicht? Herr Präsident, der und schlagen? Der ist ja froh, wenn ihn keiner schlägt. Ich hab’s doch in den ›Nachrichten‹ gelesen, daß er gesagt hat, wie ein Mäuschen hat er gezupft. Gradeso ist es.
    Und dann kriegte er den fürchterlichen Schlag. Das war das Grausamste von allem. Wie ich da das Gesicht sah und das Blut auf dem Gesicht, da habe ich mich umgedreht, da konnte ich nicht mehr. Da bin ich in mein Zimmer gegangen, und so schlecht war mir, entschuldigen Sie, daß ich mich erbrochen habe.«
    Stille.
    Stuff schmiert begeistert. »Die Stimme der Menschlichkeit und der Vernunft«, schreibt er.
    Der Vorsitzende sagt hastig: »Hat jemand noch Fragen an diese Zeugin? Wenn nicht

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