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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Kannst du es machen, daß du um zwölf hier auf mich wartest?«
    »Um zwölf? Nein. Vielleicht um halb eins.«
    »Gut. Also um halb eins bestimmt. Dann weiß ich, wer das ist, und du kannst noch immer machen, was du willst.«
    »Schön. Also um halb eins warte ich hier draußen auf dich.« Und Hart entfernt sich auf der Suche nach Frerksen.
    Stuff sieht ihm nachdenklich aus trübem blauem Auge nach. Junge, Junge, heute abend lackierst du mir auch am liebsten die Fresse.
    Und er stürzt fort, Justizrat Streiter zu finden.

    |606| 2

    Der Vorsitzende sagt: »Der Zeuge Kriminalkommissar Tunk ist aufzurufen.«
    Ein kleiner, dicker, weißlicher Mann tritt in den Saal und stellt sich vor den Richtertisch.
    Stuff sagt zu seinem Kollegen: »Jetzt schreib ich mit. Das wird interessant.«
    »Wieso?« fragt der.
    »Werden Sie beleben.«
    Der Vorsitzende sagt eilig (es ist der einhundertdreiundzwanzigste Zeuge): »Sie heißen Josef Tunk? Sind dreiundvierzig Jahr alt? Sind Kriminalkommissar bei der Politischen Abteilung in Stolpe? Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert?«
    Als dies klargestellt ist, nicht weniger eilig: »Sie haben den Vorgängen am sechsundzwanzigsten Juli beigewohnt? Sie haben sofort am Abend dieses Tages einen ausführlichen Bericht erstattet? Wollen Sie uns erzählen, wann Sie von Stolpe gekommen sind und welche Beobachtungen Sie hier gemacht haben.«
    Der Zeuge räuspert sich. Er stellt sich in Positur. Er beginnt mit einer bei einem so runden Mann überraschend knarrenden Stimme zu reden:
    »Ich fuhr mit dem Neunuhrzuge von Stolpe nach Altholm. Ich hatte den strikten Auftrag der Regierung, mich auf Beobachtungen zu beschränken. Ich nahm deswegen keine Verbindung mit der hiesigen Polizei auf, sondern ging gleich vom Bahnhof aus in verschiedene Lokale.
    Die Lokale waren alle voll von Bauern. Es fiel mir auf, daß die Stimmung sehr erregt war.«
    »Einen Augenblick, bitte. Wieso erregt? Wollen Sie uns das erklären?«
    »Nun, ich hatte den Eindruck, daß die Leute erregt waren. Das ist ein Eindruck, den man als erfahrener Kriminalbeamter nach fünf Minuten hat oder nicht hat.«
    |607| »An bestimmte Äußerungen erinnern Sie sich nicht?«
    »Nein, es wurde geschimpft.«
    »Worüber wurde geschimpft? Über die Polizei? Über den Bürgermeister Gareis?«
    »Es wurde allgemein geschimpft. Die Leute waren eben erregt.«
    Der Zeuge sagt langsam und knarrend aus. Jedes Wort entläßt er mit Nachdruck seinem Munde. Er steht da, eine vollgewichtige Persönlichkeit, etwa einen Zentner sechzig Lebendgewicht, ein Fachmann, der das Gericht aufklären wird, seines Wertes sich voll bewußt.
    »Am Nachmittag kam ich dann in das größte Lokal, ins Tucher. Der Saal war zum Erdrücken voll. Die Stimmung schien mir außerordentlich bedrohlich. Ich sah dann den Angeklagten Henning, der mit dem Angeklagten Padberg zusammen an der Fahne herumbastelte.
    Ich dachte gleich, daß ich mit diesem Manne noch zu tun bekommen würde. Ich stellte mich ihm vor, um seinen Namen zu erfahren.«
    Justizrat Streiter bemerkt: »Ich möchte eine Frage an den Zeugen richten. – Woran sahen Sie, daß Sie mit diesem Mann, wie Sie sich ausdrücken, noch zu tun bekommen würden?«
    Der Zeuge ändert seine Haltung. Er macht eine Wendung, sieht den Verteidiger von oben bis unten an, wartet, wendet sich dann an den Gerichtshof und fragt: »Ist diese Frage zugelassen?«
    Der Vorsitzende macht eine Handbewegung. »Jawohl.«
    »Ich sah es daran«, sagt der Zeuge mit Nachdruck, »weil es mir meine kriminalistische Erfahrung sagte.«
    »Das ist keine Erklärung«, sagt der Verteidiger. »Ich bitte, mir präzis zu antworten: Woran sahen Sie, daß Sie mit Herrn Henning noch zu tun bekommen würden?«
    Der Kommissar sagt mitleidig: »Ein alter Kriminalbeamter bildet sozusagen einen sechsten Sinn aus. Wenn er einen Menschen auf der Straße sieht, sagt ihm plötzlich dieser Sinn: Das |608| ist ein Verbrecher. So war es auch mit dem Angeklagten Henning.«
    Henning springt empört auf. »Herr Vorsitzender, ich bitte, mich gegen die Unverschämtheiten des Zeugen in Schutz zu nehmen. Der Zeuge hat mich einen Verbrecher genannt.«
    Der Staatsanwalt springt auf. »Ich stelle fest, daß das nicht der Fall ist. Der Zeuge hat von einem konstruierten Fall gesprochen. Ich bitte aber, den Angeklagten darauf hinzuweisen, daß er wegen Ausdrücken wie ›Unverschämtheit‹ in Strafe genommen werden kann.«
    Nach fünf Minuten hat der Vorsitzende den Sturm

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