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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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dich, was ist das?«
    »Das ist er nicht. Das kann der Reimers nicht sein. Der Reimers ist doch fort im Auto!«
    »Doch, das ist der Reimers!«
    »Wer soll es sonst sein?!«
    »Das ist Franz!«
    »Du Lügner!«
    Und Banz plötzlich: »Du Spitzel! Du Räuber, warte, ich will dir …«
    Die Stimme von oben schreit, kreischt: »Hilfe, ihr Bauern! Hilfe! Ich hab’s für euch getan. Helft mir auch! Helft!«
    Und plötzlich ist es, als erbrauste das Haus, das tote. In allen Gitteröffnungen stellen sich die Scheiben schräg, überall weiße Hände, weiße Gesichter mit schwarzen Mundlöchern, ein Gebrüll der Hölle: »Helft uns, ihr Bauern! Helft uns, ihr Bauern!«
    Dahinein gellt unaufhörlich eine Glocke, Pfiffe, Gejohl, scharfes Klingeln.
    Der Lange rafft sich zusammen, flieht vor den Händen von Banz zu dem Gefängnistor, hämmert dagegen. Zwei, drei Bauern laufen ihm nach, halten ihn sinnlos fest, heben die Fäuste gegen ihn.
    Zwei starren auf die Wand, auf die Brüllenden, auf den weißen Fleck, der zuerst schrie.
    |169| »Kommt rasch. In die Stadt. Alle müssen hierher!«
    Und Banz: »Alle müssen kommen! Schrecklich, was hier geschieht!«
    »Alle müssen hierher. Alle!«
    Und im Laufen: »War das der Franz wirklich?«
    »Wie kannst du das sagen aus der Entfernung! Aber er wird es schon gewesen sein.«
    Sie stürzen zur Stadt.

    13

    Das Tucher ist das Lokal in Altholm mit dem größten Saal. Hunderte von Bauern sitzen hier, stehen herum, trinken, rauchen oder lehnen abwartend an der Wand.
    Eine dichte Gruppe umsteht Henning und Bandekow, die dabei sind, die für den Transport auseinandergenommene Fahne wieder zusammenzusetzen. Henning hantiert, ohne aufzusehen, mit einer Zange, er dreht die Muttern an, die eine Blechschlaufe um den Schaft zusammenziehen. An ihr sitzt die Sense.
    »So. Das mag halten.«
    »Es sitzt noch ein bißchen wacklig«, meint Bandekow.
    »Weil ich den Schraubenschlüssel vergessen habe. Aber es hält.«
    »Gestatten Sie«, ertönt eine Stimme, »gestatten Sie, daß ich mich vorstelle: Landwirt Megger aus dem Hannöverschen. Bei Stade her. Meggerkoog.«
    Vor Henning steht ein untersetzter Mann, in Stulpenstiefeln, mit grünem Flausch, einem Gamsbart auf dem Hut.
    Henning will seinen Namen nennen, als er von hinten einen Stoß bekommt. »Was soll denn das?!«
    Er dreht sich um. Hinter ihm steht Padberg, sieht ihn bedeutungsvoll an, sein Mund formt das Wort: »Schmiere!«
    Henning lächelt. »Haben Sie vielleicht den Schraubenschlüssel? Würden Sie vielleicht dem Friedrich sagen … Ach, richtig ja, verzeihen Sie, die Sense will nicht festsitzen.«
    |170| »Sie haben da eine Fahne …«, sagt der Landwirt aus dem Hannöverschen, freundlich lächelnd.
    »Ja? Meinen Sie? Richtig, eine Fahne«, sagt mit Ernst Henning.
    »Eine ungewöhnliche Fahne. Eine symbolische Fahne. Würden Sie sie erklären? Wir Hannoveraner Bauern nehmen starken Anteil daran.«
    »Ja? Ich erkläre sie am besten, indem ich sie Ihnen zeige. – Platz, ihr Bauern, Platz!«
    Ein freier Raum entsteht um Henning. Er hebt die Fahne hoch, schwenkt sie mit einer Hand, fängt sie mit der andern wieder. Brausend entfaltet sich das Fahnentuch: der weiße Pflug, das rote Schwert im schwarzen Felde.
    »Antreten! Antreten!« rufen viele Stimmen. »Antreten! Es geht los. Antreten!«

|171| SECHSTES KAPITEL
Das Gewitter bricht los
    1

    Aus allen Lokalen strömen die Bauern. Die weite Fläche des Marktplatzes ist voll von ihnen, manche laufen noch hin und her, aber andere formen sich schon zur Masse, zum Zug, einem Zug, dessen Spitze achtgliedrig vor dem Eingang des Tucher Aufstellung genommen hat.
    Dahinter wird angeschlossen. Dörfer bleiben zusammen, es regelt sich von selbst, Padberg, der hin und wider eilt, braucht kaum ein Wort zu sagen.
    Auf den Bürgersteigen bleiben Neugierige stehen, nicht eben viele, aber doch alle, die in einer Industriestadt von vierzigtausend Einwohnern an einem wolkenlosen heißen Julinachmittag unterwegs sind: Arbeitslose, Kinder, Frauen, ein paar Geschäftsleute. Die Fenster, die auf den Marktplatz gehen, öffnen sich, drin liegen die Dienstmädchen, ein Fenster weiter die Hausfrauen. Sie tauschen miteinander Eindrücke und Beobachtungen aus.
    »Kiek es! Da kommt auch noch die Fahne!«
    »God, so swatt!«
    »Die reine Seeräuberflagge!«
    Alles reckt die Hälse.
    »Das geht nicht, Henning«, sagt Padberg, »die Sense wackelt ja. Wenn sie runterfällt, haben wir zum Schaden den Spott.«
    »Herr Haas«, sagt

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