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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Henning zum Wirt des Tuchers, »wo bleibt Ihr gottverfluchter Friedrich mit seinem Schraubenschlüssel? Mit der Zange kriege ich die Muttern nicht fester.«
    »Gleich. Gleich, Herr. Treten Sie nur in den Gang. Ich habe den Franzosen zur Hand.«
    Henning verschwindet wieder mit der Fahne.
    |172| »Der hat Angst gekriegt mit seinem schwarzen Lappen«, verkündet ein Arbeitsloser.
    »Na, so rot wie der Lappen, dem du am Abend nachläufst, kann nicht alles sein.«
    »Besser als euer schwarzscheißgelber Fetzen.«
    »Wenn du …!«
    »Ruhe, meine Herren«, sagt Perduzke, der sich durchs Gewühl schiebt. »Warum sich erhitzen? Es ist doch schon heiß genug!«
    Alle lachen.
    Unterdes hantiert Henning an der Fahne.
    »Sag mal, Padberg, wo bleibt eigentlich die Musik?«
    Padberg grunzt. »Hab ich die ganz vergessen! Die Brüder sitzen beim Obermeister Besen am Teich und saufen sich voll, die Löcher.«
    »Schick doch einen Jungbauern.«
    »Natürlich. – Sie da! Wollen Sie mal so gut sein und dem Kapellmeister von der Stahlhelmkapelle sagen, er soll sofort kommen mit seinen Leuten? Sitzt bei Besen am Teich. Sie kennen das? Und wenn Sie ein wenig laufen wollten …?«
    Der Jungbauer läuft.
    »Du, der von der Schmiere, der wollte nur deinen Namen wissen.«
    »Als du mir den Stups gabst und ich seine dreckige Visage ansah, wußte ich schon Bescheid.«
    »Beinahe hätte er das Fahnentuch in die Fresse gekriegt.«
    »War die Absicht. – So, die sitzt jetzt fest, und wenn ich sie zehn Leuten durch den Bauch renne.«
    »Du solltest solchen Stuß nicht einmal denken.«
    »Tu ich auch nicht. So was redet sich von alleine.«
    »Jedenfalls haben wir dein Wort.«
    »Das habt ihr. Leider. Ich hebe keine Hand.«
    Sie treten wieder hinaus auf den Marktplatz. Der Zug ist endlos geworden, nicht mehr abzusehen, weit in der Stolper Straße noch stehen die Bauern.
    »Nun, das tut gut, wenn man so was sieht.«
    |173| »Dreitausend! Und wie viele sitzen noch in den Lokalen am Burstah!«
    »Die nehmen wir mit, wenn wir vorbeiziehen. – Du hast doch recht gehabt, Henning, ohne die Fahne wäre es nichts.«
    »Die macht Laune!«
    Sie sehen beide hinauf zur Fahne, die im leichten Sommerwinde sich entfaltet. Der Pflug scheint sich zu bewegen, regungslos schwebt das rote Schwert darüber.
    »Laß doch abrücken jetzt«, drängt Henning. »Wieso? Erst die Musike!«
    »Die Leute werden ungeduldig.«
    »I wo. Bauern werden nicht ungeduldig.«
    Durch die Leute auf dem Bürgersteig drängt ein ganzer Trupp Stadtpolizei, voran ein Uniformierter mit dicken Epauletten und Schnauzbart. Die Mannschaften haben den Riemen der Tschakos unter dem Kinn.
    »Wollen die was von uns?« fragt Henning.
    »Abwarten! Was sollen die denn wollen? Wir sind doch friedlich.«
    »Gewiß doch«, sagt Henning.
    Aber die Stadtpolizei ist schon vorbei. Alle Mann haben zur Fahne emporgeschaut, der Führer hat etwas gesagt, und die Nachbarn haben gegrinst.
    »Siehst du«, sagt wiederum Henning und meint diesmal die Fahne.
    »Man kann nie wissen«, sagt Padberg trocken. »Grzesinskis Wege sind wunderbar.«

    2

    Über den Marktplatz kommt ein Mann geschritten, in blauer Uniform, die Brille auf der Nase, die Dienstmütze etwas zurückgeschoben, so daß eine Strähne des rotblonden Haares sichtbar wird.
    Polizeioberinspektor Frerksen geht nach dem Mittagessen seinem Dienstzimmer zu. Er ist ruhig, entschlossen, die Anordnungen |174| seines Bürgermeisters zu befolgen, die Bauern demonstrieren zu lassen und morgen in die Sommerfrische zu fahren.
    Er sieht die Ansammlung, den Zug, die Zuschauer. Er bleibt stehen.
    Es ist ein ungeheurer Haufen Menschen, ein Heer, er hat nie gedacht, daß es so viele sein könnten.
    Er sieht die Fahne. Langsam, mit den kurzsichtigen Augen blinzelnd, kommt er näher. Es ist ein schwarzes Tuch, es sieht düster aus. Rot darauf und irgend etwas Weißes. Langsam flattert die Fahne im leichten Winde, enthüllt sich nicht ganz, bleibt irgendwo immer in Falten.
    Der Inspektor bleibt auf der Kante des Bürgersteiges stehen. Er sieht hinüber zu der Fahne, zu dem jungen Mann, der sie hält, einem älteren Bebrillten, der danebensteht.
    Er sieht auf zu den Fenstern, in denen Leute liegen. Altholm hat sein Ereignis, Altholm hat eine Sensation. Jemand sagt in dem Gedränge hinter ihm, und er fühlt, dies war nur für ihn gesprochen: »So ’ne Störtebekerfahne, das sollte man gar nicht dulden!«
    Und eine andere Stimme läßt sich, auch für die Öffentlichkeit

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