Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
wir alle, Vadder Benthin. Du hast ’ne gute Frau. Und nun komm mit ins Tucher. Da haben wir jetzt Führerbesprechung.«
    »Führerbesprechung?«
    »Na ja, was man so nennt. Richtige Führer sind das nicht. Also mach schon. Komm!«

    11

    Rohwer und Benthin gehen still und langsam nebeneinanderher, ihre schweren Arme hängen ungeschickt herunter.
    »Hast du eigentlich einen Handstock?« fragt Rohwer.
    »Nein, ich …«, fängt Benthin an.
    »Nun weiß ich nicht«, setzt Rohwer fort, »habe ich meinen mitgenommen heute früh oder nicht? Dann hängt er in einer Kneipe. Aber in welcher?«
    »Ich habe keinen mitgenommen, weil …«
    »Ein Bauer ohne Stock ist ein Mädchen ohne Rock. Wollen uns einen kaufen beim Schirmmacher Zemlin.«
    »Im Zuge dürfen wir keine Stöcke tragen.«
    |161| »Dürfen wir nicht? Was du nicht alles weißt! Wer verbietet denn das?«
    »Die Regierung. Die Polizei. Stöcke im Zuge sind verboten.«
    »Aber doch nicht für die Bauern? Wenn ein Arbeiter mit einem Stock geht, dann will er sich prügeln. Wenn ein Bauer mit einem Stock geht, dann will er was in der Hand haben. Also komm schon.«
    »Ich kauf keinen.«
    »Wie du willst. Geh immer schon voran ins Tucher.«
    Und Rohwer geht in den Laden.
    Benthin wandert vor dem Laden auf und ab. Er sieht alle Bauern an, die vorbeikommen: Fast alle tragen Stöcke. Das dürfen wir doch nicht, denkt er. Aber wenn es alle tun? Es ist wirklich nichts so ohne was in der Hand.
    Er möchte sich auch einen kaufen.
    »Da sind Sie ja, Herr Benthin«, sagt eine Stimme hinter ihm, und Polizeioberinspektor Frerksen reicht ihm die Hand.
    Benthin erschrickt tüchtig. »Ja, hier bin ich … Ich war nur mal …«
    »Bei der jungen Frau? Beim Jungen?«
    »Nein. Nicht. Ich war …«
    »Also, Herr Benthin, warum sind Sie nicht aufs Rathaus gekommen, zum Bürgermeister?«
    »Weil keine Führer da sind.«
    »Keine Führer?«
    »Nein. Keiner. Der Reimers sitzt ja.«
    »Also der Reimers ist doch ein Führer?«
    »Nein, nein, das habe ich nicht gesagt, Herr Oberinspektor. Der Reimers ist auch nicht Führer. Keiner ist Führer.«
    »Aber Sie sagten doch …«
    Vadder Benthin ist sehr erregt. »Fangen dürfen Sie mich nicht wollen, Herr Oberinspektor. Das ist nicht anständig. Fangen, das gilt nicht.«
    »Keiner will Sie fangen. Ich frage nur so. Wer läßt denn antreten?«
    |162| »Das weiß ich nicht.«
    »Lauft ihr denn so los? Wie eine Herde? Bald ein paar und dann wieder ein paar?«
    »Wir haben doch«, sagt Benthin gekränkt, »die Stahlhelmkapelle aus Stettin. Und dann haben wir eine Fahne, und wenn die Fahne herauskommt, dann treten wir an.«
    »Eine Fahne habt ihr auch?«
    »Eine feine Fahne haben wir. Da werden die Altholmschen glotzen.«
    »Dann ist der Fahnenträger wohl der Führer? Wer ist es denn?«
    »Das weiß ich nicht. Fragen Sie mich nicht, Herr Oberinspektor, ich weiß gar nichts. Da habt ihr mich schon aufs Rathaus geholt, aber ich bin gar nichts, ich habe nichts zu melden bei den Bauern.«
    »Das hast du auch nicht«, sagt Bauer Rohwer und stellt sich daneben.
    »Vielleicht Sie?« fragt Frerksen. »Wie heißen Sie denn?«
    »Danach fragen Sie mich man, wenn der Hahn Eier legt. Ich hab Sie auch nicht nach Ihrem Namen gefragt.«
    »Sie haben doch vorhin an der Theke gestanden, als ich nach Herrn Benthin fragte?«
    »Ich seh mich nicht um, wenn ein Blauer schreit. Da guck ich weg, und da geh ich weg. – Komm denn auch bald, Vadder Benthin.«
    Bauer Rohwer geht langsam weiter. Frerksen lächelt mühsam. »Das sind erregte Leute, Ihre Freunde, Herr Benthin. Das sind unsere Freunde nicht.«
    »Das sind Bauern. Die meinen das nicht so. Und sie mögen die Uniform nicht sehr gerne.«
    »Aber ich habe ihnen doch nichts getan!«
    »Sie?! Alle Uniform hat uns was getan. Der ganze Staat hat uns was getan. Früher hatten wir zu leben, heute … Ich möchte mal wissen, wie Ihnen das ist, wenn einer kommt in Uniform und holt Ihnen das Vieh aus dem Stall.«
    »Ich hab noch keinem sein Vieh aus dem Stall geholt.«
    |163| »Aber Sie haben ihn nach seinem Namen gefragt auf der Straße, so was tut ein anständiger Mensch nicht.«
    »Ich habe es nicht so gemeint. Aber alle sind heute so schrecklich aufgeregt.«
    »Sie sind so aufgeregt, Herr Oberinspektor.«
    »Ich? Keine Spur. Ich gehe morgen in Urlaub, ich denke überhaupt nur an meine Reise.«
    »Das merkt man nicht, Herr Oberinspektor.«
    »Das ist aber so. – Also, Herr Benthin, wir sind doch zwei alte Altholmer, und wir

Weitere Kostenlose Bücher