Bauernjagd
deswegen.«
Hambrock hatte in der Zeitung davon gelesen. Jemand hatte
Stahlschrauben mit Isolierband in die Maispflanzen gehängt. Vom Führerhaus des
Häckslers waren die Metallteile nicht zu erkennen gewesen, und als das
Schneidwerk sie mit den Pflanzen aufgenommen hatte, waren die Messer von der
Welle gerissen worden und wie Geschosse durch die Gegend geflogen. Eines davon
hatte den Fahrer in die Brust getroffen.
Es war nicht das erste Mal. Besonders Felder, auf denen
genmanipulierter Mais gezüchtet wurde, waren in der Vergangenheit von solchen
Sabotageakten betroffen gewesen. Bislang war aber kein Mensch dabei zu Schaden
gekommen.
»Ada Horstkemper hat bereits mit der Polizei gesprochen. Aber nicht
mit dir, sagt sie. Dich hat sie gar nicht gesehen, das müssen alles deine
Kollegen gewesen sein.«
»Ich ermittele auch gar nicht in der Sache.«
»Nein?« Seine Mutter stockte. »Aber das war doch ein Mordversuch …
Ich dachte, ihr kommt, wenn so ein Verbrechen passiert?«
»Das war wohl eher Sachbeschädigung und fahrlässige Körperverletzung.
Das machen die Kollegen von der Kreispolizei.«
»Ach so?« Sie schien nachzudenken.
»Du hast Ada Horstkemper bereits gesagt, dass ich zuständig bin,
oder?«
»Na ja, ich habe ihr gesagt, dass du Bescheid wüsstest. Ich dachte
ja, dass du da ermittelst. Sie will nämlich mit jemandem über den Fall reden,
dem sie vertrauen kann. Die Polizisten, die sie besucht haben, waren wohl nicht
sehr höflich zu ihr.«
Hambrock unterdrückte ein Stöhnen. »Und da hast du ihr gesagt, dass
ich vorbeischauen würde?«
»Das macht nichts, ich rufe Ada einfach an und sage ihr, dass du
keine Zeit hast. Du hast bestimmt auch ohne diese Sache genug zu tun, wo du
doch mit Erlend nach Holland fahren willst. Da musst du sicher eine Menge
vorarbeiten, wenn du nächste Woche beruhigt in den Urlaub …«
»Mutter«, unterbrach er mit ruhiger Stimme. »Du hast es ihr doch
bereits versprochen, oder etwa nicht?«
»Na ja«, räumte sie widerwillig ein, »aber das soll nicht dein
Problem sein. Ich sag ihr einfach wieder ab.«
Seine Mutter hasste es, ihm zur Last zu fallen. Das war schon immer
so gewesen.
»Wenn sie einen sachdienlichen Hinweis hat, sollten wir das ernst
nehmen«, sagte er. »Ich kann dir die Nummer von einem Kollegen aus Steinfurt
geben, mit dem ich bereits zusammengearbeitet habe. Das ist ein ganz netter
Kerl. Den ruf ich vorher an und sage ihm, er soll sich Zeit für Ada nehmen.
Damit sie sich gut behandelt fühlt.«
Seine Mutter zögerte. »Ja, das wird das Beste sein«, sagte sie
schließlich. Doch der Klang ihrer Stimme strafte sie Lügen.
»Was ist denn das Problem? Soll ich selbst Ada anrufen und ihr die
Nummer geben?«
»Sie will einfach nicht mit der Polizei sprechen, das ist alles.
Wenn überhaupt, dann nur mit dir.«
»Na gut, eine halbe Stunde kann ich bestimmt entbehren.« Er
verfluchte sich innerlich, aber es kam so gut wie nie vor, dass sie ihn um
einen Gefallen bat. »So schwer beschäftigt bin ich nun auch wieder nicht«, log
er. »Sag ihr, dass ich morgen Abend gegen halb sieben bei ihr vorbeischaue.
Dann kann sie mit mir reden.«
»Aber …«
»Nein, nein. Das geht schon in Ordnung. Aber wenn sie mir etwas
sagt, was ermittlungsrelevant ist, werde ich das an die Kollegen weitergeben,
egal, ob ihr das recht ist oder nicht.«
»Das wird kein Problem sein. Danke, Bernhard.«
Nachdem er das Gespräch beendet hatte, lief er fröstelnd zurück ins
Gebäude. Nun hatte er noch einen Termin, auf den er gerne verzichtet hätte. Auf
dem Flur kam ihm der Dienststellenleiter entgegen, ein rotgesichtiger, kettenrauchender
Mann, der kurz vor der Pensionierung stand. Er hatte Hambrock am Morgen, als
das Team aus Münster eingetroffen war, mit einem freundschaftlichen Schlag auf
die Schulter begrüßt und ihn von Anfang an geduzt, als würden sie sich seit
Jahren kennen. Hambrock war zuerst etwas irritiert gewesen, hatte dann aber
beschlossen, den Mann ebenfalls zu duzen.
»Bernhard, da bist du ja«, rief der Dienstellenleiter über den Flur.
»Es gibt Neuigkeiten.«
Er legte den Arm um seine Schulter und führte ihn zurück zum
Gruppenraum. Wieder so eine vertrauliche Geste, doch Hambrock mochte den alten
Kauz, er amüsierte sich über seine kumpelhafte Art.
»Jemand hat sich vor den Baumberge-Express geworfen, den Regionalzug
von Coesfeld nach Münster. Kurz hinter der Stadtgrenze ist es passiert.«
Hambrock ahnte schon, wer das sein konnte.
»Die
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