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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Koboldgesicht bemalte. Vielleicht war es keine gute Idee
gewesen, hierher zu kommen, dachte sie. Doch da blickte Sophia plötzlich auf
und lächelte Annika an.
    »Danke«, sagte sie.
    Hambrock hatte Kopfschmerzen, den ganzen Vormittag schon.
Drei Aspirin hatte er eingeworfen, doch bislang zeigten sie keinerlei Wirkung.
Im Gegenteil, es wurde immer schlimmer. Die Buchstaben in dem Bericht, den er
las, verschwammen vor seinen Augen. Er schob die Akte beiseite und rieb sich
die Augen. Es war erst halb zwölf. Er beschloss, zwei weitere Tabletten zu
nehmen.
    Durch seine Bürotür, die wie gewöhnlich offen stand, blickte er in den
Flur des Präsidiums. Heike Holthausen ging gerade an seinem Büro vorbei und
winkte ihm zu.
    »Ich verschwinde jetzt«, rief sie. »Wir sehen uns heute Nachmittag.«
    »Fährst du nach Erlenbrook-Kapelle raus?«
    »Wohin denn sonst?«
    In den vergangenen Tagen hatte Heike gemeinsam mit einem Kollegen
die gesamte Bauernschaft abgeklappert und die Leute befragt, immer noch auf der
Suche nach einem Motiv für den Mord an Heinrich Uhlmann. In alphabetischer
Ordnung hatten sie die Höfe abgearbeitet, es waren jetzt nur noch die von
Vesting, Wagenfeld, Woestmann und Zumbülte übrig.
    Hambrock achtete nicht weiter auf sie, er suchte nach der
Tablettenschachtel. Doch Heike war in der Tür stehen geblieben und sah ihn
fragend an.
    »Alles klar bei dir? Du siehst ziemlich mitgenommen aus.«
    »Mir geht es gut«, sagte er schroff. »Sonst noch was?«
    Sie warf ihm einen langen Blick zu, drehte sich dann um und ging
weiter.
    Hambrock schloss die Augen. Er durfte seine schlechte Laune nicht an
den Kollegen auslassen, das hatte er sich immer geschworen.
    Missmutig ließ er den Blick über seinen Schreibtisch wandern. An dem
gerahmten Foto von Erlend blieb er hängen.
    Heute wäre der Tag gewesen, an dem sie ihren Kurzurlaub angetreten
hätten. Erlend war noch immer sauer auf ihn, doch sie sprach den verpatzten
Urlaub mit keiner Silbe an. Sie mussten miteinander reden, in Ruhe und ohne
Zeitdruck. Aber wann? Wenn er spätabends nach Hause kam und Erlend fernsah,
dann hatte er das Gefühl, besser gar nichts zu sagen in der kurzen Zeit, die
ihnen blieb. Die Folge war, dass sie seit Tagen nur noch das Nötigste miteinander
sprachen.
    Die Packung Aspirin hatte sich unter dem Aktendeckel versteckt. Er
pulte zwei Tabletten heraus und ging zu der kleinen Kochnische am Ende des
Flurs, um sich ein Glas Wasser zu holen. Auf dem Rückweg klopfte er an die Tür
von Guido Gratczek, einem der Kommissionsmitglieder. Er war am Morgen in der
Kriminaltechnischen Untersuchung gewesen, wo man die tödliche Schrotladung
genauer untersuchte.
    Als er eintrat, saß Gratczek in geradezu übertrieben aufrechter
Haltung hinter seinem Schreibtisch. Er trug wie üblich einen teuren Anzug und
dazu ein edles bordeauxrotes Hemd und wirkte damit auf Hambrock so fehl am
Platz wie eine Gouvernante im Sexclub.
    »Wie weit sind die Kollegen?«, kam Hambrock ohne Umschweife zur
Sache. »Gibt’s was Neues?«
    »Na ja.« Gratczek faltete die Hände auf der Tischplatte. »Erst
einmal herrscht jetzt Klarheit, dass die Schrotkugeln tatsächlich für die
Gänsejagd benutzt werden. Da war unsere Vermutung richtig.«
    »Ja, ja«, sagte er ungeduldig. »War das schon alles?«
    Gratczek hob eine Augenbraue. »Alles klar bei dir?«
    Hambrock rang sich ein entschuldigendes Lächeln ab. »Kopfschmerzen«,
sagte er und ließ sich auf den Besucherstuhl sinken.
    »Die Schrotkugeln waren mit einer Oxidschicht überzogen, was heißt,
dass die Munition sehr alt gewesen sein muss. Die Kollegen versuchen, anhand
der Legierung Näheres zu erfahren. Vielleicht kann man den Hersteller und den
Produktionszeitraum genauer eingrenzen.«
    Hambrock fragte sich, wie viele alte Waffen sich wohl noch auf den
Bauernhöfen in Erlenbrook-Kapelle befanden. Es hatte vor einigen Jahren einen
Aufruf gegeben, alle Waffen registrieren zu lassen, und viele hatten das zum
Anlass genommen, sich von ihren alten Gewehren zu trennen. Doch bestimmt waren
einige dabei, die alles einfach ignoriert hatten.
    »Und was ist, wenn hier überhaupt keine Beziehungstat vorliegt und
Heinrich Uhlmann nicht aus persönlichen Gründen erschossen wurde?«, fragte
Gratczek.
    »Von wem sollte er denn dann erschossen worden sein? Einen geistig
Verwirrten können wir wohl ausschließen, genauso wie einen Serientäter, der
seine Opfer willkürlich auswählt.« Hambrock schüttelte den Kopf. »Nein,

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