Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
braunrote Brühe lief in den Abfluss. Billen brüllte etwas, das Lichthaus jedoch nicht verstand, woraufhin die beiden die Arbeit einstellten und verschwanden.
»Hier wurden vorhin zehn Rinder geschlachtet. Wir verarbeiten nur Vieh aus der Umgebung. Die Tiere haben so weniger Stress während des Transports. Das ist human und gut fürs Fleisch, da Stresshormone auf den Geschmack schlagen. Unsere werden von der Weide oder aus dem Stall direkt hereingeführt und bekommen unmittelbar danach einen Bolzen ins Hirn. Sie sind auf der Stelle weg. Keine Tierquälerei. Dann wird der Halsschnitt angebracht, um sie auszubluten. Füße und Kopf ab- und aufhängen.«
Lichthaus schaute automatisch zur Winde an der Decke, erkannte jedoch sofort an der Größe der Apparatur, dass hier niemand Werkzeug hatte ausleihen können, um Horst Görgen in die Höhe zu ziehen. »Wir entfernen die Haut und nehmen die Tiere aus. Das Fell kommt in eine Gerberei. Leber, Nieren, Zunge und so weiter landen im Verkauf, der Rest geht nach Rivenich zur Verbrennung. Das Blut wird aufgefangen und verkauft. Wohin weiß ich nicht. Wenn wir Schweine schlachten, machen wir daraus Blutwurst. Die Rinderhälften gehen ins Kühlhaus zur Reifung.« Er sah Lichthaus’ fragenden Blick und grinste. »Sie sagen dazu wohl abhängen.«
»Wie viele Rinder stehen hier auf dem Hof?«
Billen dachte einen Augenblick nach und zuckte schließlich mit den Schultern. »Ich hab da keinen exakten Überblick. Horst hat mir mal erzählt, dass wir so um die einhundert Milchkühe halten, aber auch einige Mastrinder. Es gibt eine Obergrenze, die ein Biohof nicht überschreiten darf, das hängt mit der eigenen Futterproduktion und der Hektarfläche zusammen, doch dafür bin ich der falsche Ansprechpartner.«
»Und Schweine?«
»Die genaue Zahl kann ich Ihnen nicht sagen. Wegen des Gestanks ist der Stall ein Stück weg. Hier am Hof sind nur die Sauen, die gedeckt werden sollen.«
»Ist die Metzgerei ausgelastet?«
»Nein, wir verarbeiten für benachbarte Biobetriebe mit.« Er deutete auf einen kleinen Tisch, auf dem noch die Ohren lagen. Das Blut an den Schnittflächen war schwarz verkrustet. »Rinder sind in ganz Europa einheitlich zu kennzeichnen. Sobald wir ein fremdes Tier zur Schlachtung übernehmen, wird eine Zugangsmeldung ausgelöst, der Lieferant meldet den Abgang, obwohl er das Fleisch ja zurückbekommt, und wir den Zugang. Die Meldung erfolgt anhand der Ohrmarken. So wird eine lückenlose Dokumentation gewährleistet.«
Sie gingen weiter ins Kühlhaus. Lichthaus sah ein paar Rinder- und Schweinehälften von der Decke baumeln. Gleich daneben befand sich die Wurstküche mit ihren unbekannten Gerätschaften, die sauber und unbenutzt auf den nächsten Einsatz warteten.
»Morgen sind Schweine dran, dann zwei Tage Verarbeitung. Wurstproduktion, Zerlegung, salzen und räuchern. Seit den letzten Skandalen ist die Nachfrage extrem nach oben geschnellt, sodass wir manchmal Rinder aus anderen Biohöfen für unseren Laden zukaufen müssen. Wir überwachen die Herkunft aber wie gesagt streng. Verkauft wird hier und in Trier auf dem Wochenmarkt. Aber nicht nur Fleisch, auch Gemüse, Eier, Käse und Milch.«
Sie beendeten den Rundgang und betraten den Hofladen durch den Hintereingang. Lichthaus verabschiedete sich von Billen, erinnerte ihn, das Gesprächsprotokoll zu unterzeichnen, und sah sich um.
Der Verkaufsraum war größer, als es von außen den Anschein hatte. Anders als in vergleichbaren Läden, die er gesehen hatte, gab es Regale zur Selbstbedienung, in denen insbesondere verpackte Produkte, wie Nudeln oder Müsli, angeboten wurden. Langsam schlenderte er hindurch und erkannte einiges von zu Hause wieder. Claudia achtete sehr auf ihre Ernährung und wäre womöglich eine gute Kundin gewesen, wenn dieser Hofladen in akzeptabler Reichweite läge. Die Einrichtung war in dunklem Holz gehalten und vermittelte einen nachhaltigen Eindruck, der auch von der alten Bausubstanz, den unebenen Bodenplatten und den schön hergerichteten unverputzten Mauern unterstützt wurde. Eine ruhige Atmosphäre ging von dem Laden aus. Neben den Regalen befand sich der Bereich für frische Waren, in dem mehrere Kunden zwischen diversen Apfelsorten und Gemüsen auswählten. Den leisen Gesprächen zufolge hatte die Nachricht über den Mord bereits den Weg in die Welt gefunden. Lichthaus rechnete praktisch sekündlich mit dem Eintreffen der Presse.
Der hintere Teil des Verkaufsraums wurde von der
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