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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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sich. In dem weißen Schutzanzug, aus dem sein dürrer Hals mit dem unentwegt hüpfenden Adamsapfel herausragte, erinnerte er Lichthaus an einen der Geier aus Disneys Dschungelbuch.
    »Wir haben bisher zwei erwähnenswerte Befunde. Schuhabdrücke am Zugang zum Stall und einen weiteren im Blut unter der Leiche. Die Analyse hat gezeigt, dass sie aus der vergangenen Nacht stammen und nicht dem Toten zuzuordnen sind. Einer meiner Leute macht gerade ein Gangprofil. Die Abdrücke lassen sich einige Meter verfolgen. Der Mann – Schuhgröße vierundvierzig passt nicht wirklich zu einer Frau – ist durch die Öffnung für die Tiere reingekommen.«
    »Wissen Sie schon was zum Tathergang?«
    »Ja. Das Opfer wurde etwa zehn Meter von der Tür entfernt mit einem Elektroschocker betäubt und nach hinten geschleift. Das war leicht zu erkennen. Gummiabrieb, der wohl von Görgens Stiefeln stammt, eine eindeutige Schleifspur und so weiter. Dann hat der Täter den Bewusstlosen da hochgezogen, wo er jetzt hängt. Es wurde ein Flaschenzug benutzt.«
    »Ein Täter?«
    »Kann ich noch nicht abschließend sagen, es sind bisher zwar nur zu einer Person Erkenntnisse vorhanden, doch fehlt natürlich die Feinanalyse. Zum Flaschenzug: Wir haben am Balken Faserspuren gefunden, die nicht zu dem Seil gehören, an dem Görgen hing, und von der Struktur her auch nicht zu den Hanfseilen passen, die wir hier im Stall finden konnten. Der Abrieb dort oben ist sicherer Beweis für so ein Ding. Ansonsten sollten wir die Analysen abwarten.«
    »Simulieren Sie gegebenenfalls das Hochziehen. Todeszeitpunkt?«
    »Ich korrigiere mich. Gestern Abend zwischen neun und zwölf Uhr. Die Totenstarre ist voll ausgeprägt, die Leichenflecken lassen sich wegdrücken, konfluieren aber. Dann ist da noch etwas, das ich Ihnen unbedingt zeigen muss.«
    Emsig verschwand er und kam praktisch augenblicklich mit einem Plastikbeutel für die Beweissicherung wieder. »Sehen Sie hier«, er hielt den anderen den Beutel vor die Nase, »das ist das Band, mit dem die Augen verklebt waren.«
    »Was ist mit den Augen. Die Ärztin hatte etwas erwähnt.«
    »Ausgestochen. Ich habe gesehen, dass das Klebeband über den Augenhöhlen die Form des Augapfels nicht nachbildet, und einen Kollegen beauftragt, es abzuziehen. Der ist gleich raus zum Kotzen.« Spleeth grinste schmierig.
    »Das ist ja ekelhaft.« Lichthaus verzog das Gesicht. »Ja, und?«
    »Es ist was draufgeschrieben.«
    »Was?«
    Lichthaus griff nach dem Beutel. Der Klebestreifen war stahlgrau, etwa fünfundzwanzig Zentimeter lang und an beiden Enden glatt, fast rechtwinklig abgeschnitten. Wie er schon im Stall bemerkt hatte, war ein Großteil des Bands mit verkrustetem Blut bedeckt, doch es waren deutlich Druckbuchstaben zu erkennen. Er kniff die Augen zusammen und drehte den Oberkörper so weit, dass der Lichteinfall ideal war. »Mann, ist das klein geschrieben, was steht da? ... exet condemnat et oratio eius sit in pe...« Er stockte. »Was soll das denn bedeuten?«
    Spleeth schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Das ist Latein.«
    »Cum fuerit iudicatus exeat condemnatus et oratio eius sit in peccatum soll das wohl heißen.« Matt grinsend schaute Brauckmann die Polizisten an. »Es geht nichts über eine humanistische Bildung. Latein Leistungskurs. Das heißt in etwa: Wenn man ihn verurteilt, muss er verdammt werden, und seine Gebete sind Sünde. Eine Art Urteilsspruch.«
    »Das hat uns noch gefehlt. Ein selbsternannter Richter.« Lichthaus stöhnte.
    Teilnahmslos zuckte Spleeth mit den Schultern. »Das ist Ihre Aufgabe, aber so wie der Mann traktiert wurde, war ordentlich Wut im Spiel.«
    »Wie lange braucht ihr für den Tatort?«
    »Wahrscheinlich den restlichen Tag. Einen ersten Bericht kann ich frühestens heute Abend vorlegen.«
    »Gut. Wenn das Band gesäubert ist, schicken Sie mir bitte ein Foto.« Lichthaus wandte sich an den Staatsanwalt: »Wissen Sie, woher das Zitat stammt?«
    »Nein, aber füttern Sie mal das Internet. Klingt wie aus der Bibel. Die ganze Inszenierung ist ziemlich plakativ. Da will uns einer was mitteilen.«
    »Na, hoffentlich haben wir es nicht mit religiösen Fanatikern zu tun oder mit Freaks aus der Gewaltspielszene, die mal probieren wollten, wie sich das so im realen Leben anfühlt. Das hatten wir ja erst vor Kurzem in Norwegen.«
    Sie entschieden, Görgen zur Obduktion freizugeben, und verabredeten gerade eine erste Lagebesprechung für den Mittag, als die Presse eintraf. Der Trierische

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