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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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wenn er über die Staumauer auf die andere Seite kommt, ohne dass er in die Donau fällt.«
    Diese Erkenntnis stellte die Aussage des Entwicklungsingenieurs in einem anderen Licht dar. Durchaus möglich, dass es gar nicht der Bichler-Hof war, an dem er in seinem Zustand vorbeigeschaukelt war. Vielleicht eine Einfahrt weiter, und es war der Golf des Pferdehofbesitzers. Vielleicht war es auch gar kein Beinahe-Unfall, sondern der Golf war ganz normal aus dem Grundstück herausgefahren. »Wenn’s denn überhaupt ein Golf war«, gab Helmuth zu bedenken. »Vielleicht irrt sich der Herr Ingenieur aus der Autobranche ja dann auch bei der Marke.«
    Sie beschlossen, die Möglichkeit mit dem Pferdenachbarn sofort abzuklären. Also überquerten sie die Donau auf der Glacisbrücke und fuhren wieder stadtauswärts zu dem Pferdehof an der Roßlettenstraße. Vom Gutsherrn, der mit hochrotem Kopf dem Schmied beim Beschlagen seines Friesen half, erfuhren sie, dass der rote Golf, der erst zwei Jahre alt war, von seiner Tochter gefahren wurde. Sie studierte in Freiburg und war schon Monate nicht mehr zu Hause gewesen. Damit war diese Option schon mal vom Tisch.
    Viel interessanter als der Golf des Pferdewirts waren zwei Fahrzeuge, die sie schon bei der Hinfahrt vor dem Bichler-Hof auf dem Weg stehen sahen: ein dunkler Audi A6 Avant – »Werkswagen«, registrierte Helmuth mit Blick aufs Kennzeichen – und ein silberfarbener S-Klasse-Mercedes. Während Charly und Helmuth zu den Fahrzeugen hinüberstierten, kamen die Fahrer plaudernd aus dem Bauernhof.
    »Ach, der Bichler-Christian kümmert sich um sein Erbe«, stellte Charly fest.
    »Und der andere is’ der Aumiller, der größte Bauträger von Ingolstadt.«
     
    Im Büro startete Helmuth eine neue Recherche in STUPID. Diesmal ließen sie sich alle roten Fahrzeuge, ohne die Einschränkung auf den Typ Golf, anzeigen. Das Programm warf eine ungleich längere Liste aus. Obwohl sein Fluchen während der Datenerfassung mittlerweile zu den Grundgeräuschen im Büro gehörte wie das immer wieder einsetzende Brummen eines Kühlschranks in der Küche, hatte Helmuth seine Aufgabe von Anfang an wirklich sehr gründlich erledigt. Zu jeder Person, die in dem Verfahren auftauchte, hatte er die zugelas senen Fahrzeuge festgestellt und eingegeben.
    Helmuth druckte die Liste aus. Mit einem dicken Rotstift strich Charly alle Autos, die man beim besten Willen nicht als klein bezeichnen konnte, und diejenigen, die auch im angetrunkenen Zustand nicht mit einem Golf verwechselt werden konnten. Von ursprünglich 43 Pkw blieben danach noch 28 über. Darunter befanden sich die sieben roten Golf, die schon durch die erste Abfrage bekannt waren. Dazu kamen 21 Fahrzeuge der unterschiedlichsten Hersteller: Peugeot, Daihatsu, Fiat, Skoda, Toyota. Charly stutzte.
    »Da schau her, Frau Berthold fährt einen roten Skoda. IN-AB 310.«
    »Den haben wir gesehen!« Sandras Zeigefinger deutete auf Charly. »Das ist der vorm Gessler mit dem Yoga-Aufkleber. Das Kennzeichen ist mir aufgefallen, weil ich am dritten zehnten Geburtstag hab.«
    Auch Charly erinnerte sich jetzt an den Wagen, über dessen Aufkleber er gelacht hatte. »Ja, der hat ja fast ausg’schaut wie ein Golf, oder? War aber doch ziemlich neu. Der Bracke sagt, es war ein verrost’er, alter Hund.«
    »Aber den braunen Aufkleber hinten links könnt man schon mit einem Rostfleck verwechseln, wenn man nicht mehr so scharf sieht und wenn’s dazu noch so schnell geht.«
    Charly kam eine Idee. Er stand auf und verließ das Büro. Es war lange nach Dienstschluss und beim Erkennungsdienst war niemand mehr da. Aber Charly kannte das Ablagesystem seines Kollegen. Schnell fand er die Schachtel im Regal hinter Fischers Schreibtisch. Dort bewahrte der Spurensicherer alle Asservate aus dem Fall Bichler auf, säuberlich einzeln in Plastikbeutel verpackt und übersichtlich mit Klebeetiketten beschriftet. Charly musste nicht lange suchen, bis er die Tüte mit dem Seidenschal fand. Er öffnete den Druckverschluss, der den Plastikbeutel seit der Sicherstellung des Schals luftdicht verschlossen hatte, und sofort schlug ihm der Duft seiner Kindheit entgegen: Kölnisch Wasser mit Lavendel in konzentrierter Form.

Donnerstag, 06. November
    Schneeregen hatte in den Morgenstunden die Stadt überzogen und fror jetzt bei knackigen Minusgraden auf den Straßen fest. Sandra musste sich konzentrieren, um nicht zu viel Gas zu geben. Aber außer dem PS-starken 5er BMW, dem wohl

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