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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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ungeeignetsten Fahrzeug bei derartigen Witterungsverhältnissen, war kein anderer Dienstwagen mehr verfügbar gewesen. Sie waren unterwegs zur Firma Gessler, um Erkundigungen einzuholen. Denn Frau Berthold war – gemäß dem offiziellen polizeilichen Sprachgebrauch – flüchtig. Sie war gestern Abend weder zu Hause noch sonst wo anzutreffen gewesen. Nach Charlys nasaler Erkenntnis, wer den orange-grünen Seidenschal in Bichlers Haus vergessen hatte, fügte sich alles zu einem schlüssigen Bild zusammen.
    »Also Rache nach fast 40 Jahren für den Tod der geliebten Cousine«, hatte Charly als Tatmotiv in den Raum gestellt.
    »Vielleicht zusammen mit der Angst um den Arbeitsplatz«, hatte Sandra ergänzt. »Denn die Berthold kennt natürlich die Zusammenhänge zwischen Bichlers Feld und der Zukunft der Firma.«
    »Nicht nur!«, hatte sich Helmuth eingeschaltet und schon wieder mit einem Computerausdruck gewedelt. »Die Sandra hat doch einen Strafzettel bekommen, als sie für die Durchsuchung vor dem Haus vom Gessler geparkt hat.«
    Genervt hatte Sandra die Augen verdreht.
    »Da ist nämlich in der ganzen Straße Parkverbot«, hatte Helmuth weiter erklärt, »links und rechts. Darum hab ich mal die Strafzettel-Datenbank durchforstet, wer in letzter Zeit so alles beim Gessler geparkt hat. Und siehe da, im letzten halben Jahr wurde zweimal der Skoda von der Berthold in der Straße aufgeschrieben. Und zwar zu Zeiten, zu denen der Chef seiner Sekretärin keinen Geschäftsbrief mehr diktiert: einmal abends um 20.00 Uhr und einmal um 11.00.« Er hatte Sandra zugezwinkerte. »Die nächste Möglichkeit, wo man sein Auto abstellen darf ist ein kleiner Parkplatz 100 Meter weiter. Dort wurde der Skoda mal im Juli nachts um 01.00 Uhr aufgeschrieben, weil der TÜV abgelaufen war.«
    »Dann hat sie wirklich ein Verhältnis mit ihrem Chef und nicht nur ihren Arbeitsplatz gerettet, sondern auch die Firma von ihrem Schatz«, hatte Charly resümiert und auf Sandras Oberschenkel geschlagen. »Auf geht’s, Schatz, fahr’n wir zum Säbelzahntiger.«
    Doch die Wohnung war verwaist gewesen. Der Nachbar zur Linken war ebenfalls nicht zu Hause gewesen und der Nachbar rechts sprach nur rumänisch. Daraufhin hatte Charly die zivile Fahndungseinheit informiert und eine Funkfahndung für Frau Berthold und deren Pkw veranlasst. Eine knappe Stunde später hatte der Leiter der Fahndungstruppe ihm mitgeteilt: »Die Grenzen sind dicht.«
    Natürlich waren die Grenzen nicht dicht. Es handelte sich dabei um eine polizeiliche Floskel aus der Zeit, als rund um Deutschland noch die Grenzübergänge überwacht wurden. Der Ausspruch beschrieb damals kurz und bündig die Situation, dass alle Grenzübergänge über die Fahndung informiert waren und die höchste Stufe der Fahndungsmaßnahmen erreicht war. Ein beruhigendes Gefühl für den Sachbearbeiter.
    Am Morgen hatte Charly auf Nachfrage vom Fahndungsleiter erfahren, dass diese Frau Bertram – so viel zum Thema intensive Fahndung – nirgends aufgelaufen sei und nicht festgenommen werden konnte. Darum wollten sie nun ihr Glück in der Firma versuchen. Vielleicht wusste man dort etwas über ihren Aufenthalt. Charly erinnerte sich an den Fall eines Buchhalters, der wegen der Unterschlagung einer Millionensumme festgenommen werden sollte, sich aber ins Ausland abgesetzt hatte. Allerdings hatte er zuvor gewohnheitsmäßig und pflichtbewusst in der Firma hinterlassen, wo er zu erreichen sei, falls etwas Dringendes wäre.
    Sie bogen auf den Firmenparkplatz ein und Sandra trat so abrupt auf die Bremse, dass der BMW auf dem schmierigen Boden ein kurzes Stück schlitterte. Dort stand Frau Bertholds Skoda, mit abgekratzten Scheiben.
    Hinter ihrem Schreibtisch empfing sie die Sekretärin wieder mit dem geschäftsmäßigen Lächeln und teilte ungefragt mit, dass sich Herr Gessler immer noch in Malaysia aufhielte und erst morgen zurück erwartet werde.
    »Wir wollen gar nicht zu Herrn Gessler, Frau Berthold. Wir wollen zu Ihnen. Wo waren Sie denn gestern Abend?«
    »Gestern war Mittwoch. Mittwochs ist immer Yoga-Abend.« Frau Berthold blickte nervös zwischen Charly und Sandra hin und her. »Und danach war ich mit den Damen beim Pizzaessen, so bis gegen Mitternacht. Dann bin ich nach Hause gefahren. Warum?«
    Charly und Sandra sahen sich achselzuckend an. Sandra schloss kurz die Augen und presste die Lippen zusammen. Wie blöd konnte man denn sein? Natürlich, der Yoga-Aufkleber, daran hatten sie nicht gedacht, total

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