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Bauernsalat

Bauernsalat

Titel: Bauernsalat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Wocheneinstieg, vor allem weil er mit der Frühaufsicht auf den Mittelstufenklos begann und sich dann über sieben Unterrichtsstunden erstreckte. Um genau zu sein, verbarg sich hinter meinem Montagmorgen die Schadenfreude meines Kollegen Bernhard Sondermann, der für die Stundenpläne verantwortlich war und sich mit kleinen Schikanen das Leben versüßte. Man mußte nicht Psychologe sein, um herauszufinden, daß es sich dabei um Rache dafür handelte, daß ich ihn als Vorsitzender des Lehrerrats abgelöst hatte. Natürlich hatte Sondermann nach der Wahl mit erhobenen Händen beteuert, wie froh er sei, dieses Amt nach achtzehn Jahren endlich an einen Jüngeren abgeben zu dürfen, doch in Wirklichkeit war er zutiefst gekränkt. Und diese Kränkung bekam ich vorzugsweise montags zu spüren. Es war kein Zufall, daß ich ihm am Montag nach Schulschluß regelmäßig im Stadium totaler Erschöpfung in die Arme lief, woraufhin er mich mit scheinheilig-grinsendem Gesichtsausdruck fragte: »Na, schönes Wochenende gehabt?« In diesen Momenten bemühte ich mich, keine Schwäche zu zeigen. Ich versuchte, das Chaos auf meinem Tisch, das meine Seelenlage spiegelbildlich wiedergab, mit meinem Körper zu verbergen, und antwortete mit Sätzen wie: »Aber natürlich, Herr Sondermann. Ich war zum Surfen am Meer. Haben Sie sich ebenfalls gut erholt?« Dabei versuchte ich meinen Blick nicht allzu sehr an der Kaffeemaschine festzukrallen, von der ich mir baldige Wiederauferstehung versprach.
    Auf jeden Fall war es meinem Stundenplan zu verdanken, daß ich am Montagmorgen nach Franz Schulte-Vielhabers Ableben kaum dazu kam, einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden. Selbst die ungeklärte Situation mit Alexa, mit der ich den ganzen Sonntag kein Wort gewechselt hatte, war für etliche Stunden aus meinem Kopf verdrängt, und in meinem Deutschunterricht stand Gott sei Dank nicht Rilke auf dem Lehrplan. So wurde ich erst am späten Mittag an die Geschehnisse des Wochenendes erinnert, und zwar, als ich mit meinem Sportkollegen Leo beim Mittagessen saß. Leo hatte mich zunächst mit einem Espresso ins Leben zurückgeholt und quetschte mich jetzt, da wir auf unsere Pizza warteten, nach Strich und Faden aus.
    »Wie – du hast mit einem Mord zu tun und sagst keinen Ton?« furzte er mich an.
    »Ich habe nicht mit einem Mord zu tun«, sagte ich ungehalten. »Ich habe mit einer Frau zu tun, die ich bislang für meine Freundin hielt, und die mit einem Mann zu tun hat, der mit seinem Onkel zu tun hat, der vorgestern von der Leiter gefallen ist.«
    »Aber eben sagtest du doch, er sei nicht gefallen, sondern er sei wahrscheinlich heruntergestürzt worden.«
    »Was weiß ich!«, antwortete ich aufgebracht. »Vielleicht hat er vorher Selbstgespräche geführt und sich dann selbst in den Tod gestürzt. Vielleicht hat diese Zeugin auch Halluzinationen akustischer Art. Woher soll ich das wissen?«
    »Du mußt es nicht wissen, aber es könnte dich interessieren«, maulte Leo und strich sich mit dem Handrücken über seine große Nase, die mich regelmäßig an Gerard Depardieu erinnerte. »Schließlich hast du schon lange nicht mehr das Glück gehabt, direkt in einem Mordfall drinzuhängen. Wenn ich nicht irre, schon über ein Jahr nicht mehr.«
    Das hatte mir noch gefehlt. Ich hätte es mir denken können. Schließlich kannte ich Leo. Leo und sein Faible für ungeklärte Kriminalfälle. Hilfe suchend blickte ich mich in der Pizzeria um, als könnte ich dort einen Ausweg aus dem unweigerlich folgenden Gespräch finden. Ich warf einen Blick auf die Wand, an der früher immer das zimmergroße Aquarium gestanden hatte. Damals hatte ich es immer fehl am Platze gefunden, aber jetzt, nach der Renovierung, fehlte es mir. Nachdem ich keinen Trost bei wildfremden Fischen gefunden hatte, wandte ich mich wieder an meinen Kollegen:
    »Leo, ich weiß nicht, welches Schicksal mich bestimmt hat, immer wieder mit derartigen Unglücksfällen konfrontiert zu werden, aber ich kann dir sagen, ich betrachte dies als Bürde, nicht als Freude. Kurz und gut: Ich will damit nichts zu tun haben, genauso wie in den vergangenen Fällen auch.«
    Ich überging bei diesem Statement, daß ich mich bei den letzten beiden Malen durchaus mit in die Ermittlungen hatte hineinziehen lassen, übrigens auf ausdrückliches Drängen von Leo hin. Dieser mein Kollege zwirbelte inzwischen in einer seiner zahlreichen Locken herum. Er schwieg schon seit etwa acht Sekunden, was eine Seltenheit war, zumal

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