Bauernsalat
nicht sagen, wo.«
»Irgend jemand wird das wissen«, insistierte Alexa. »Wir sollten die Nachbarn der Mutter fragen, wenn wir dadurch eine Chance haben, an Anne ranzukommen. Du brauchst Anne jetzt so oder so, zumindest als Kumpel.«
Elmar schluckte merklich an dieser Bemerkung. Auch seine Stimme war etwas brüchig, als er zu sprechen ansetzte. »Ehrlich gesagt habe ich selbst etwas Angst vor der Begegnung«, erklärte er stockend. »Was ist, wenn selbst Anne mir diesen Mord zutraut? Sie wußte doch, wie verzweifelt ich bin. Sie wußte, daß dieses Dilemma mit ihr und meinem Onkel fast unlösbar war. Womöglich traut sie mir eine Kurzschlußreaktion zu.«
»Niemand, der dich kennt, traut dir so etwas zu!« Alexa legte ihre Hand auf Elmars Arm, »erst recht nicht die Frau, die dich liebt« Alexa hielt inne, weil sie wußte, daß sie etwas Falsches gesagt hatte. »Oder hast du Angst, daß es aus ist?«
»Ich – ich weiß auch nicht!« Elmars Worte gingen in einem Schwall von Tränen unter. Er, der schon von klein aufhatte Verantwortung übernehmen müssen und der sicherlich arbeiten konnte wie ein Stier, schluchzte wie ein kleines Kind in seine großen Hände hinein. Alexa streichelte vorsichtig seinen Rücken, ich selbst saß da und dachte, daß ich besser nicht da wäre. Alexa merkte das und warf mir einen Blick zu, der irgendwo zwischen Verzweiflung und Zuneigung lag.
»Ich ertappe mich ja selbst dabei, wie ich denke, jetzt ist alles einfacher«, schluchzte Elmar tränenüberströmt. »Diese ständigen Streitereien wegen des Hofs haben mich in der letzten Zeit richtig fertiggemacht Ständig nörgelte er an mir herum. Jede Veränderung lehnte er schlichtweg ab. Dabei ist jedem Idioten klar, daß man den Hof nicht so weiterführen kann wie bisher. Er geht sonst innerhalb kürzester Zeit den Bach runter.«
»Was konkret wolltest du denn verändern?« Ich hoffte, bei einem solchen Sachthema würde Elmar sich leichter wieder fangen.
»Bei den Preisen kommen wir mit dem Hof schon seit langem nur so gerade eben über die Runden«, erklärte er, während er sich mit einem Taschentuch die Nase schneuzte. »Und das wird sich wahrscheinlich auch in Zukunft nicht ändern. Es wird wohl eher noch schwieriger werden, so daß wir den Betrieb weiter vergrößern müssen. Konkret habe ich mich für Öko-Landwirtschaft interessiert. Es gibt da ganz gute Förderungssmöglichkeiten, und ich bin sicher, daß bald die große Stunde der Biobauern kommt. Ein paar neue Skandale, und die Verbraucher sind ausreichend motiviert, um etwas mehr für ihre Lebensmittel zu bezahlen.«
»Bist du sicher?« Ich erinnerte mich, daß ich beim Einkaufen sehr wohl auf die Preisschilder achtete.
»Guck dir den Rinderwahnsinn in Großbritannien an. Jeder sagt dir, so etwas kann in Deutschland nicht passieren. Wir haben bessere Kontrollen und so. Soll ich dir was sagen? Ich bin überzeugt, daß es diese Krankheit längst bei uns gibt. Es wird nur nicht darauf getestet, deshalb ist es noch nicht rausgekommen.«
»Meinst du wirklich?« Das Steak, das ich erst letzte Woche zusammen mit Leo gegessen hatte, lag mir plötzlich wieder schwer im Magen.
»Na, ich weiß nicht«, meinte Alexa und sah mehr als skeptisch aus.
»Kannst du garantieren, daß im Kraftfutter für Rinder kein Tiermehl ist? So genau ist das Futter gar nicht deklariert. Tierisches Eiweiß steht darauf, mehr nicht. Und kontrolliert werden die Futterinhaltsstoffe schon mal gar nicht. Außerdem haben etliche Tiere aus Großbritannien in den letzten Jahren die Grenzen passiert. Es wäre ein Wunder, wenn BSE bei uns noch nicht in den Ställen wäre.«
»Es gibt keinerlei Krankheitsfälle in Deutschland, sonst wäre längst Großalarm ausgerufen worden«, maulte Alexa.
»Die Tiere werden sehr jung geschlachtet«, argumentierte Elmar. »Wahrscheinlich bricht die Krankheit in den seltensten Fällen aus, doch der Erreger kann ja trotzdem im Körper sein.«
Alexa legte einen Gesichtsausdruck auf, der ihre Meinung ganz offenkundig machte.
»Auf jeden Fall wolltest du den Betrieb umstellen?« dirigierte ich das Thema in eine andere Richtung, um weitere Fachdiskussionen zu vermeiden.
»Ich habe erst vor einem Jahr angefangen, mich damit zu beschäftigen«, erklärte Elmar, der sich inzwischen sichtlich beruhigt hatte. »Unsere Sauenhaltung ist immer schon relativ artgerecht gewesen, keine Vollspaltenböden, Liegeplätze, Strohhaltung, aber natürlich erfüllen wir bei weitem nicht die
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