BAUhERrNOPFER
gibt es sicher einen Pfandleiher wo man seine Goldzähne versetzen kann, um sich einen zweiten Punsch leisten zu können.
Die Maroni sind mit zwei Euro verhältnismäßig günstig, was mich ein wenig verwundert, da wir heute am Abend aus Kostengründen auf die Maronisuppe verzichten müssen. Die Wahnsinnigen in den Supermärkten hätten für zwei Kilo geschälte und vorgekochte Maronen fast fünfzig Euro verlangt. Das ist knapp doppelt so viel wie die Weihnachtsgans kostete. Ich will gar nicht wissen was man in der Kaiserzeit für diese Unsumme alles erhalten hätte.
Es gibt also heute statt der Esskastanien in der Suppe einfach Parmesan. Der ist würzig und erheblich günstiger. Und mit getrockneten Prosciutto-Chips ein echtes Highlight.
Am Nachmittag machen wir mit unseren Kindern das, was die meisten Eltern machen, wenn sie niemanden zum Aufpassen haben, wir parken sie vor dem Fernseher und hypnotisieren sie mit Zeichentrickfilmen. Alleine meine Filmwahl dürfte mit Walt Disneys Version von Dickens' Weihnachtsgeschichte etwas daneben liegen, da Alex durch das Erscheinen der unterschiedlichen Geister ebenso verschreckt wie verwirrt zu sein scheint. Nur Emma beweist wie immer ihr dickes Fell und genießt die Vorstellung.
Babsi und ich sind bereits mit den Vorbereitungen für die Weihnachtsgans beschäftigt und fertigen bei einem Glas Sekt die Kartoffelknödel als Beilage an. Bei dem Rezept dürfte irgendetwas nicht stimmen, da die Knödel bei der Zwischenlagerung eher das Aussehen von Fladen erhalten. Die Gans selbst soll laut Rezept etwa drei Stunden im Rohr bleiben und weil wir noch einen Bratschlauch haben, den wir mal auf einer Fertigsuppe als Probepackung fanden, beschließen wir diesen heute für unseren Braten zu verwenden. Damit sollte die Gans besonders knusprig und saftig werden.
Um fünf verschwindet die Gans im Rohr, da wir mit Babsis Schwester die Bescherung für sieben Uhr ausmachten und wir im Anschluss daran essen wollen. Kurz später finden sich meine Eltern bei uns ein und schwingen die Sektgläser mit uns. Emma und Alex halten sich an Kindersekt und ihr Spielzimmer, um sich nach der schweren Dickens-Kost ein Wenig zu entspannen. Inzwischen meldet sich Helmut, mein Schwager, telefonisch um uns mitzuteilen, dass sie sich ein Wenig verspäten würden. Sie müssten noch bei Tinas Freund vorbeischauen um ihm das Geschenk zu bringen, es würde aber nicht lange dauern.
Nicht lange bedeutet etwa bis halb acht, als die letzten Gäste auch endlich ankommen. Es riecht mittlerweile in der ganzen Wohnung verführerisch nach Weihnachtsgans, vor allem weil diese bereits im Endstadium der Zubereitung liegt.
Bevor wir allerdings das Christkind einfliegen lassen können, müssen Helmut und Gitti auch noch in den Sektreigen mit einsteigen und das Leben, die Liebe und was sonst noch so alles passend erscheint, hochleben lassen. So verschiebt sich die Bescherung letztendlich auf viertel neun.
Diese ist allerdings sehr, sagen wir gefühlsecht, da wir dieses Jahr als bekennende Kirchenausgetretene das Lukasevangelium lesen und dazu klassische Weihnachtslieder mit synthetischen Vinylknackgeräuschen aus der MP3-Sammlung spielen. Das ist für alle Anwesenden so beeindruckend, dass vorerst keiner an das Auspacken der Geschenke denkt, sondern alle einfach den Moment genießen. Alle außer der Weihnachtsgans, die bereits erheblich unter der langen Hitzeeinwirkung leidet. Der wird nicht einmal die Hitzereduktion des Backofens auf sechzig Grad noch helfen können.
Kurz nach neun, etwas mehr als eine Stunde später als geplant, sind die Geschenke ausgepackt und alle bereit für das Weihnachtsessen. Wie im letzten Jahr beginnt das Essen mit 'Ahhs' und 'Ohhs' der Begeisterung, da die Suppe ein wirklich leckerer Start ist und zumindest die Erwachsenen der Runde bereits dringend etwas Fettes benötigen, um den Sekt zu neutralisieren.
Beim Einlegen der Knödel ins heiße Wasser fängt mein diesjähriges Weihnachtsmartyrium an, denn diese weigern sich eine runde Form anzunehmen. Stattdessen beschließen sie in Form von Nockerln, Fladen und zerronnenem Gatsch zu materialisieren. Und als ob das Knödelfiasko für einen begeisterten Hobbykoch nicht schon genug Blamage bedeuten würde, ändert die Gans
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