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Baustelle Baby (German Edition)

Baustelle Baby (German Edition)

Titel: Baustelle Baby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonya Kraus
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Geisterstunde geschlagen, stand »der kleine Hunger« parat, um mich in den Keller zutreiben und dann kopfüber weit in die Tiefen der heimischen Tiefkühltruhe abtauchen zu lassen – auf der verzweifelten Suche nach Eis! Aber da war nichts! Gar nichts!
    Während ich mich wie ein Maulwurf durch Packungen von gefrorenem Brokkoli, Spinat und gefrorenen Erbsen grub, gingen alle löblichen Vorsätze hops. Das Ergebnis meiner Suche war vernichtend: zwei uralte Stangeneis in Weiß und Braun. Die Teile machten mich ungefähr so an wie das ganze Grünzeug, das ich um die Truhe verteilt hatte.
    Ich blickte auf meine Uhr: 22:35 Uhr. Nix wie ab zur Tanke. Ich sauste – sofern das in meinem Zustand möglich war – die Kellertreppe hoch, schnappte mir Handtasche und Autoschlüssel und brauste los. Erlösung von meinen Qualen fand ich in der etwa zwei Kilometer entfernten, gut sortierten Tankstelle meines Vertrauens. Aber auch deren Vorrat an Großpackungen war endlich und nach vier abendlichen Überfällen von Frau K. erschöpft – »Nächste Lieferung in frühesten einer Woche«. Halb so wild, ich war ja motorisiert und wäre für ein Eischen mit Soße natürlich auch in die Frankfurter Innenstadt oder sogar direkt nach Italien gefahren.
    Doch Not macht erfinderisch: Mir fiel noch eine ganz nahe gelegene Futterquelle ein: McDoof! Da gab es doch dieses unglaublich leckere Softeis mit warmer (juchhu!) Schokosoße. Kurz überlegte ich noch, einen Abstecher nach Hause zu machen, um meine Tupperware einzupacken – bestimmt füllten die auch XXL-Portionen ab, wenn ich sie bestach?! Ich entschied mich dann aber lieber, keine Zeit zu verlieren und direkt loszudüsen ...
    Wie sich herausstellte, waren die handlichen Portionen dann doch ungemein praktisch: Das erste Eis konnte man direkt im Auto beim Drive-in schlecken, während man auf die anderen Becher wartete. Das zweite war logischerweise Proviant fürdie Fahrt! Das dritte Eischen genoss ich dann entspannt auf der Couch, mit dem beruhigenden Gefühl, dass Nummer vier und fünf als Nachtisch und eiserne Reserve im Tiefkühlfach auf mich warteten.
    »Wolltest du nicht damit aufhören?«
    Arrghh, Mama tat ja gerade, als würde ich einen Pack Kippen konsumieren. Mütter konnten ja so nerven. Sie hätte mit ähnlichen Erfolgsaussichten auch versuchen können, einen Vampir zum Umstieg auf Ketchup zu bewegen ...
    Meine schlaue Mama ahnte, dass es aussichtslos war, mir mein nächtliches Eis verbieten zu wollen, und ich blieb von einer Diskussion verschont.
    Am nächsten Morgen hatte sich mein Gehirn von den Zuckergelüsten befreit, und ein kolossales schlechtes Gewissen stellte sich ein. Irgendwie musste ich mich dazu bringen, einen Eis-Entzug durchzuhalten! Aber wie?
    Mit Handschellen ans Bett ketten? Na, dann viel Spaß dem armen Raubtierbändiger, Fesselspielchen waren ja noch nie mein Ding gewesen. Es musste auch irgendwie einfacher gehen ...
    Ein Blick auf unser Schlüsselbrett brachte die Lösung.
    Im noch zurechnungsfähigen Zustand, am späten Nachmittag, hielt ich meinem Freund und meiner Mutter eine flammende Predigt: »Ab 21 Uhr dürfen hier keine Autoschlüssel mehr rumliegen, auch keine Zweitschlüssel, und die Fahrräder müssen immer im Schuppen angekettet sein.« Mein generalstabsmäßiger Befehlston hörte sich schon ganz nach »Mama« an. »Egal, was ich sage, wie sehr ich flehe, was ich verspreche: Ich bekomme keinen Autoschlüssel, keine Mitfahrgelegenheit – und auch kein Eis gebracht! Okay?«
    Stilles Nicken, halb belustigte, halb mitleidige Blicke, keine dummen Kommentare – meine Eis-Fress-Orgien mussten bei meinem Umfeld einen tiefen Eindruck hinterlassen haben.
    Mein Kerl konnte es dann aber doch nicht lassen, einen Kommentar abzusondern, was mich irgendwie beruhigte: »Sollen wir auch Türen und Fenster verriegeln, falls du bei den Nachbarn um Speiseeis betteln gehst?«
    Ich schenkte ihm meinen atomaren Vernichtungsblick.
    Knapp drei Stunden später musste ich jedoch eingestehen: Die Idee war gar nicht so abwegig! Ich sah mich schon, von Gelüsten getrieben, über den Gartenzaun klettern und meine Nachbarn terrorisieren.
    Alle Schlüssel waren verschwunden, ich stand also ohne fahrbaren Untersatz da, und meine potenziellen Eis-Dealer waren somit nur per Megamarsch zu Fuß erreichbar. Natürlich hätte ich auch meine Hundis schnappen und eine ausgedehnte Nachtwanderung einlegen können ... Problem an der Sache: Meine Blase war zurzeit nach höchstens 45

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